Früher, als es noch nicht für jedes Wehwehchen eine Pille gab, galten Wickel als ein wichtiger Bestandteil der Selbstmedikation. Ob Fieber, Hals-oder Ohrenweh, im Zweifelsfall half ein Wickel immer. Leider hat sich dieses Wissen zwischenzeitlich in den Schubladen der “guten alten Zeit” verloren - viele junge Mütter haben noch nie davon gehört, dass man durch Wickeln heilen kann. Dabei ist so „…ein Wickel… umhüllend”, wie Gerda Zölle, bei der WALA Heilmittel GmbH verantwortlich für den Fachbereich Pflege, erklärt, denn „er wirkt nicht nur über die jeweils verwendete Substanz, sondern auch über die körperliche Zuwendung beim Wickeln selbst”. Nicht umsonst beschäftigen anthroposophische Kliniken zusätzliches Pflegepersonal für die Durchführung von Wickeln und Rhythmischen Einreibungen bei ihren Patienten. Diese Form von Berührung stellt auch eine menschliche Beziehung her, die für den Heilungsprozess des Patienten wichtig ist.
Je nach Belassungsdauer und der angewandten Technik wirken Wickel ganz unterschiedlich: Sie können Wärme entziehen, zuführen oder die Durchblutung steigern. Sie können rein mit Wasser oder zusätzlich mit pflanzlichen Substanzen zubereitet werden, die eine weit reichendere Wirkung haben, wie z.B. Lavendelöl oder Ingwer.
Dabei wirken sie nicht nur rein äußerlich auf die Haut, sondern auch auf tiefer liegende Organe wie Leber oder Niere. Sie beeinflussen sowohl Stoffwechselprozesse, als auch das Im-munsystem oder die Psyche. Ein wichtiger Grund, weshalb sie in der Anthroposophischen Medizin eingesetzt werden. Denn hier gilt Krankheit als Ausdruck für ein Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen körperlichen und seelischen Prozessen. Deshalb verordnen anthroposophische Ärzte auch oft Wickelanwendungen: zum Beispiel eine Aurum-Lavendel-Brustauflage bei harmloseren Beschwerden wie Schlafstörungen. Aber ebenso bei schweren Indikationen wie Herzinfarkt kann diese Brustauflage die klassisch schulmedizinische Be-handlung unterstützen, indem sie beruhigt und das Herz stärkt. Ingwer-Nierenwickel wiederum, die die innere Wärmebildung anregen, setzen anthroposophische Ärzte ein, um gereizten, unruhigen und stark kopflastigen Patienten zu helfen, sich wieder stärker in ihrem Körper zu verankern.
Zu einem Wickel braucht man folgende Utensilien: als Innentuch Baumwollwindeln, Stofftaschentücher oder Geschirrtücher aus natürlichen Materialien - als Außentuch und Abschluss ein Tuch aus reiner Schafwolle. Dazwischen dienen zur Befestigung Hemden, Tücher oder Schals aus Naturmaterialien. Für einen Wickel braucht man aber auch Ruhe: vor, während und nach der Anwendung.
Einer der bekanntesten Wickel ist der heiße Schafgarbenwickel über der Leber, der entgiftend wirkt und die Stoffwechselprozesse anregt. Nach der Hauptmahlzeit am Mittag auf die Hautpartie über der Leber aufgelegt, unterstützt er die Verdauung und hilft dem Organismus, sich zu reinigen. Die Schafgarbenblüten werden mit kochendem Wasser aufgegos-sen und etwa sieben Minuten lang stehen gelassen. Mit dem Sud wird eine Baumwollkom-presse getränkt, gut ausgewrungen und dann über der Leber auf die Haut gelegt. Mit Tüchern gut warm abgedeckt, bleibt sie für eine halbe Stunde liegen, während Bettruhe eingehalten wird. Wenn die Auflage abgenommen ist, sollte man den Bereich noch mindes-tens eine halbe Stunde warm halten und dabei liegend nachruhen. Anthroposophische Ärzte setzen Leberwickel bei Hautproblemen wie Neurodermitis, bei Verdauungsproblemen und damit einhergehender Migräne sowie auch bei Depressionen ein.
Ein weiterer bekannter Wickel ist der Zwiebelwickel, auch Zwiebelsäckchen genannt, der die Schmerzen einer Mittelohrentzündung lindert. Dazu einfach eine Zwiebel ganz klein hacken, sie in ein Stofftaschentuch wickeln und das Päckchen auf das kranke Ohr legen. Mit einem weichen Handtuch um den Kopf fixieren und unter dem Kinn verknoten. Eine aufgelegte Wärmflasche kann die schmerzlindernde Wirkung zusätzlich steigern, da dann die Zwiebeldämpfe noch intensiver in den Gehörgang einströmen.
Schachtelhalm kräftigt die Nierenfunktion und stimuliert die Ausscheidung. Um einen Auf-guss für den Wickel zuzubereiten, werden fünf Esslöffel Schachtelhalmkraut mit einem Liter kaltem Wasser aufgesetzt und eine halbe Stunde lang gekocht. Mit dem Sud wird eine Kompresse getränkt, gut ausgewrungen und zusammen mit einer flachen Wärmflasche auf die Haut über den Nieren gelegt, wo sie etwa 20 Minuten verbleibt mit anschließender Nachruhe von 30 bis 40 Minuten. Um die therapeutische Wirkung noch zu verstärken, kann die Kompresse zusätzlich mit frischem Schachtelhalm gefüllt werden.
Fünf Tropfen 10%iges Eukalyptusöl, z. B. WALA Eucalyptus, Oleum aethereum 10 %, auf ein Baumwolltuch geben, mit der Wärmflasche erwärmen und dann auf den Blasenbereich le-gen. Zur besseren Wirkung ein Wolltuch um den ganzen Unterleib wickeln und fixieren, bei Bedarf noch zusätzlich die Wärmflasche auflegen. Nach 20 bis 30 Minuten oder bei Kühle-empfinden den Wickel abnehmen und den Blasenbereich sofort warm zudecken. Weitere 20 bis 30 Minuten ruhig liegen, damit sich die Wirkung des Wickels entfalten kann. Bei beginnender Blasenentzündung können auch einige Tropfen Eukalyptusöl auf ein Mulltuch gegeben werden, das man auf die Blase legt, mit Schlüpfer fixiert und über Nacht wirken lässt.
Lavendelöl wirkt beruhigend und entspannend und kann überall dort eingesetzt werden, wo Ruhe dringend nötig ist. Viele Eltern haben damit schon gute Erfahrungen bei husten-den Kindern gemacht. Ein Wickel wirkt aber auch bei nervösen Erwachsenen, die nicht ein-schlafen können.
Hustenwickel: 10%iges Lavendelöl, z.B. WALA Lavandula, Oleum aethereum 10%, auf ein längeres dünnes Innentuch träufeln (ca. 5-10 Tropfen). Das Tuch erwärmen, straff um den Brustkorb legen und mit einem Außentuch befestigen (z.B. mit einer abgeschnittenen Strumpfhose, einem Flanelltuch oder Wollschal). Über Nacht einwirken lassen.
Wickel und Auflagen
Alternative Pflegemethoden erfolgreich anwenden
Autor: Sonn, Annegret
Stuttgart: Thieme 2004
Preis: 24,95 €
ISBN: 9783131119124