Jährlich befällt der Tumor, meist zwischen dem 50 .- 70. Lebensjahr über 13.000 Menschen in Deutschland. Männer sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen. NIerenkrebs zählt somit nach Prostata- und Blasenkrebs zu den häufigsten urologischen Krebsarten. Solange der Tumor nur auf die Niere begrenzt ist, wird die Therapie in der operativen Entfernung der Niere bestehen. Doch bei rund 25 % aller Betroffenen hat der Tumor zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits gestreut, d.h. Metastasen gebildet. Bei rund 40 bis 50 % der operierten Patienten entwickeln im weiteren Verlauf Metastasen. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt dann gerade einmal 10 Monate. Mit Bevacizumab kann das Fortschreiten der Erkrankung jetzt deutlich länger aufgehalten werden, als bisher.
Prof. Dr. Jan Roigas von der Charité in Berlin erklärt dazu: “… die klassischen Säulen der Krebstherapie, Chemo-, Hormon- und Bestrahlungstherapie sind beim metastasierten Nierenzellkarzinom nicht wirksam…”
Genau wie normale Zellen, benötigen auch Krebszellen Sauerstoff und Nährstoffe um zu wachsen und sich zu vermehren. Um seine Versorgung sicher zu stellen, schüttet der Tumor deshalb einen Botenstoff aus, den Wachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial growth factor). VEGF bindet an spezielle Rezeptoren auf der Oberfläche von Blutgefäßen, die in der Nähe des Tumors liegen. Dadurch wird das Signal zur Bildung von neuen Gefäßen gegeben, die zum Tumor hin wachsen und ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Mediziner nennen diesen Prozess der Neubildung von Blutgefäßen, Angiogenese. Der Wirkstoff Bevacizumab ist ein Angiogenese-Hemmer. Er fängt VEGF in den Blutgefäßen ab und bindet es fest an sich. VEGF selbst kann jetzt nicht mehr an seine Rezeptoren binden und somit auch kein Signal zur Bildung neuer Gefäße geben. Ohne Anbindung an das Blutgefäßsystem ist der Tumor von der Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen abgeschnitten und wird regelrecht ausgehungert. Er kann nicht weiter wachsen und keine Metastasen mehr bilden.
Die Gabe von Bevacizumab erfolgt in Kombination mit Interferon
In der internationalen Studie, die zur Zulassung von Bevacizumab bei fortgeschrittenem Nierenkrebs geführt hat, wurde geprüft, ob die Kombination von Bevacizumab mit dem bisherigen Therapiestandard Interferon wirksamer ist, als eine Behandlung mit Interferon alleine. Durch die Hinzugabe von Bevacizumab konnte das Fortschreiten der Erkrankung fast doppelt so lange aufgehalten werden, wie nur mit Interferon. Außerdem sprachen mehr als doppelt so viele Patienten auf die Behandlung an.
Die Therapie war insgesamt gut verträglich. Patienten, bei denen die Interferon-Dosis aufgrund von auftretenden Nebenwirkungen reduziert werden musste, erzielten dennoch ein vergleichbares Ergebnis. Die Reduktion der Interferon-Dosis hatte demnach keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Bevacizumab. Zudem können die in Deutschland bei Patienten, Ärzten und Fachpersonal vorhandenen großen Erfahrungen mit Interferon in diesen neuen Therapieansatz mit einer zielgerichteten Substanz wie Bevacizumab nahtlos integriert und fortgeführt werden. Die gute Datenlage zu Bevacizumab trägt ebenfalls zur Sicherheit bei. Bevacizumab ist die am besten dokumentierte Substanz beim Nierenkrebs. Dadurch lassen sich auch seltene Nebenwirkungen erfassen, analysieren und sachgerecht behandeln.
Die Angiogenese-Hemmung mit Bevacizumab hat sich bereits bei vier Krebsarten als hochwirksam erwiesen. Bevacizumab verlängert das Überleben von Patienten mit Darmkrebs und Lungenkrebs und verdoppelt bei Patienten mit Brust- und Nierenkrebs die Zeit, in der die Krankheit nicht voranschreitet. Darüber hinaus wird das Medikament derzeit bei Bauchspeicheldrüsen-, Magen-, Eierstock- und Prostatakrebs sowie weiteren Krebsarten klinisch geprüft. Bislang wurden über 250.000 Patienten mit dem innovativen Wirkstoff behandelt.