Denn die Krankheit zerstört die Nervenzellen, die im Gehirn den wichtigen Botenstoff Dopamin bilden. Ein Prozess, der sich nach bisherigem Kenntnisstand der Wissenschaft nicht aufhalten lässt. Die Folge: Das Gleichgewicht der chemischen Substanzen im Gehirn gerät aus den Fugen, die Bewegungsabläufe werden gestört. Das führt zu den bekannten Symptomen: schleppender Gang, erstarrte Muskeln, Zittern, Sprachprobleme, geistige Verlangsamung.
Das größte Problem bei der Krankheit: Die herkömmlichen Therapien helfen meist nur ein paar Jahre. Denn Parkinson-Medikamente können das Absterben der Nervenzellen nicht stoppen, sondern liefern lediglich einen Dopamin-Ersatzstoff. Da die Zellen weiter sterben, muss die Dosis laufend erhöht werden, bis auch die Pillen den Dopaminmangel nicht mehr ausgleichen können. Problematisch auch die Nebenwirkungen: Neben Schlafstörungen, Kraftlosigkeit und Übelkeit können langfristig noch Leberschäden hinzukommen.
Jetzt gibt es neue Hoffnung: Mit der „External Brain Stimulation“ soll Parkinson-Patienten wieder ein normales Leben ohne Medikamente ermöglicht werden. Dabei werden winzige Nadeln ins Ohr implantiert, die dauerhafte Nervenreize aussenden und so die gestörte Dopaminproduktion wieder in Gang bringen. Die Methode hat der Magdeburger Mediziner Dr. Ulrich Werth entwickelt. Der Neurologe und Hirnforscher beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Erforschung einer wirksamen Parkinson-Therapie. Dabei machte er sich auch die Erkenntnisse der Akupunktur zunutze. Und entwickelte Nadeln aus medizinischem Titan mit einem Millimeter Länger und einem Durchmesser von 0,7 Millimeter. Sie wachsen nach der Implantation im Ohr ein und sind danach kaum noch tastbar.
„Die Methode ist nicht schmerzhaft, man spürt nur einen kleinen Pieks“, erklärt Dr. Werth. „Und im Vergleich zur Gehirnschrittmacher-Implantation ist sie absolut risikofrei.“ Der Eingriff dauert etwa eine halbe Stunde und wird ambulant vorgenommen. Dabei werden pro Ohr rund 30 der kleinen Nadeln implantiert. Anschließend kann es zum wundschmerz und Schwellungen kommen. Nach etwa fünf Tagen ist alles verheilt. Eine erste Wirkung setzt oft schon nach wenigen Stunden ein. In den letzten sechs Jahren hat der Neurologe bereits über 2000 Parkinson-Patienten erfolgreich mit seiner Methode behandelt. Sie kommen von überall auf der Welt, aus Europa, aber auch aus den USA, Südamerika oder Südafrika.
Fachleute sprechen bereits von einer bahnbrechenden Entdeckung. Und es gibt auch schon eine Studie über die Wirksamkeit: Professor Alexandra Henneberg, Fachärztin für Neuropsychiatrie und Dozentin an der Uni Gießen wies nach, dass 80 Prozent der behandelten Patienten nach drei Monaten nicht nur ihre Medikamente ganz oder teilweise absetzen konnten, sondern dass sich auch die typischen Symptome deutlich reduzierten. Im Herbst startet an der Uni Tübingen eine weitere Studie über die External Brain Stimulation – diesmal im Doppelblind-Verfahren. „Die Hälfte der Patienten bekommt die Dauer-Nadeln, bei der Kontrollgruppe werden wir die Implantation nur simulieren“, erklärt Dr. Werth. „So können wir die Wirkung exakt nachweisen.“ Für diese Studie können sich noch Patienten bewerben.