Husten ist ein wichtiger Reflex des Körpers, der vor allem die Luftröhre und die Atemwege reinigen soll. Den Befehl zum Husten erteilt das Hustenzentrum im Gehirn, sobald über Nervenbahnen eine Meldung von den Hustenrezeptoren kommt. Die sitzen vor allem in den Schleimhäuten der Atemwege, und besonders dicht beieinander, in der Luftröhre. Die Hustenrezeptoren sind für unterschiedliche Reize empfindlich, welche von Fremdkörpern, Rauch, Staub oder - wie zum Beispiel bei der Erkältung - durch Entzündungen, Schleim oder Krankheitserreger ausgelöst werden können.
Der Hustenreflex beginnt mit einem schnellen, tiefen Einatmen. Der Kehlkopf sitzt dabei wie ein Ventil oben auf der Luftröhre. Die Stimmritze im Kehlkopf ist weit geöffnet, so dass die Luft ungehindert durch die Luftröhre in die Lunge strömen kann. Für Sekundenbruchteile verschließt die Stimmritze die Luftröhre komplett, so dass keine Luft aus der Lunge entweichen kann.
In diesem kurzen Augenblick wird die Muskulatur, die das Ausatmen bewirkt, angespannt, und der Druck der Luft in der Lunge extrem erhöht. Das ist vergleichbar mit einem aufgeblasenen Luftballon, der kräftig zusammen gedrückt wird. Wenn sich dann die Stimmritze wieder öffnet, wird der Druck explosionsartig abgebaut. Die herausschießende Luft, der Hustenstoß, erreicht an der engsten Stelle der Luftröhre Geschwindigkeiten von bis zu 1.000 Stundenkilometern - wie sie sonst höchstens bei einem Tornado erreicht werden - und reißt Fremdkörper, bei Erkältung vor allem den Schleim, nach oben mit. Gleichzeitig fördern Vibrationen des Kehlkopfs die Lösung von festsitzendem Schleim. An diesem Hustenvorgang, der nur Bruchteile einer Sekunde dauert, ist die gesamte Atemmuskulatur beteiligt: das Zwerchfell und die Zwischenrippenmuskulatur, Muskeln des Halses, der äußeren Brust, des Schultergürtels, des gesamten Bauchraumes und des Rückens.
Der Husten unterstützt die Arbeit des Flimmerepithels auf den Schleimhäuten der Atemwege. Es sind feine Härchen, die im gesunden Körper ständig eine reinigende und schützende dünne Schleimschicht mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Zentimeter pro Minute nach oben in den Rachen transportieren. Gelangt der Schleim in den Bereich der Speiseröhre, wird er zusammen mit den darin enthaltenen Schmutzteilchen und Zellresten verschluckt. Im Schleim enthaltene Viren und Bakterien werden durch die Magensäure abgetötet.
In der Abheilungsphase einer Erkältung nimmt die Schleimproduktion enorm zu, und der Schleim ist dabei oft zähflüssig. Die Flimmerhärchen sind schnell überfordert, und der Husten ist ein sehr sinnvoller und effektiver Vorgang, um die Atemwege vom Schleim zu befreien. Husten, bei dem Schleim abgehustet wird, wird als produktiver Husten bezeichnet. Davon unterschieden wird der trockene Reizhusten
Bei einer Erkältung leitet also eine kurze Phase mit Reizhusten die Phase des produktiven Hustens ein. Je nach Schwere der Erkrankung kann nach Abklingen des produktiven Hustens auch wieder der Reizhusten auftreten, als so genannter Resthusten. Hier ist die Ursache in der noch nicht normalisierten Zusammensetzung der geringen Schleimmenge zu suchen. Auch wenn die Infektion längst abgeklungen ist, kann der Resthusten noch lange anhalten.
Der trockene, unproduktive Reizhusten in der Anfangsphase ist in erster Linie eine Folge der Entzündung der Schleimhäute vor allem im Bereich der Luftröhre und des Kehlkopfes. Der Reizhusten ist nicht selten mit einem quälenden, typischen Schmerz hinter dem Brustbein verbunden. Das ist auf die enorme Belastung der Atemmuskulatur und der Schleimhäute in den Atemwegen zurückzuführen.
