Zugegeben - schon der Krankheitsbegriff kommt einem schwer über die Lippen. Das Hereditäre Angioödem ist ein wahrer Stolperstein - mit welchem sich derzeit in Deutschland rund 1.000 Patienten quälen. Tausend Patienten, bei denen die Krankheit bereits erkannt wurde - rund 5000 dürften es tatsächlich sein. 5.000 Schicksale, denen es möglicherweise ähnlich ergeht wie jener eingangs erwähnten Patientin. HAE, wie diese seltene Erbkrankheit auch kurz bezeichnet wird, wird durch eine angeborene Veränderung eines Gens auf Chronosom 11 verursacht, welches für die Bildung eines Enzyms, des sogenannten C1-Esterase-Inhibitors, verantwortlich ist.
Gekennzeichnet ist das Krankheitsbild durch “flüchtige Episoden von Ödemen (Schwellungen) an Haut und Schleimhäuten”. Diese Schwellungen können im Gesicht und Atemwegsbereich, aber auch “nur” an Händen oder Füssen auftreten. Mit dem Auftreten der Ödeme einher gehen meist Übelkeit, Erbrechen und kollikartige Bauchschmerzen, die, so eine Betroffene, durchaus mit Wehenschmerzen gleichgesetzt werden können. Verursacht werden sie durch Schwellungen in der Darmschleimhaut. Nicht selten wird aus Unkenntnis von den behandelnden Ärzten eine Fehldiagnose gestellt und ein unnötiger und gefährlicher operativer Eingriff in der Bauchhöhle vorgenommen.
Ausgelöst werden diese Ödemattacken ohne erkennbare äussere Ursachen, doch ist man heute der Meinung, dass Stress, Angst, Infektionen, kleinere Verletzungen oder vorausgehende Zahnbehandlungen durchaus das Auftreten provozieren können. Die Schwellungen kündigen sich in der Regel durch Spannungsgefühle an und diese lösen spätestens ein paar Stunden später dann das mitunter lebensbedrohhliche Ödem aus, welches bis zu 72(!) Stunden anhalten kann. Lebensgefährlich sind diese Anfälle immer dann, wenn sie im Bereich der Atemwege auftreten. Eine Notfall-Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) kann, wenn die angeschwollene Schleimhaut die Atemwege verschliesst, notwendig werden. Nur bei rechtzeitiger Gabe eines C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrats (Berinert® HS) kann der Luftröhrenschnitt verhindert werden.
Rund 30 - 50 % der Todesfälle bei unbehandelter HAE sind auf einen akuten Erstickungsanfall aufgrund einer Schwellung im Kehlkopfbereich zurückzuführen. Dabei wäre die Diagnose so einfach zu stellen, sie lässt sich durch das Messen der C1-Esterase-Inhibitor-Aktivität ableiten. Diese sollte bei einem gesunden Organismus 80 - 120 Prozent betragen. Bei HAE-Patienten liegt sie jedoch unter 30 %.
Seit kurzem gibt es zu diesem seltenen Kranheitsbild ein neues Internetportal : www.hae-erkennen.de informiert umfassend über die seltene Erbkrankheit.
Informationen, vor allem zu behandelnden Ärzten und Kliniken findet man auch auf der Webseite der Selbsthilfegruppe : www.schwellungen.de.
Um die wissenschaftliche Erforschung der Angioödeme kümmert sich die Deutsche Gesellschaft für Angioödeme e.V..