Unentdeckte Schilddrüsenstörungen sind ein Risiko für Herzerkrankungen. Besonders Frauen nach den Wechseljahren sind häufiger von einem stillen Schilddrüsenleiden betroffen als man bisher angenommen hat und haben in der Folge ein höheres Risiko für Herz- und Gefäßprobleme. Dies ist das Ergebnis einer niederländischen Studie an mehr als 1100 Frauen. Vor allem eine Unterfunktion der Schilddrüse bleibt häufig unentdeckt und kann chronische Folgeerkrankungen auslösen. Ein jährlicher Gesundheits-Checkup ist deshalb empfehlenswert, bei dem auch die Schilddrüse überprüft werden sollte.
Dabei untersucht der Arzt, ob die Schilddrüse zu viel oder zu wenig arbeitet. Sowohl die Überfunktion (Hyperthyreose) als auch die Unterfunktion (Hypothyreose) haben schwere Folgen für den ganzen Organismus. Dies liegt an der wichtigen Steuerungsfunktion der Schilddrüse, die sie von ihrem “Standort” im Hals ausübt. Obwohl sie nur etwa so klein wie eine Walnuss ist, lenkt das Organ fast alle Funktionen im Körper: den Stoffwechsel, Herz und Kreislauf, Magen und Darm, Nerven und Muskeln. Es beeinflusst die Persönlichkeit und die Psyche, Sexualität und Fruchtbarkeit und sogar das Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln.
Wenn die Schilddrüse erkrankt, sendet sie nicht mehr die richtige Menge an Botenstoffen aus. All diese verschiedenen Funktionen geraten dann aus dem Gleichgewicht. Oft zeigen sich Schilddrüsenprobleme nicht auf den ersten Blick, denn die Krankheitserscheinungen sind eher allgemein. So fanden die Forscher bei jeder zehnten Frau eine bislang unentdeckte Hypothyreose.
Selbst wenn die Unterfunktion nur leicht ausgeprägt ist, kann sie doch langfristige Folgen haben. Beim Mangel an Schilddrüsenhormonen verlangsamt sich der ganze Stoffwechsel. So wird auch Fett langsamer verbrannt, die Blutfettwerte steigen und damit auch das Risiko von Gefäßablagerungen (Atherosklerose). Unter den Frauen mit der verborgenen Schilddrüsenunterfunktion war deshalb das Risiko für einen Herzinfarkt mehr als doppelt so groß.
Eine Überfunktion der Schilddrüse ist nicht ganz so häufig, aber ebenso gefährlich für das Herz. Mehr als zwei Prozent der in Rotterdam untersuchten Frauen hatten eine Hyperthyreose, die überwiegend noch nicht bemerkt worden war. Das Zuviel an Schilddrüsenhormonen treibt das Herz zu ständiger Höchstleistung an, Vorhofflimmern und Herzinfarkt können die Folge sein.
Insgesamt sind in der Bevölkerung wesentlich mehr Frauen als Männer von Störungen der Schilddrüse betroffen. Ein Grund dafür ist in den großen Hormonschwankungen während des Lebens zu suchen. Schwangerschaft und Wechseljahre, aber auch die Hormoneinnahme bei Verhütung und Hormoneratztherapie setzen den weiblichen Körper hormonellen Einflüssen aus. Da alle Hormone im Körper, also auch Schilddrüsen- und Sexualhormone sozusagen “Hand in Hand” arbeiten, treten Störungen oft während oder nach solchen Umstellungen auf.
Folgende Zeichen können den Verdacht auf eine Schilddrüsenunterfunktion lenken: Lidschwellungen, Kraftlosigkeit, Konzentrationsschwäche, Niedergeschlagenheit, ständiges Frieren, kühle Haut, aber auch Gewichtszunahme, Verstopfung, spröde, brüchige Haare und Nägel. Auf eine Überfunktion weisen Herzklopfen, innere Unruhe, Schwitzen, Gewichtsabnahme und Durchfall hin.
Beide Formen sollten durch den Hausarzt oder einen Internisten abgeklärt werden. Sofern eine Behandlung notwendig wird, wie beispielsweise die Einnahme von Schilddrüsenhormonen mit oder ohne zusätzliche Gabe von Jodid-Tabletten, entscheidet dies der behandelnde Arzt.
Literatur: Hak, A.E.; Pols, H.A.; Visser, T.J. et al.: Subclinical hypothyroidism is an independent risk factor for atherosclerosis and myocardial infarction in elderly women: The Rotterdam Study. Ann. Intern. Med. 2000 Feb;