Die Erforschung der zellulären Kommunikation zwischen Würmern und unserem Immunsystem könnte die Basis für die Entwicklung einer antiallergischen Schutzimpfung sein. Denn angesichts der zunehmenden Zahl allergiekranken Kindersind werden präventive Maßnahmen immer wichtiger.
Vor allem der medizinische Hintergrund der antiallergischen Wurmwirkung wird derzeit intensiv erforscht. Eine Studie der Arbeitsgruppe um den Epidemiologen und Allergologen Professor Dr. Torsten Schäfer vom Institut für Sozialmedizin der Universität Lübeck ergab nämlich, dass Kinder, die einmal eine Wurmerkrankung durchgemacht haben, viel seltener an Neurodermitis erkranken. Schäfer und seine Kollegen hatten eine Befragung der Eltern von mehr als 4.000 Kindern in Sachsen-Anhalt ausgewertet.
Diese Ergebnisse unterstützen die so genannte Hygiene-Hypothese, nach der eine fehlende Auseinandersetzung des Immunsystems mit Parasiten und Mikroorganismen eine Ursache für die rasante Zunahme allergischer Erkrankungen in den Industrienationen sein kann. Unser Immunsystem benötigt anscheinend während der Kindheit Trainingspartner, um den Unterschied zwischen krankmachenden und harmlosen Eindringlingen, beispielsweise Pollen, zu lernen. Das ist auch eine Erklärung dafür, dass Kinder, die auf Bauernhöfen häufig in den Tierställen waren, seltener an Allergien erkranken. Die mit den Tieren vorkommenden Bakterien fungieren als Sparringpartner des kindlichen Immunsystems und lassen es toleranter werden.
Darmwürmer regulieren das menschliche Immunsystem regelrecht, indem sie Immunzellen dazu stimulieren, körpereigene antiallergische Botenstoffe auszuschütten. Hier drängt sich eine Frage auf: Warum machen sie das? Professor Schäfer erläutert: „Parasiten müssen zum Überleben mit der Immunabwehr ihres Wirtes fertig werden, dürfen den Wirt dabei aber nicht töten, denn dann sterben sie selbst auch. Im Zusammenleben der Würmer mit dem Immunsystem des Menschen hat sich daher im Laufe der Evolution eine ausgeklügelte Zellkommunikation entwickelt.“
Ja, denn eine Therapie mit dem Schweine-Peitschenwurm Trichuris suis hilft bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Als Nebeneffekt ist es bei Betroffenen, die zusätzlich zur chronischen Darmerkrankung unter einer Allergie litten, auch zu einer Besserung der allergischen Beschwerden gekommen.
Eine Wurmtherapie gegen Allergien soll erstmals 2006 an der Charité unter der Leitung von Professor Dr. Ulrich Wahn und Professor Dr. Eckard Hamelmann untersucht werden.
1) Schäfer T et al.: Worm infestation and the negative association with eczema (atopic / nonatopic) and allergic sensitization. Allergy 60:1014-1020, 2005