Schmerzunempfindlichkeit ist eine sehr seltene Krankheit. Menschen, die davon betroffen sind, leben in ständiger Gefahr sich versehentlich zu verletzen oder Erkrankungen wie eine Blinddarmentzündung zu spät zu bemerken. Die meisten sterben jung. Forscher der Universität Florida fanden nun heraus, warum es dazu kommt: Die individuelle Schmerzwahrnehmung wird durch das Gen “SCN9A” beeinflusst. Mutiert es zum sogenannten “Fakir-Gen”, spüren die Betroffenen keine Schmerzen. Durch die Veränderung des Erbguts werden entweder gar keine Schmerzrezeptoren gebildet oder der Schmerzreiz wird nicht ins Gehirn weitergeleitet. Biologisch betrachtet sind Schmerzen aber sinnvoll, denn sie warnen vor Schäden. Diese Warnfunktion geht verloren, wenn sich durch wiederholte Schmerzreize ein Schmerzgedächtnis bildet und der Schmerz auch dann fortbesteht, wenn seine Ursache längst beseitigt ist.
“Um Schmerzen optimal behandeln zu können, ist es elementar zu entschlüsseln, wie die Schmerzsignale ins Gehirn übertragen werden”, so Professor Dr. Jens Kuhn. Die Forschung deckt zunehmend auf, wie Hyperalgesie, die übermäßige Schmerzempfindlichkeit auf einen Reiz, und Analgesie, also Schmerzlinderung, funktionieren: “Starke, immer wiederkehrende oder länger andauernde Schmerzen können zur Ausbildung eines Schmerzgedächtnis führen”, erklärt der Neurologe und Psychiater an der Universitätsklinik Köln. Die Folge: Der Schmerz wird chronisch und hat damit seine Warnfunktion verloren. Damit es gar nicht so weit kommt, sollten akute Schmerzen ernst genommen und behandelt werden. Dabei gehört der Aspirin-Wirkstoff, Acetylsalicylsäure, zu den wichtigsten rezeptfrei verfügbaren Substanzen.
Ähnlich bedeutend wie der Wirkstoff, ist die Galenik, also die Zubereitung des Arzneimittels. Bei einem Schmerzmittel zählt vor allem die Schnelligkeit. Deshalb entwickelte Bayer mit Aspirin Effect ein Granulat, das den Wirkstoff 30 Prozent schneller freisetzt als eine herkömmliche Schlucktablette. Wie das funktioniert, beschreibt Dr. Reinhard Walter, Entwicklungsgaleniker bei Bayer: “Das Mikrogranulat löst sich bereits im Mund auf, so dass der Wirkstoff gelöst in den Magen gelangt und schneller vom Körper aufgenommen wird.” Experten empfehlen bei der Schmerzbehandlung mehrstufig vorzugehen. Dabei gilt der Grundsatz: Medikamente verantwortungsvoll einsetzen und durch unterstützende Maßnahmen wie regelmäßige Bewegung, Stressabbau und Entspannung ergänzen.
Quellen:
1. Staud, R et al: Two novel mutations of SCN9A (Nav1.7) are
associated with partial congenital insensitivity to pain. In:
European Journal of Pain (2011): Volume 15, Issue 3: S. 223-230.
2. Woods, G et al: An SCN9A channelopathy causes congenital
inability to experience pain. In: Nature 444 (2006): doi:
10.1038/nature05413: S. 894-898.
3. Gardiner, M et al: SCN9A Mutations in Paroxysmal Extreme Pain
Disorder: Allelic Variants Underlie Distinct Channel Defects and
Phenotypes. In: Neuron (2006): Band 52, Issue 5: S. 743-749.