In den Industrienationen ist der Darmkrebs (das kolorektale Karzinom) nach wie vor eine der Haupttodesursachen; etwa jeder 20. Mensch erkrankt an diesem Tumor.
In Deutschland ist er mit 13 Prozent aller Tumorerkrankungen die zweithäufigste Krebstodesursache. (Häufigste Todesursache bei Frauen ist nach wie vor der Brustkrebs, bei Männern der Prostatakrebs, Anm. der Red.). Dabei sind bei den Neuerkrankungen Männer wie Frauen mit etwa gleich hohen Fallzahlen betroffen.
Verbesserungen in den Bereichen der Chirurgie, Strahlentherapie und Chemotherapie haben in den letzten Jahrzehnten die individuelle Prognose zwar verbessern können, dennoch sterben immer noch 40 bis 50 Prozent der an Darmkrebs erkrankten Patienten an ihrer Erkrankung. Dabei spielen die Absiedelungen (Metastasen), die der Darmkrebs bilden kann, eine entscheidende Rolle und sind in erster Linie für einen negativen Verlauf der Erkrankung verantwortlich.
Lange Zeit stand für die medikamentöse Behandlung (Chemotherapie) des Darmkrebses nur ein einziges wirksames Medikament zur Verfügung: Das Chemotherapeutikum 5-Fluorouracil, kurz 5-FU genannt, hat hier über 30 Jahre den Standard gebildet. Mit dieser Behandlung wurde ein Tumorrückgang (Remission) von etwa 10 Prozent erreicht, die Überlebenszeit lag im Mittel bei etwa 10 bis 12 Monaten. Im Laufe der Jahre wurde diese Behandlung optimiert (z.B. durch eine Kombination mit Folinsäure: 5-FU/FA), ohne allerdings entscheidende Verbesserungen erzielen zu können. Wir sprechen daher häufig davon, dass die Behandlung des Darmkrebses lange Zeit eine “one-drug-show” gewesen ist, sich unsere Möglichkeiten in der Behandlung also auf nur einen “Akteur” beschränkt haben. Dabei zeigte sich über die Jahre immer deutlicher, dass gerade die Kombinationstherapie verschiedener hochwirksamer Präparate entscheidende Fortschritte mit sich bringt.
Über viele Jahre gab es auch zahlreiche Fürsprecher für eine Behandlungsstrategie des “wait and see”. Das heißt, es wurde zunächst nicht tumorspezifisch behandelt, sondern abgewartet und eine solche Therapie – wenn überhaupt – erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt. Diesem therapeutischen Nihilismus müssen wir heute eine klare Absage erteilen. In zahlreichen großen Studien wurde nachgewiesen, dass eine Chemotherapie beim fortgeschrittenen Darmkrebs im Vergleich zu der Strategie des Abwartens die durchschnittliche Überlebenszeit der Betroffenen mehr als verdoppelt und ihnen vor allem eine gute Lebensqualität ermöglicht.
Einen wirklichen Durchbruch in der Behandlung des Darmkrebses haben aber erst neue Medikamente gebracht. Hierzu gehört vor allem Campto mit dem Wirkstoff Irinotecan, das seit 2000 für die Therapie zur Verfügung steht. Der Wirkstoff dieses Präparates wird aus einem chinesischen Baum mit dem Namen Xi-Shu (Camptotheca acuminata) gewonnen. Hier ist die Natur den Forschern zu Hilfe gekommen, wie auch bei anderen hochaktiven Substanzen, wie z.B. den in der Behandlung des Brustkrebses verwendeten Taxanen.
Es ist zu hoffen, dass der Einsatz der Campto-Therapie und anderer neuer Therapieformen auch in frühen und frühesten Behandlungssituationen zu weiteren Verbesserungen bezüglich des Überlebens, der Lebenszeit und der Lebensqualität der Patienten führt.