Die St. Gallen Konsensuskonferenz empfiehlt mit Anastrozol (Arimidex) 2003 zum ersten Mal einen Aromatasehemmer zur adjuvanten Behandlung des Mammakarzinoms postmenopausaler Frauen bei Kontraindikationen oder Nebenwirkungen unter Tamoxifen. Damit tritt eine weitere endokrine Therapieoption neben das Antiöstrogen, wie auf einer Pressekonferenz von AstraZeneca diskutiert wurde. Die Ablösung des alten Goldstandards Tamoxifen hatte schon der letzte Konsensusbeschluss eingeleitet: Er bot prämenopausalen Frauen mit hormonsensiblen Tumoren erstmals mit GnRH-Agonisten wie Goserelin (Zoladex) eine Alternative.
Die Ovarausschaltung mit Goserelin für mindestens zwei Jahre ist erneut als Bestandteil der Richtlinien bestätigt worden. Verglichen mit einer Chemotherapie haben GnRH-Agonisten bei jungen Patientinnen den Vorteil, ovarialprotektiv zu wirken. Eine dauerhafte Amenorrhoe mit den negativen Folgen der vorzeitigen Menopause kann so häufig vermieden werden.
Die St. Gallen Konsensuskonferenz, eine der wichtigsten Brustkrebstagungen Europas, definiert traditionell die adjuvante Therapie des Mammakarzinoms nach aktuellem Kenntnisstand. Die Diskussionsergebnisse des internationalen Expertengremiums erscheinen in einigen Monaten im Journal of Clinical Oncology. Für rezeptorpositive prämenopausale Frauen ist demnach eine alleinige endokrine Therapie (Goserelin + Tamoxifen) empfehlenswert. Eine endokrine Therapie nach Chemotherapie ist eine Option, die erfolgversprechende Resultate vor allem bei jungen Frauen unter 40 Jahren erbracht hat. Postmenopausal gilt für die Behandlung von Frauen mit frühem Mammakarzinom Anastrozol als Option anstelle von Tamoxifen, wenn eine Behandlung mit dem Antiöstrogen aufgrund von Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen nicht möglich ist. Die neuen Therapieoptionen stellen den Stellenwert des Tamoxifens zunehmend in Frage, ist doch die Langzeittherapie mit dem Antiöstrogen mit teils schweren Nebenwirkungen behaftet.
Die Aufnahme von Anastrozol in die Empfehlungen des internationalen Panels beruht auf den überlegenen Ergebnissen der ATAC (Arimidex Tamoxifen Alone or in Combination)-Studie. In der mit 9.200 Patientinnen weltweit größten Brustkrebs-Studie hatte Anastrozol signifikante Vorteile gegenüber Tamoxifen in Wirksamkeit und Verträglichkeit gezeigt, so Professor Wolfgang Eiermann, München. Anastrozol ist der einzige Aromatasehemmer, für den Ergebnisse adjuvanter Therapiestudien publiziert sind. Die Therapie-Empfehlungen sind also nicht auf andere Aromatasehemmer übertragbar.
Patientinnen unter Anastrozol profitieren von einer höheren antitumoralen Effektivität: Die ATAC-Studie zeigte nach einem medianen Follow-up von 33 Monaten eine im Vergleich zu Tamoxifen signifikante Senkung des Rezidivirisikos. Anastrozol reduzierte das Risiko um zusätzliche 17 Prozent, bei Frauen mit rezeptorpositiven Tumoren sogar um weitere 22 Prozent. Die Inzidenz kontralateraler Tumoren verringerte sich gegenüber Tamoxifen um 58 Prozent. Den beachtlichen präventiven Effekt des Aromatasehemmers untersucht derzeit die IBIS II (International Breast Cancer Intervention Study) Studie, über die Professor Walter Jonat berichtete. Neben der höheren Wirksamkeit bietet Arimidex ein verbessertes Sicherheitsprofil. Tamoxifen kann aufgrund seiner partiell östrogenartigen Wirkung unter anderem Thromboembolien, Endometriumkarzinome, Vaginalblutungen oder Hitzewallungen verursachen. Derartige Komplikationen traten in der ATAC-Studie unter Anastrozol nur halb so oft auf wie unter Tamoxifen.
Wie Professor Bernd Gerber in Hamburg darlegte, reicht für die adjuvante Behandlung junger Frauen unter 35 Jahre die adjuvante Chemotherapie nicht aus. Bei jungen Patientinnen ist das Mortalitätsarisiko gegenüber älteren Frauen erhöht, möglicherweise aufgrund einer inkompletten Blockierung der Östrogenproduktion. In St. Gallen sei deutlich geworden, dass zusätzlich endokrin therapiert werden müsse.
Bei prämenopausalen Frauen mit Mammakarzinom, aber auch anderen onkologischen Erkrankungen, ist ein dauerhafter Hormonentzug nicht wünschenswert. Die ZEBRA (Zoladex Early Breast Cancer Research Association) Studie hat gezeigt, dass dadurch im Vergleich zu einer zweijährigen Ovarausschaltung kein Überlebensvorteil besteht, so Gerber. Der weitere Krankheitsverlauf von wieder menstruierenden oder dauerhaft amenorrhoeischen Patientinnen unterschied sich nicht.
Um die negativen Symptome einer vorgezogenen Menopause zu vermeiden, sei der Einsatz von Goserelin vor Beginn einer Chemotherapie wegen Mammakarzinom - zum Ovarialschutz - eine sinnvolle Therapieoption, schloss Gerber. Der mit Goserelin mögliche Erhalt der Ovarialfunktion ist auch bei hämatologischen Systemerkrankungen von besonderer Bedeutung, zumal diese Malignome keine Hormonabhängigkeit aufweisen. Diese Patientinnen sind außerdem meist sehr jung, sodass häufig noch ein Kinderwunsch besteht, dem durch eine die Chemotherapie begleitende Zoladex-Behandlung Rechnung getragen werden kann.