Um all den Unzulänglichkeiten bei der Schizophreniebehandlung entgegen zu steuern, hat Janssen-Cilag mit Paliperidonpalmitat (Xeplion) ein Medikament auf den Markt gebracht, das nur einmal im Monat zu injizieren ist. „Eine deutliche Verbesserung“, lautete dazu der erste Kommentar des Medizinprofessors Gerd Laux vom Inn-Salzach Klinikum in Wasserburg am Inn auf einer Pressekonferenz von Janssen-Cilag in Frankfurt, wo im Verbund mit den beiden Münchner Psychiatrie-Ärzten Laux und Kissling das neue Mittel präsentiert wurde, das alte Übel abstellen soll.
Trotz der Fortschritte in der Behandlung, so erklärte Hans Wormann (Janssen-Cilag) in seiner Eröffnungsrede, „ist noch einiges an Orientierungsarbeiten notwendig.“ Seit 50 Jahren engagiere man sich in der Pharmazieforschung Schizophrenie, man habe sich aber mit „den Standards nicht zufrieden gegeben“. Um so mehr freue man sich, jetzt ein wirksames Mittel so ganz anderer Art präsentieren zu können. Wormann: „Dabei zeigte das Depot-Antipsychotikum in Studien eine signifikante Wirksamkeit bereits am Tag acht nach der ersten Applikation. Paliperidonpalmitat muß zudem nicht rekonstituiert und nicht gekühlt werden, sondern liegt als Fertigspritze vor.“
Genau das würdigte auf dem Podium auch Gerd Laux , der zudem Professor für Psychiatrie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ist. „Die Herstellung so eines Depots ist eine immens aufwendige technische Leistung, man kann so etwas nicht in der Waschküche machen“, sagte er mit anerkennendem Blick auf Wormann. Das Ergebnis sei enorm. „Mit der Zulassung von Paliperidonpalmitat gibt es keinen Grund mehr, den Einsatz eines Depot-Antipsychotikums in der Langzeittherapie der Schizophrenie nicht jedem Patienten anzubieten.“
Dann kam Laux auf die menschliche Unzulänglichkeit der Patienten zu sprechen. Sie hätten ganz einfach in sehr vielen Fällen die verschriebenen Medikamente nicht adäquat eingenommen, die Angehörigen nicht nachhaltig daran erinnert. Jetzt sei man mit dem neuen Mittel in der Lage, „eigene Ressourcen zu mobilisieren und sich auf die Gestaltung ihrer Zukunft zu konzentrieren, statt sich primär und permanent mit der Krankheit auseinandersetzen zu müssen“.
Ausführlich nahm sich dieses Problems des Vergessens und dessen Folgen auch der Kollege von Laux, Werner Kissling von der Technischen Universität München, an. Er meinte, „die Ergebnisse sind noch nicht so berauschend“ und nannte den Grund: „Die Rückfall- und Wiederaufnahmeraten von erkrankten Menschen sind dreimal höher als sie nach dem derzeitigen Wissensstand sein müßten. Hauptursache ist die hohe Non-Adhärenz schizophrener Patienten. Mehr als die Hälfte bricht die rezidivprophylaktische Langzeitbehandlung vorzeitig ab.“ Dann der entscheidende Satz Kisslings: „Jeder Rückfall bedeutet dabei einen oft irreversiblen Verlust für das Leben der Patienten.“ Zu den Folgekosten erklärte er: „Mehrere Milliarden Euro jährlich.“
Erstaunen erregte Kissling schließlich mit einer kurzen Bilanz seiner Tätigkeit an der Münchner Möhlstraße. Er entwickelte vor Jahren nach eigenen Angaben „integrierte Versorgungsmodelle in der Psychiatrie“. Sein Rahmenkonzept, heute in Fachkreisen „Münchner Modell“ genannt, unterstützen die Krankenkassen und werde mittlerweile „in mehreren Regionen in Deutschland, England, Holland und China implementiert“. Stolz erklärte Kissling: „Die Zahl der Krankenhaustage konnte so um 70 Prozent gesenkt werden. Das erforderliche Geld für die Finanzierung des Adhärenz-Programmes wurde durch die Senkung der stationären Wiederaufnahmen mehr als eingespart.“ Modelle (Kissling) und Medikamente (Janssen-Cilag) also Hand in Hand im Kampf gegen eine fürchterliche Krankheit!