Deutsche Wissenschaftler der Universitäten Bochum und Dortmund untersuchen in einem neuen Forschungsauftrag die Antitumor-Wirkung einer Substanz, die aus Bienenharz gewonnen wird. Dieses “Propolis” soll als neues Medikament gegen das Neuroblastom - eine bösartige Erkrankung des Nervensystems, die vor allem bei Kindern auftritt - eingesetzt werden, berichtet die Deutsche Krebshilfe.
Neuroblastome zählen zu den häufigsten soliden Tumoren des Kindesalters. Insbesondere in fortgeschrittenen Stadien ist diese Krebsart sehr aggressiv. Die Heilungschancen sind dann meist schlecht. Außerdem wird der Tumor oft unempfindlich gegenüber der Chemotherapie. “Die Substanz aus Bienenharz hat das Potenzial, solche Resistenzmechanismen zu umgehen und neue Behandlungsmöglichkeiten für die kleinen Patienten zu eröffnen”, so der Projektleiter an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter der Abteilung Klinische Pharmakologie, Peter Reusch.
Bienenharz, das unter dem Namen Propolis bekannt ist, wird von Bienen an den Knospenschuppen und Baumverletzungen verschiedener Baumarten gesammelt und anschließend mit bieneneigenen Fermenten versetzt. Die Insekten nutzen die Substanz zum Verkitten von undichten Stellen im Bienenstock, aber auch um Krankheitserreger abzutöten oder Fressfeinde einzubalsamieren. Propolis ist ein Gemisch zahlreicher Wirkstoffe. Seine heilende und vorbeugende Wirkung ist bereits vielfach beschrieben worden. Die Substanz soll antivirale und antibakterielle Wirkungen haben sowie die körpereigene Abwehr stärken.
“Meinem Kollegen David Diaz-Carballo ist es gelungen, ein Molekül mit Antitumor-Wirkung aus Propolis aufzureinigen”, so Reusch. Dieses Molekül namens CLU-502 stammt ursprünglich aus dem Bienenharz des subtropischen Balsamapfels (Clusia rosea). Nun wollen die Forscher die Wirkung dieser Substanz auf Neuroblastomzellen genauer untersuchen. “Wir wissen bereits, dass CLU-502 in den Krebszellen ein Onkogen herunterreguliert, welches das Wachstum des Tumors antreibt.” Die bisher erzielten Ergebnisse mit CLU-502 seien sehr ermutigend gewesen. “In ersten Laboruntersuchungen ist es uns bereits gelungen, Krebszellen damit abzutöten. Normale Zellen wurden dabei nicht geschädigt”, betont Reusch. Dies verspreche, dass das potenzielle Medikament nur wenige Nebenwirkungen haben könnte. Die Wissenschaftler haben zudem das Ziel, einen chemischen Syntheseweg für das Molekül zu finden, um von den natürlichen Quellen unabhängig zu werden. Dies würde die günstige industrielle Herstellung größerer Mengen ermöglichen.
In Deutschland erkranken jährlich etwa 1.800 Kinder unter 15 Jahren neu an Krebs. In dieser Altersgruppe ist Krebs besonders bösartig, da die Tumorzellen sich meistens sehr rasch vermehren. Am häufigsten werden Leukämien (Blutkrebs), Tumore des Gehirns sowie Lymphknotenkrebs diagnostiziert. Mehr als 90 Prozent aller krebskranken Kinder werden in kinderonkologischen Zentren und nach einheitlichen Therapiekonzepten behandelt. Die Deutsche Krebshilfe finanziert fast alle derzeit in Deutschland laufenden Therapie-Optimierungsstudien bei Kindern. Diesen Studien ist es zu verdanken, dass heute fast 80 Prozent der betroffenen Kinder ihre Krebserkrankung überleben.