Am bekanntesten ist sicherlich die sensomotorische Therapie, sensomotorics genannt, die vom kalifornischen Arzt, Prof. Thomas Hanna (1928-1990) entwickelt wurde um seinen schmerzgeplagten Patienten zu helfen. Impulse hierzu fand er in den Arbeiten des Physikers Dr. Moshe Feldenkrais (1904-1984), dessen Methode er weiter entwickelte, sowie in der Stressforschung des kanadischen Endokrinologen Dr. Hans Selye (1907-1092).
Unabhängig aber von dem jeweiligen therapeutischen Ansatz gehen alle davon aus, dass Folgen von Traumata, wie Verletzungen, Operationen, Unfälle aber auch psychische Belastungssituationen sich im Körperbewußtsein verankern und daher nur über den Körper selbst bearbeitet und gelöst werden können
So stellte Hanna fest, dass körperlicher und seelischer Stress, Bewegungsmangel sowie Unfälle, Verletzungen und Operationen zu Verspannungen im Muskelbereich führen, die wir zunächst nicht registrieren, später jedoch, wenn keine Entspannung erfolgt auch nicht mehr kontrollieren können. Die Muskeln bleiben dauernd angespannt, verhärten sich und reagieren mit Schmerz. Das Gehirn, welches normalerweise die Funktion der Muskulatur steuert, hat durch die Daueranspannung die normalen Bewegungsmuster, also An- und Entspannung im richtigen Moment, einfach vergessen. Hanna nannte das die sensomotorische Amnesie.
Die neurophysiologische Grundlage für dieses Vergessen ist das sensomotorische Rückkopplungssystem. In Muskeln und Bindegewebe ist eine Vielzahl von Rezeptoren lokalisiert. Diese senden Empfindungen über die Rückenmarksnerven an das Gehirn, welches diese Informationen verarbeitet und dann entsprechende „Befehle” wieder über Nerven und Rezeptoren in die Peripherie schickt. Ist nun z.B. ein Muskel oder eine Muskelgruppe verspannt, sei es durch Schonhaltung nach einer Operation oder einem Unfall oder auch einfach durch zu langes Sitzen vor dem Computer wird das Gehirn nach einer gewissen Zeit diesen Zustand als normal betrachten. Es vergisst, wie die eigentliche physiologische Haltung und Bewegung koordiniert werden muss, vergisst Befehle zur Entspannung in die Peripherie weiter zu geben. Als Folge haben wir in diesen Bereichen dauernd Schmerzen wodurch sich die Muskulatur natürlich noch mehr verspannt.
Und genau hier setzt nun die Arbeit von Hanna an - das Gehirn wird durch gezielte Bewegungsübungen dazu gebracht, die angelernte Schonhaltung bzw. Vermeidungsreaktion, die zu Schmerzen führt, zu vergessen. „Wir arbeiten mit dem Hirn, nicht mit dem Muskel”, war einer seiner legendären Aussprüche.
In Deutschland hat sich neben Hannas sensomotorics die von Dr. Helga Pohl entwickelte sensomotorische Körpertherapie etabliert.
Die Sensomotorische Körpertherapie nach Dr. Pohl ® ist eine Kombination von fünf ineinander greifenden körpertherapeutischen Verfahren, die effektiv in der Behandlung von chronischen Schmerzen und funktionellen Beschwerden eingesetzt werden kann.
Pohl geht davon aus, dass chronische Schmerzen aber auch funktionelle Beschwerden sowohl auf der sensorischen wie auch auf der motorischen Ebene lokalisiert sind und dass durch fünf ineinandergreifende Verfahren die Dauerkontraktionen in Muskulatur und Bindegewebe gelöst und damit der Schmerz gelindert oder sogar geheilt werden kann.
Basis der Behandlung sind die Pandiculations (Dehnen). Dabei werden die Patienten angeleitet, die unbewusst angespannten Muskeln zunächst bewusst noch stärker anzuspannen um danach diese Anspannung durch Feedback durch den Therapeuten langsam und schrittweise wieder zurückzunehmen, bis der Muskel völlig entspannt ist. Damit kann die von Hanna postulierte sensomotorische Amnesie überwunden werden. D.h. das Gehirn lernt vergessene Bewegungsabläufe wieder aufzunehmen.
Nach den Pandiculations sind in der Muskulatur meist noch druckempfindliche Verhärtungen zu spüren. Mit der Myogelose- oder Triggerpunktbehandlung werden diese Stellen durch punktuellen Druck so lange behandelt, bis die Verhärtungen nicht mehr tastbar sind, der Druckschmerz aufhört und der dazugehörige Muskel entspannt ist.
Die Bindegewebsbehandlung wird angewendet wenn sich im Bindegewebe druckschmerzhafte Verhärtungen ertasten lassen, die die Beweglichkeit einschränken. In diesen Fällen wird das Bindegewebe manuell, mit rollenden Bewegungen bearbeitet. Dabei können diese Verhärtungen gelöst werden, das Bindegewebe wird insgesamt besser durchblutet und weicher und die Beschwerden nehmen ab oder verschwinden sogar ganz.
Beim Körperbewusstseinstraining lernt der Patient, bewusst wahrzunehmen, wie und wann sich die einzelnen Muskeln bei bestimmten Bewegungen oder in bestimmten Situationen anspannen und wieder entspannen. Gleichzeitig wird ihm beigebracht, wie er den Entspannungsvorgang der Muskulatur selbst steuern kann.
Und schließlich erhält der Patient Hausaufgaben, somatische Übungen, die dazu dienen, die Bewegungen im Alltag bewusst zu kontrollieren und damit die Beweglichkeit nicht nur wieder herzustellen sondern auch zu erhalten. Sitzt ein Patient z.B. in dauernd vorgebeugter Haltung am Schreibtisch, wird die Brust- und Bauchmuskulatur kaum bewegt und läuft Gefahr, zu verspannen. In diesem Fall dienen die Übungen dazu, Bauch und Brustmuskeln wieder bewusst zu bewegen.
Die sensomotorische Körpertherapie bringt gezielte Hilfe bei akuten, vor allem aber bei chronischen Schmerzzuständen im orthopädischen Bereich sowie bei Narbenschmerzen, unabhängig vom Auslöser dieser Schmerzen. Auch Bewegungseinschränkungen z.B. bei Parkinson oder nach einem Schlaganfall können, wenn auch eingeschränkt, so doch mit erstaunlichen Ergebnissen behandelt werden. Und schließlich ist diese Therapieform geeignet bei funktionellen Beschwerden die zu Bewegungseinschränkungen und/oder Schmerzen führen, weil, und das ist das besondere an der sensomotorischen Körpertherapie nach Dr. Pohl, auch die psychosozialen und psychoemotionalen Komponenten, die zu den Beschwerden geführt haben, berücksichtigt und in den Behandlungsplan mit einbezogen werden.