Das ist kein Wunder, denn Honig schmeckt nicht nach bitterer Medizin und wirkt dabei wohltuend und lindernd auf den von der Erkältung angegriffenen und gereizten Hals. Der wertvolle Naturstoff wird seit Menschengedenken als Nahrungs- und Heilmittel verwendet.
Um Honig zu produzieren, sammeln Bienen nicht nur Nektar von Blüten, sondern an Laub- und Nadelbäumen auch Honigtau, der von bestimmten pflanzensaftsaugenden Insekten produziert wird.
Die Bienen sind stammesgeschichtlich rund 40-50 Millionen Jahre alt, während der heutige Mensch, der Homo sapiens, erst vor rund 160.000 Jahren erschien und irgendwann den süßen Honig entdeckte. Höhlenzeichnungen aus der Steinzeit weisen darauf hin, dass der Mensch vor rund 9.000 Jahren schon Honig als Nahrungsmittel kannte. Die Hausbienenhaltung mit Honiggewinnung ist vermutlich 7.000 Jahre alt.
… für einen Liter Nektar, aus dem später rund 150 Gramm Honig gewonnen werden, etwa 20.000 Flugeinsätze notwendig sind?
Von den Babyloniern und Ägyptern ist bekannt, dass sie bereits Honig-Rezepturen, zum Beispiel zur Heilung von Wunden, kannten. In Ägypten hatte Honig daneben auch einen großen wirtschaftlichen Wert als Zahlungsmittel und Handelsgut sowie eine religiöse Bedeutung als „Speise der Götter”. Auch die altgriechischen Ärzte verwendeten Honig für medizinische Zwecke. Hippokrates (400 v. Chr.) behandelte damit eitrige Wunden und Fieber. Theodor Fontane prägte den Satz: „Richtiger Honig ist wie eine gute Medizin und hat die ganze Heilkraft der Natur.”
Aufgrund seines hohen Zucker- und sehr geringen Wasseranteils ist Honig sehr lange haltbar und verhindert, dass sich Bakterien und Mikroorganismen vermehren können. Diese inhibitorische Wirkung des Honigs, also die Hemmung des Wachstums von Mikroorganismen, beruht neben dem hohen Zucker- und geringen Wassergehalt auch auf anderen Inhaltsstoffen wie Enzymen, Aminosäuren, Vitaminen und Mineralien, die bei der Produktion des Honigs anfallen.
Laut Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. konnten 245 natürliche Stoffe im Honig nachgewiesen werden: 24 verschiedene Zucker, 27 Aminosäuren, 160 Aromastoffe, 12 Enzyme, 10 Vitamine und 12 Mineralstoffe. Die genaue Zusammensetzung hängt davon ab, welche Pflanzen die Bienen besucht haben.
Honig ist also nicht nur ein besonderer kulinarischer Genuss und ein wertvolles Lebensmittel, sondern auch in der Lage, sehr effizient unterschiedliche Bakterien in ihrem Wachstum zu hemmen oder gar zu beseitigen. Neben der desinfizierenden Wirkung bauen die Inhaltsstoffe im Honig in Wunden vorhandenes totes Gewebe ab, wodurch die Wundheilung beschleunigt werden kann. Honig wirkt darüber hinaus auch entzündungshemmend. All dies erklärt, warum der Honig als Hausmittel so beliebt ist.
Warum bestimmte Bienensäfte entzündungshemmend wirken, wusste man bisher nicht. Jetzt widmen sich Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden diesem Phänomen. Thomas Henle, Professor für Lebensmittelchemie untersucht zurzeit in Zusammenarbeit mit Gerold Barth, Professor für Allgemeine Mikrobiologie an der TU Dresden, die entzündungshemmende Wirkung von Honig.
Besonders interessiert die Forscher der Honig des neuseeländischen Teebaums (Manuka-Baum, lat. Leptospermum scoparium). Bei vielen einheimischen Sorten fand das Team von Henle das seit längerem bekannte Wasserstoffperoxyd - eine chemische Verbindung, die auch im medizinischen Bereich zur Desinfektion von Wunden eingesetzt wird. Im Honig entsteht es durch das Enzym Glucooxidase beim Abbau von Zucker und ist für die antibakterielle Wirkung des gelben Saftes verantwortlich.
Anders beim neuseeländischen Teebaum. Der aus Manuka gewonnene Honig wirkt besonders stark gegen Bakterien, obwohl weder das Enzym noch Wasserstoffperoxyd nachgewiesen werden konnte. Dennoch haben selbst antibiotikaresistente Bakterien keine Chance. So genannter Medi-Honey aus Neuseeland, der 10 bis 20 Mal so teuer wie normaler Honig ist, ist überall im Handel erhältlich.
Ganze Gegenden sind in Neuseeland auf die Verarbeitung und Produktion dieser Art Honig eingestellt. Als im Rahmen einer Promotionsarbeit am Institut für Lebensmittelchemie die Veränderungen von Honig bei längerem Lagern untersucht wurden, löste man das Rätsel der starken antibakteriellen Wirkung des neuseeländischen Honigs. Man fand Methylglyoxal, das entsteht, wenn Zucker abgebaut wird. Es kommt bei herkömmlichen Honigsorten in einer Menge von ein bis fünf Milligramm pro Kilogramm vor und ist stark entzündungshemmend. Im Honig des Teebaums wurden dagegen 300 bis 700 mg Methylglyoxal pro Kilogramm gefunden - eine Dosis, die zwar stark antibakteriell, aber für den Menschen möglicherweise nicht mehr unbedenklich ist.
Warum der Wirkstoff in so hoher Konzentration ausgerechnet in diesem Honig vorkommt, muss von den Forschern noch geklärt werden. In Bienen lebende Mikroorganismen könnten dafür ebenso verantwortlich sein, wie der Stoffwechsel des Teebaums selbst. Professor Henle, der in nahe Zukunft eine Forschungsreise nach Neuseeland plant, hält zum Beispiel eine Stressbewältigungsstrategie des Manuka-Baums für möglich, da dieser unter extremen Bedingungen wie Hitze und Trockenheit wächst. Darüber hinaus wird sich eindeutig feststellen lassen, ob Methylglyoxal in Manuka-Honig auf natürlichem Wege entstanden oder synthetisch produziert und beigemischt wurde.