Die Sorge ob man für den Partner auch weiterhin begehrenswert ist, belastet viele Krebspatientinnen, wenn Sie in den Alltag zurückkehren. War es während der Therapie wichtig, die Krankheit zu besiegen, stürzen in den heimischen vier Wänden nun bisher unterdrückte Ängsten auf die jungen Frauen ein. Selbstwertgefühl und Beziehung zum eigenen Körper haben oft stark gelitten, die Frage einer möglichen Unfruchtbarkeit kommt hinzu. Schnell bleibt dabei die gemeinsam gelebte Intimität auf der Strecke. Um die Partnerschaft zu schützen, raten Psychoonkologen wie Stefan Zettl von der Universitätsklinik Heidelberg, den Paaren offen miteinander umzugehen.
Viele Patientinnen fühlen sich nach ihrer Therapie nicht nur körperlich schlapp. Sie leiden oft auch unter Stimmungsschwankungen und haben Angst vor Rückfällen. Das hemmt auch das sexuelle Verlangen. Möglicherweise bleibt bei jungen Patientinnen auch Wochen nach der Chemotherapie der normale Regelzyklus aus. Sie befürchten, für immer unfruchtbar zu sein, was große Trauer auslöst. „Das Gefühl, dass ein Teil des Lebenskonzeptes auf Dauer verbaut ist, nämlich: ‘Ich bin Frau, ich möchte auch Mutter werden!’, belastet die Frauen oft schwer“, so Zettl.
Die Angst vor körperlicher Ablehnung durch den Partner ist groß. Daher ist es wichtig, über solche Ängste und das eigene Lustempfinden zu sprechen. Der Heidelberger Psychoonkologe rät zur Offenheit: „Schon von gesunden Paaren wird Sexualität häufig nicht thematisiert. Sie reden zu wenig über ihre Wünsche, Phantasien und auch Ängste. Wenn dann krankheitsbedingte Belastungen dazu kommen, wird es schwierig, eine intime Beziehung aufrecht zu erhalten.“
Ein Beispiel: Viele Männer scheuen sich, ihre Partnerin nach einer Krebstherapie mit sexuellen Wünschen zu konfrontieren und warten ab. Frauen kann jedoch dieses Verhalten ungewollt stark verunsichern, denn gerade jetzt benötigen sie körperliche Nähe und das Gefühl, weiterhin begehrenswert zu sein.
Eine Krebstherapie kann die Regelblutung und somit die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Keine eigenen Kinder zu bekommen und aufwachsen zu sehen, bedeutet für viele junge Frauen einen schwerer Verlust. Mit dauerhafter Unfruchtbarkeit fertig zu werden, erfordert Trauerarbeit, so Zettl.
So effektiv die Chemotherapie auch ist, sie kann neben den Krebszellen auch gesundes Gewebe zerstören, so auch die Eizellen. Nach der Chemotherapie ist es daher möglich, dass die Periode tatsächlich für immer ausbleibt. Eine Schwangerschaft ist damit ausgeschlossen. Doch Unfruchtbarkeit ist kein unabwendbares Schicksal. Wirkstoffe, die den Hormonhaushalt beeinflussen, können helfen, die Fruchtbarkeit zu erhalten. Wichtig ist, früh mit dem Arzt über den Kinderwunsch zu sprechen.
GnRH-Agonisten wie Goserelin setzen den Hormongehalt im Blut herab. Krebszellen, die Hormone zum Wachstum nutzen, sterben so ab. Gleichzeitig bewirkt der zeitlich begrenzte Hormonmangel eine Ruhepause für die Eierstöcke. Die Eizellen reifen nicht heran und bleiben vor den Zellgiften der Chemotherapie verschont. Nach Abschluss der Behandlung pendelt sich der normale Hormonhaushalt wieder ein. Die Patientinnen bleiben fruchtbar.
Informationen für junge Krebspatientinnen
Hrsg. Krebs-Kompass
Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Stichwort „Ganz Frau sein!“
D-50655 Köln
Hrsg. Deutsches Krebsforschungszentrum. Krebsinformationsdienst
Krebsinformationsdienst
Im Neuenheimer Feld 280
D-69120 Heidelberg