Die Diagnose BRUSTKREBS ist zwar längst kein Todesurteil mehr, aber wer sie erhält, wird, sobald der erste Schock überwunden, alles daran setzen, für sich selbst die beste Behandlungsmethode zu finden. Schließlich hat man nur dieses eine Leben. Gut geschulte Ärzte in zahlreichen Brustkrebszentren helfen betroffenen Frauen dabei seit Jahren höchst erfolgreich. Auch Dr. Google hilft weiter - zumindest wenn man es schafft, über die anzeigenbestückten Erstseiten hinweg zu blättern. Ob man die Fakten dann immer wirklich versteht, ist ein anderes Problem. Doch all das brauchen wir ja jetzt nicht mehr - gibt es doch dank einer für alle betroffenen Frauen hilfreichen Kooperation aus Pharma und Presse nun die ultimative “best-of-Lösung” - zumindest was die für die Behandlung notwendigen Wirkstoffe angeht.
Der Weltkonzern PFIZER und die deutsche BILD haben einander gefunden, und gleich ganz schwere Geschütze aufgefahren. BILD weiß Rat in allen Lebenslagen, warum denn nicht auch bei Brustkrebs? Denn mit dem (von Pfizer gesponserten) Ratgeber Brustkrebs funktioniert “Krebsvorsorge auch mit Kurkuma, Kohl und Kernseife, sind viele Chemotherapien unnötig und Krebsdiäten gefährlich…”. Vielleicht kann man Brustkrebs aber auch “wegessen” (s. Untertitel und Experten-Chat auf der BILD-Ratgeber-Seite).
Doch zurück zur neuen, Hoffnung verheißenden, Immuntherapie im BILD-Ratgeber. Dumm dabei ist nur, dass das angebliche Wundermittel bei intensiver Betrachtung eigentlich gar keinen Zusatznutzen gegenüber alt bewährten Präparaten besitzt. Doch halt, das stimmt nicht ganz - es ist um ein sehr viel Vielfaches teurer (Kosten rund € 66.000 pro Patient/Jahr) und wird daher (Highlight für Aktionäre) als Blockbuster, d.h. als Geldmaschine bewertet.
IQWiG und G-BA, beide in der Pharmaindustrie höchst unbeliebte Institutionen, können nämlich keinen Zusatznutzen für das Krebsmittel mit dem Wirkstoff Palbociclib erkennen. Natürlich trifft dieses Urteil nicht nur beim Hersteller, sondern auch bei einigen Experten und Fachgesellschaften auf Unverständnis. Und das obwohl die Studienlage für Palbociclib unbefriedigend, die Therapiekosten enorm und schwere unerwünschte Nebenwirkungen nicht selten sind!
In einer Information von GPSP heißt es dazu: “An Palbociclib wird das Dilemma vieler neuer Arzneimittel deutlich: Man weiß eigentlich noch nicht genug über ihre Vorteile und (langfristigen) Nachteile. Entscheidend für Frauen, die unter fortgeschrittenem Brustkrebs leiden, ist, ob sie durch das Medikament länger leben oder die verbleibende Zeit zumindest erträglicher wird. Ob das neue Medikament diesen Patientinnen ein längeres Leben ermöglicht, ist derzeit unklar. Das liegt vor allem daran, dass die maßgebliche Studie „PALOMA 2“ erst im November 2018 enden wird. Doch es kommt noch schlimmer: Vom Hersteller des Palbociclib-Medikaments wurden aktuelle Zahlen zum Überleben aus dieser Studie nicht vorgelegt, mit dem Argument, diese Daten seien für ihn (noch) nicht zugänglich. Gleichzeitig präsentierte er aber andere Auswertungen, die sich ohne Kenntnis der Anzahl der bereits verstorbenen Frauen gar nicht berechnen lassen. Das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) hat aus diesen Daten ermittelt, dass man derzeit von keiner längeren Überlebensdauer ausgehen kann.
Der Hersteller legte dem G-BA ergänzend eine weitere Studie vor. Doch die bot nur alte Zahlen mit Datenstand November 2013. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Überlebensvorteil. Kürzlich wurden dann auf einem Kongress die Endergebnisse vorgestellt: Frauen lebten mit dem Palbociclib-haltigen Medikament nicht länger.
Und weder bei den Krankheitssymptomen (verlangsamter Tumorwachstum bedeutet nicht automatisch längeres Überleben) noch bei der Lebensqualität lassen sich Vorteile für Palbociclib erkennen. Allerdings ist der Wirkstoff schlecht verträglich. Schwere unerwünschte Wirkungen treten deutlich häufiger und früher auf als bei der Vergleichstherapie mit dem üblichen Wirkstoff Letrozol1”.
Kosten pro Patient € 300.– ↩