Die Therapie des produktiven Hustens unterscheidet sich grundlegend von der des Reizhustens, da unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Beim produktiven Husten geht es vor allem darum, den Schleim „flüssiger” zu machen, um das Abhusten zu erleichtern. Das kann schon über einfache Maßnahmen, beispielsweise vermehrtes Trinken, unterstützt werden. Auch Pflanzenextrakte aus Efeu, Thymian oder Minze können helfen, den Schleim zu verflüssigen. Besonders wirksam sind so genannte Hustenlöser (Expektoranzien) aus der Apotheke, die den Schleim lösen und damit das Abhusten erleichtern.
Beim unproduktiven, trockenen Reizhusten hat der Hustenreflex seine Funktion verloren. Die bellenden Hustenstöße belasten die Bronchien und die Schleimhäute der Atemwege. Sie können diese sogar schädigen. Durch die Beteiligung der Atemmuskulatur beansprucht Reizhusten außerdem den gesamten Organismus. Die Folgen sind die typischen Schmerzen bei jedem Hustenstoß. Außerdem liegt die Schwelle für den Hustenreiz in gereizten Schleimhäuten niedriger als in gesunden.
Es kommt zu einer Art Teufelskreis: Die Hustenstöße wirken verstärkend auf den Husten, weil sie die Schleimhäute reizen und die Reizschwelle für weitere Hustenstöße herabsetzen. In der Therapie des Reizhustens kommt es deshalb darauf an, den Husten zu lindern, um dem Körper und den Atemschleimhäuten die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen. Das ist auch deshalb wichtig, weil ein nicht behandelter Reizhusten chronisch werden kann. Wer länger als fünf Tage hustet, ohne dass eine nennenswerte Besserung eingetreten ist, sollte deshalb sicherheitshalber zum Arzt gehen.
Mittel zur Behandlung von Reizhusten werden auch Antitussiva genannt. Sie befreien vom Husten, indem sie direkt im Hustenzentrum im Gehirn auf die Verarbeitung des Hustenreizes einwirken. Das ist entlastend für den Körper, da die gereizten Schleimhäute und die Atemmuskulatur sich besser erholen können und auch ein ungestörter und erholsamer Nachtschlaf wieder möglich ist.
Zur Therapie des Reizhustens stehen zwei Gruppen von Wirkstoffen zur Verfügung. Sie setzen entweder die Empfindlichkeit des Hustenzentrums im Gehirn herab („zentrale” Wirkung) oder erhöhen zusätzlich die Reizschwelle der Hustenrezeptoren im Atemtrakt („periphere” Wirkung).
Ein bekannter und effektiver Wirkstoff aus der Gruppe der zentral wirkenden Hustenwirkstoffe ist Codein. Codein ist sehr wirkungsvoll und zuverlässig. Doch da es mit Morphin verwandt ist, besitzt es ein gewisses Suchtpotenzial und kann auf Dauer abhängig machen. Mittel, die Codein enthalten, sollten deshalb nicht länger als eine Woche angewendet werden. Sie werden nur dann vom Arzt verschrieben, wenn wirklich heftigste Hustensymptome diagnostiziert werden oder andere medizinische Indikationen die Anwendung erforderlich machen.
Antitussiva mit einer dem Codein vergleichbaren Wirksamkeit, aber ohne dessen Suchtpotenzial, sind das zentral wirkende Dextromethorphan und die zugleich zentral und peripher wirkenden Stoffe Clobutinol und Pentoxyverin. Medikamente mit diesen Wirkstoffen können auch in der Selbstmedikation angewendet werden. Das heißt, sie sind nicht rezeptpflichtig. Allerdings müssen Clobutinol und Pentoxyverin etwas höher dosiert werden als Dextromethorphan, um die gleiche Wirksamkeit zu erzielen. Weltweit spielt Dextromethorphan seit Jahrzehnten die bedeutendste Rolle bei Hustenmitteln gegen Reizhusten.
Seine Wirksamkeit wird in der medizinischen Standardliteratur belegt und durch zahlreiche Studien bestätigt. Und noch etwas ist wichtig: Dextromethorphan entfaltet seine vom Husten befreiende Wirkung zentral im Hustenreflexzentrum, aber unterdrückt dabei nicht das notwendige Abhusten. Die Eigenschaften von Dextromethorphan machen es außerdem zu einem Antitussivum, das auch für Sportler zugelassen ist.
(Matthys H. et al.; Dextromethorphan and Codeine: Objective Assessment of Antitussive Activity in Patients with Chronic Cough. The Journal of International Medical Research, 1983 Vol 11, 92-100):