Tabuthemen gehören aufgegriffen - damit sie ihr Stigma loswerden und wir alle ein besseres Verständnis für die Betroffenen entwickeln können. Wir werden daher in loser Folge weiter über Schizophrenie, aber auch über andere interessante Tabuthemen berichten. Und zwar über Hintergründe, Fakten und neue Therapien. Mailen Sie uns einfach, wenn Sie ein Thema besonders interessiert!
Das Wort “Schizophrenie” ist in den Alltagsgebrauch übergegangen und dort zum Synonym für Verrücktheit und Unlogisches geworden. Der undifferenzierte Gebrauch erschwert das Verständnis, dass diese Erkrankung jeden treffen kann, aber auch effektiv zu behandeln ist.
Unterstützt wird die misstrauisch-distanzierte Haltung der Bevölkerung durch eine ebenso undifferenzierte Berichterstattung in den Medien und in der Werbebranche. Vor allem die kriminelle Energie und Gewaltbereitschaft “irrer Patienten” wird in Sensationsberichten immer wieder betont. Aber auch in der seriösen Berichterstattung findet sich oft ein kritikloser Umgang mit Schlagworten und Klischees, so die Studie einer Schweizer Psychiaterin, die Artikel in sechs meinungsführenden Zeitungen aus der Schweiz und aus Deutschland untersuchte (siehe Literaturhinweis).
Diese Vorurteile betreffen auch die behandelnden Ärzte und den Einsatz von Psychopharmaka. Das auch im Kino und Fernsehen gern benutzte Klischee von “Dr. med. Mabuse” und der medikamentösen Zwangsjacke findet sich überall wieder, so die Studie.
1998 begann die World Psychiatric Association (WPA) mit einer internationalen Anti-Stigma-Kampagne, die von westlichen Industrieländern bis hin zu Entwicklungsländern kulturübergreifend die alltägliche Stigmatisierung schizophrener Patienten abbauen soll. Kanada war das erste Land, in dem Aufklärungsaktionen in Schulklassen, in der Öffentlichkeit und den Medien gestartet wurden. Mittlerweile beteiligen sich elf Länder - von Ägypten bis zu Deutschland und Österreich an der Aktion. Fünf weitere sollen folgen.
In Deutschland finden unter dem Dach des Vereins “Open the doors” e.V. verschiedene Projekte in München, Düsseldorf, Leipzig, Hamburg, Itzehoe und Kiel statt. Die Anti-Stigma-Kampagne richtet sich an die breite Bevölkerung sowie spezielle Zielgruppen wie Ärzte, Lehrer oder Journalisten. Gleichzeitig sollen die Ergebnisse auf wissenschaftlicher Ebene evaluiert werden.
Aktiv gegen die Diskriminierung vorgehen will das Internet-Projekt “SANE” (Stigma-Alarm im Internet). Diskriminierende Handlungen am Arbeitsplatz oder in Behörden sowie Presseberichte können im Internet an SANE ( www.openthedoors.de) gemeldet werden. Nach einer Überprüfung der Fakten nimmt SANE Kontakt mit der jeweiligen Person oder Institution auf und versucht, eine Beendigung der diskriminierenden Handlungen zu erreichen.
Studien zur Einstellung der Bevölkerung in Deutschland und Österreich zeigen übereinstimmend, dass mit Informationskampagnen das Verständnis für die Erkrankung bis hin zu Hilfsangeboten verbessert werden kann. Aber diese Solidarität findet bislang nur in einer sicheren sozialen Distanz statt. Wohnprojekte für Schizophrene oder Tageskliniken in der gleichen Straße oder im gleichen Wohnviertel werden strikt abgelehnt.
Bei akuten Psychosen wird derzeit das in verschiedenen Studien erprobte Aripiprazol in einer Dosierung von 15mg und höher eingesetzt. Es führte beständig zur Verbesserung der Positiv- und Negativsymptomatik und war dem Placebo deutlich überlegen.