Die amerikanische Medizinjournalistin Catherine Arnst hätte diesen Optimismus gar nicht treffender und zugleich kürzer ausdrücken können: „Was Krebs oder Onkologie betrifft, wird 2005 zweifellos das Jahr der Frauen“. Denn es darf Hoffnung geschöpft werden, dass vor allem Brustkrebs einen großen Teil seines Schreckens verliert. Es gibt neuerdings geradezu sensationelle Erfolge, und allein die Statistik spricht für sich: Derzeit werden weltweit wenigstens 400 neue Medikamente, die den Krebs bekämpfen sollen, entwickelt. Vor zehn Jahren waren es weniger als zehn Medikamente. Wenn von diesen 400 Mitteln, sagt der Onkologe Dr. Gabriel Hortobagyi, „nur ein oder zwei Prozent auf den Markt kommen, ist das ein gewaltiger Erfolg“.
Zwei von Genentech angebotene Medikamente sind „besonders viel versprechend“, sagte kürzlich auf dem US-Onkologenkongress in Orlando/Florida ein Professor: Avastin ist in der Lage, die Überlebenschancen von Brustkrebspatientinnen um ein Vielfaches zu erhöhen, Herceptin verringert das Risiko, dass Krebs nach einer Brustoperation zurückkehrt, um 85 Prozent. Entsprechende Studien, so wurde in Orlando bekannt, sollen in den nächsten Wochen mit vielen Details veröffentlicht werden. Das trifft auch für das experimentelle Mittel Lapatinib aus dem Hause GlaxoSmithKline zu, das speziell zwei genetische Abnormalitäten von Brustkrebstumoren attackieren kann.
Herceptin ist vom US-Krebsforschungsinstitut (National Cancer Institute) besonders gelobt und hervorgehoben worden, weil diese Genentech-Entwicklung „überragende Erfolge zeitigt“, sagte ein Krebsforscher in Orlando. Seit längerem schon bewähren sich die Medikamente Arimidex (AstraZeneca), Femara (Novartis) und Aromasin (Pfizer). Sie wurden von den Spezialisten in Orlando besser beurteilt als Tamoxifen, das seit 30 Jahren als „goldener Standard“ bei der Krebsbehandlung gilt.
Es dürfen also noch größere Erfolge, als ohnehin schon zu verzeichnen sind, erwartet werden: Die Zahl der Krebspatientinnen, die fünf Jahre nach einem operativen Eingriff noch leben, ist von 78 Prozent im Jahre 1985 auf heutzutage rund 90 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Lungenkrebsoperierten, die fünf Jahre nach dem Eingriff noch leben, nur um ein Prozent – von 14 auf 15 Prozent – angewachsen.
Zur gleichen Zeit, da die führenden Onkologen Amerikas in Orlando tagten, wurde ein anderes erfreuliches Ergebnis bekannt: Wenn Chemotherapie mit Medikamenten kombiniert wird, steigt die Überlebenschance von Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, dramatisch. Das Risiko, zu sterben, wird mehr als halbiert – und das für wenigstens 15 Jahre nach einer Operation. Diese neue, „sehr berechtigte Hoffnung“ – so ein Londoner Arzt – verbreitet eine Studie der Oxford University, die im britischen Medizinmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurde. Die Frauen in der Studiengruppe waren nicht älter als 50 Jahre.
Die größten Erfolge wurden mit Tamoxifen (Zeneca Pharmaceuticals) in Kombination mit Adriamycin (auch bekannt als Doxorubicin, Hersteller: Pharmacia und Upjohn) oder Epicubicin (Hexal) erzielt. Die Behandlung erstreckte sich über sechs Monate, wobei es bei den Testpersonen zu Haarausfällen und Übelkeit kam, sehr selten auch zu Herzproblemen - aber: „Die Vorteile der Behandlung überwiegen bei weitem diese Nachteile“, wird in der Studie unterstrichen.
Dr. Sarah Darby, Autorin der Studie, die von der britischen Regierung finanziert wurde, verbreitet wie die eingangs erwähnte US-Journalisten Optimismus, wenn sie feststellt: „Alle Frauen sollten sich der großen Fortschritte wegen sehr ermutigt fühlen“.