Thomas M. Stein hat im Juni 2004 die Schirmherrschaft für das MS College übernommen, einem aktiven Fortbildungs-, Informations- und Kommunikationsforum rund um die Multiple Sklerose. Wir hatten Gelegenheit, ein kurzes Interview mit Ihm zum Thema MS zu führen:
Ich bin seit mehr als 30 Jahren im Musikbereich tätig, zuletzt in der Funktion als Präsident der BMG für Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zum Musikgeschäft bin ich als Quereinsteiger gekommen. Anfang der 70er Jahre war ich beim Zeitschriftenverlag Musik, Medizin und Musiktherapie tätig, habe daher den Stellenwert, den die Musik im therapeutischen Bereich hat, kennen gelernt und begonnen, mich damit zu beschäftigen. Viele Ärzte spielenMusikinstrumente und wir wollten damals ein attraktives Musikangebot für Ärzte anbieten. Ich stehe seitdem auch mit Ärzten in Kontakt und habe mich für medizinische Themen engagiert.
Das MS College ist eine Informationsplattform für Ärzte, die nicht unbedingt neurologisch tätig sind, aber auch für betroffene Patienten und alle Interessierten, die sich über das Thema MS informieren und fortbilden möchten. Ziel des MS College ist es, frühe Hilfe zu geben, damit alle Beteiligten mehr über die Krankheit erfahren. Aufklärung und umfassende Information sind die Basis dafür. Das MS College bietet Hilfestellung beim praktischen Umgang mit der Erkrankung im Alltag und einen speziellen Servicebereich, in dem Betroffene und deren Angehörige Antworten auf ihre Fragen bekommen. Basis des MS College ist die Internetplattform www.mscollege.de
Die beste Freundin meiner Tochter hat MS und auch ein ehemaliger Mitarbeiter von mir. So bin ich mit dieser Krankheit unmittelbar konfrontiert und weiß einiges um die Problematik. Viele Leute verschweigen ihre Krankheit, denn MS ist ja immer noch mit einem Stigma behaftet. Die Diagnose löst nachvollziehbare Ängste aus, da es für den betroffenen Patienten kaum möglich ist, eine realistische Einschätzung des Krankheitsverlaufes vorzunehmen. Außerdem fürchten die meisten MS-Patienten, nicht mehr als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft anerkannt und damit abgestempelt zu werden. Den Patienten muss dieser Schrecken unbedingt genommen werden. Dafür will ich mich einsetzen.
Ich denke, dass ein offensiver Umgang mit der Krankheit die Psyche entlasten kann – Entspannung durch Öffnung. Es ist Zeit, über Krankheiten viel offener zu sprechen, um auch Außenstehenden einen normalen Umgang mit den Betroffenen zu ermöglichen. Über Brustkrebs und Darmkrebs z.B. sind wir heute viel aufgeklärter, denn diese Krankheiten sind öffentlich zum Thema gemacht worden.
Die Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die zu neurologischen Störungen führt. Es ist eine nicht kalkulierbare Krankheit, die in Schüben kommt. Das fatale ist wohl, dass es sehr schwierig ist, MS zu diagnostizieren, da es viele unterschiedliche Symptome gibt, die nicht gleich der MS zugeordnet werden können. Aus meinen Gesprächen mit Betroffenen und der bisher gesammelten Erfahrung weiß ich, dass bis zur Diagnose MS oft einige Jahre vergehen. Es ist immens wichtig, diese Zeit zu verkürzen.
Die Wirkung von Musik unabhängig von einer Erkrankung ist vielen Menschen nicht bewusst. In anderen Kulturkreisen spielt die Musik eine viel größere Rolle. Die beruhigende Wirkung von Musik sieht man schon bei Kindern, die aufhören zu schreien, wenn Sie Musik hören. Musik beruhigt und entspannt, das kann sich positiv auf das Befinden des Menschen auswirken. Durch die Musik kann das mentale Verhältnis zur eigenen Person wieder hergestellt und das Selbstbewusstsein gestärkt werden. In der „Tabaluga“-Stiftung, die traumatisierten Kindern hilft und für die ich mich seit Jahren mitengagiere, wurde festgestellt, welche positiven Impulse die Musik haben kann. Das zeigt auch die Arbeit, der in den letzten Jahren immer populärer gewordenenNordoff-Robin-Stiftung. Außerdem hat man in der Vergangenheit immer wieder die fördernde Wirkung der Musik auf Koma-Patienten feststellen dürfen.
Ich hoffe, dass demnächst mehr Menschen mit dem Thema Multiple Sklerose offener umgehen und über ihre Erfahrungen sprechen werden. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Ärzte, die schwerpunktmäßig nicht neurologisch ausgerichtet sind, die Möglichkeiten, die das MS College zur Information bietet, nutzen, damit das Krankheitsbild zeitnah erkannt und damit zielgerichtet und früh behandelt werden kann. Hier muss gemeinsamsicherlich noch einiges bewegt werden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass in der Öffentlichkeit über die Erkrankung der Multiplen Sklerose mehr kommuniziert wird. Für die Betroffenen wäre dies sicherlich ein erster Schritt zu einem besseren Umgang mit der Krankheit.