Die Frauen, die sich von mir beraten lassen, haben einen hohen Leidensdruck. Sie haben Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich, Entzündungen unter der Brust – vorwiegend im Sommer. Jemand, der schwer körperlich arbeitet, hat es schwer – im wahrsten Sinne. Denn im Laufe des Tages werden die Brüste schwerer. Die Aussage, „Betonklötze vor sich hertragen“, habe ich dann und wann schon einmal gehört. Auch sportliche Frauen fühlen sich eingeschränkt, weil die Brüste während und nach dem Sport weh tun. Neben den körperlichen Beschwerden kommen psychische mit hinzu. Diese wirken sich auf ihre Selbstwahrnehmung aus, Probleme in der Partnerschaft gibt es häufig. Frauen erzählen mir, von ihrer Familie als „ammenhaft“ wahrgenommen zu werden, sie verstecken ihren Körper. Das natürliche Verhältnis zu ihm geht verloren.
Wer einen B- oder kleinen C-Cup trägt, ist von Natur aus ideal bestückt. Denn bei dieser Größe haben die Brüste in der Regel ein ideales Gewicht in Relation zum gesamten Körper. Ab Cup-Größe D ist die Brust schwerer als die Körperanatomie das für eine stabile Ausrichtung des Körpers vorgesehen hat. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Brüste ab einem großen C-Körbchen ab einem bestimmten Alter zu hängen beginnen.
Die Brust einer jungen Frau hat viel Drüsengewebe, weil der weibliche Körper von Natur aus dazu programmiert ist, ein Kind zu stillen. Wenn diese Aufgabe erledigt ist, zieht sich das Drüsengewebe in der oberen Hälfte der Brüste zurück. Gleichzeitig wird der Fettanteil mehr, die Brüste werden schwerer. Die Spannkraft lässt nach. Bei übergewichtigen Frauen ist der Fettanteil in der Brust höher als bei Normalgewichtigen.
Ja, vor allem dann, wenn die Frau adipös, also krankhaft übergewichtig, ist, ist es sinnvoll, unter ärztlicher Begleitung Gewicht zu verlieren und auf eine gesunde Lebensweise umzustellen. Es muss kein Idealgewicht sein. Ich nenne es immer „Wohlfühlgewicht“. Die Brust nimmt zwar auch ab, aber nicht im Verhältnis zum ganzen Körper. Die Aussicht auf eine Reduktions-OP ist ein guter Anreiz für die Frauen zum Abnehmen. Ein neues Körpergefühl schließt ein paar Kilos weniger auf der Waage mit ein.
Wenn die Brustreduktion medizinisch notwendig ist, ja. Bis zu einem gewissen Beschwerdegrad können gute BHs oder Rückengymnastik helfen. Aber wenn die Brüste übermäßig groß sind und deshalb Schmerzen verursachen, kann ein chirurgischer Eingriff sinnvoll sein.
In der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) sprechen wir dann von einer medizinischen Indikation, wenn pro Brust mehr als 500 Gramm Gewebe und Fett entnommen wird. Natürlich kann man das nicht pauschalisieren, weil man die Frau ganzheitlich sehen muss. Ich erinnere mich an einen Fall, als ich bei einer Frau 2.200 Gramm aus der einen Brust und 1.900 Gramm aus der andren entnommen habe. Das sind Gewichte, über die wir nicht diskutieren müssen. Ziel einer OP ist, die Brüste auf Cup-Größe B oder ein kleines C zu reduzieren. Diese Größen sind langfristig gesehen am formstabilsten. Mit dieser Oberweite sind die Frauen auch am mobilsten.
Eine Brustreduktion ist ein Eingriff in einen gesunden Körper, deshalb ist es wichtig, dass sich die Patientin ausführlich beraten lässt. Allgemeine OP-Risiken, wie Infektionen, Probleme mit der Wundheilung oder mit der Vollnarkose oder Nachblutungen, kann es immer geben. Das Risiko ist bei bestimmten Grunderkrankungen wie Diabetes höher, ebenso bei Rauchern. Wer die Pille einnimmt, nimmt ein höheres Thromboserisiko
in Kauf.
Probleme kann es bei der Narbenbildung geben, ebenso mit der Brustwarze, die nach oben versetzt wird. Ihre Gefühlsempfindlichkeit kann nachlassen. Worst case ist eine Mamillennekrose, wenn Gefäße kollabieren, die Brustwarze nicht mehr mit Blut versorgt wird und schließlich abstirbt. Das kommt aber extrem selten vor.
In den ersten drei bis sechs Monaten kommt es zur Narbenbildung. Die Narben sind im ersten Jahr auffällig, doch werden dann bei guter Pflege besser. Die ersten sechs Wochen müssen die Frauen einen Stütz-BH tragen und sich schonen – vor allem in sportlicher Hinsicht. Ebenso ist es wichtig zu wissen, dass die Brüste ihre endgültige Form erst nach einem viertel bis halben Jahr erreicht haben. Schmerzen haben die Frauen natürlich auch, aber diese werden oftmals zur Nebensache, denn das belastende Gewicht ist weg, die körperlichen Beschwerden reduzieren sich oder verschwinden ganz. Die Lebensqualität der Frauen steigt daher fast unmittelbar nach der OP.
Sollte eine Frau einen operativen Eingriff für sich in Erwägung ziehen, ist der erste Schritt das vertrauensvolle Gespräch mit dem Frauenarzt. Er berät, ob eine Operation medizinisch begründet ist und klärt über mögliche Risiken auf. Der Frauenarzt stellt eine Verordnung zur Krankenhausbehandlung aus. Diese wird bei der Krankenkasse mit weiteren notwendigen Angaben eingereicht.
Dazu gehören: Gewicht und Größe der Patientin, Unterbrustweite, BH-Größe, Angaben zu möglichen Begleiterkrankungen, Fotodokumentation (seitlich und von vorn). Diese Unterlagen schickt der Frauenarzt dann in einem geschlossenen Umschlag mit dem Vermerk „vertraulich“ zusammen mit der Verordnung zur Krankenhausbehandlung an die Krankenkasse.
Um eine Kostenübernahme für den geplanten Eingriff von der Krankenkasse zu erhalten, werden die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) weiter geleitet. Der MDK ist ein neu-traler Beratungs- und Begutachtungsdienst für alle gesetzlichen Krankenkassen. Die für ihn arbeitenden Ärzte prüfen, ob die vom Frauenarzt dargelegten medizinischen Aspekte nachvollziehbar und ausschlaggebend für eine OP sind oder nicht. Schließlich handelt es sich bei einer Brustreduktion um einen Eingriff in einen sonst gesunden Körper.
Bestätigt der MDK eine medizinische Notwendigkeit, kann sich die Patientin mit der Kostenzusage von der Krankenkasse an das vom Frauenarzt empfohlene, zugelassene und nächsterreichbare Krankenhaus zur Terminvereinbarung wenden.