Erlotinib von der Hoffmann-La Roche AG kann als Tablette zuhause eingenommen werden. Sie verhindert weiteres Tumorwachstum und die Patienten leben länger. Mit mittlerweile über 40.000 Neuerkrankungen und genauso vielen Todesfällen pro Jahr allein in Deutschland steht Lungenkrebs an dritter Stelle der Krebsstatistik. Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Lungenkrebs ist nach wie vor das Rauchen. Seit Mitte der 80er Jahre rauchen Männer weniger und Frauen häufiger.
Die häufigste Form bösartiger Lungentumore sind nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome (NSCLC = non-small cell lung cancer). Meist hat der Patient zu Beginn nur wenig Symptome. Deshalb befindet sich mehr als die Hälfte der neu diagnostizierten Patienten bereits in fortgeschrittenen Stadien. Dann ist die Prognose jedoch schon ausgesprochen schlecht: Eine Operation ist nicht mehr möglich und die Krebserkrankung auch nicht mehr heilbar.
In dieser „palliativen“ Situation, wie Mediziner das nennen, behandelt man die Mehrzahl der Patienten mit einer Chemotherapie. Jedoch ist die Ansprechrate und der lebensverlängernde Effekt oft nur gering. Hinzukommen als unangenehme Nebenwirkungen Übelkeit und Erbrechen. Wenn die Erkrankung weiter vorangeht stellt sich daher die Frage nach einer effektiven und gleichzeitig auch gut verträglichen Zweit- und Drittlinientherapie. Eine solche innovative, gut verträgliche Therapie ist das jetzt zugelassene Erlotinib (Tarceva). Es unterbricht den Signalweg von Wachstumsfaktoren. Der EGFR-Rezeptor, den das Erlotinib blockiert, führt zur Hemmung des Tumorzellwachstums. Während der Behandlung kann es auch zu Juckreiz, Ausschlag und Haarausfall kommen.
Für die Betroffenen hat die neue Therapie eine ganz besondere Bedeutung: Oftmals sind sie vorbehandelt und weitere Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt. Oder aber es sind ältere Patienten, denen man die Strapazen einer Chemotherapie nicht mehr zumuten möchte: Hier bringt sie eine entscheidende Verbesserung ihrer Lebensqualität. Die häufigsten und charakteristischen Beschwerdebilder des Lungenkarzinoms - Husten, Luftnot und Schmerzen - werden maßgeblich verringert und die Überlebenszeit der Patienten – um mindestens 2 Monate - verlängert.
Buchtipp: Hermann Delbrück, Lungenkrebs, Raut und Hilfe für Betroffene und Angehörige (3. Auflage, Kohlhammer-Verlag)
Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen einer Phase-III-Studie an weltweit 731 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC in 86 klinischen Zentren, die kürzlich im New England Journal of Medicine (NEJM 2005; 353: 123-32) veröffentlicht wurden.
Die Patienten haben - nach Versagen wenigstens einer vorherigen Chemotherapie - entweder Erlotinib als Monotherapie oder ein Scheinmedikament erhalten. Das Gesamtüberleben in der Gruppe der mit Erlotinib behandelten Patienten war mit einer Steigerung um 42,5 % signifikant länger als das der Patienten in der Plazebogruppe (6,7 Monate versus 4,7 Monate). Nach einem Jahr lebten noch 31 % der Patienten, die Erlotinib erhalten hatten, im Vergleich zu 22 % in der Gruppe mit dem Scheinmedikament. Ebenso besserten sich Symptome wie Husten, Kurzatmigkeit und Schmerzen durch die Behandlung mit dem ersten Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der oralen EGFR-Tyrosinkinase-Hemmer signifikant.