Die Teilnahme an Therapiestudien ist in Deutschland noch immer eher negativ besetzt und mit vielen Ängsten verbunden: “Ich bin doch kein Versuchskaninchen!” ist häufig die erste Reaktion auch von Brustkrebspatientinnen, die von ihrem Arzt das Angebot erhalten, an einer solchen Studie teilzunehmen. Es handelt sich dabei jedoch um die beste Chance, die einer betroffenen Frau geboten werden kann, denn in Studien wird immer eine von Expertengremien empfohlene Standardtherapie mit einer neuen, viel versprechenden Therapie verglichen. Jede Studienteilnehmerin erhält daher die bestmögliche Qualität in der Behandlung. Dazu kommt: Nur durch Therapiestudien ist stetiger Fortschritt in der Behandlung des Brustkrebses überhaupt möglich.
Die GABG: Eine Studiengruppe stellt sich vor Die GABG (German Adjuvant Breast Cancer Group) ist die größte deutsche Brustkrebs-Forschergruppe. Mehr als 160 Ärzte haben sich zusammengeschlossen, um den Fortschritt in der adjuvanten (vorbeugenden) Behandlung des Mammakarzinoms, wie der Brustkrebs medizinisch heißt, voranzutreiben. Die international anerkannte GABG wurde 1981 von Professor Dr. Manfred Kaufmann, Frankfurt, und Professor Dr. Walter Jonat, Kiel, gegründet. Seit ihrem Bestehen wurden mehr als 9.000 Patientinnen im Rahmen klinischer Studien auf international höchstem medizinischen Niveau behandelt.
Besonders erfolgreich ist die GABG derzeit mit dem sogenannten Gepardo-Studienkonzept , erläuterte PD Dr. Gunter von Minckwitz, Vorsitzender der Studienleitkommission der GABG. Es handelt sich hierbei um aufeinander aufbauende Studien, in denen die primär systemische Chemotherapie, die Chemotherapie vor der Operation, geprüft wird. Hauptziel dieser Therapie ist es, den Tumor im Vorfeld so weit zu verkleinern, dass eine brusterhaltende Operation durchgeführt werden kann. Für weltweites Interesse sorgten kürzlich die Ergebnisse der Geparduo-Studie, die bei über 900 Patientinnen gezeigt haben, dass bei 85 % von fast 1.000 Patientinnen die Brust bei der Operation erhalten werden konnte , wenn zuvor eine verbesserte Chemotherapie mit dem Taxan Docetaxel gegeben wurde. Durch dieses Therapiekonzept könnten in Deutschland im Jahr 3.000 Brustamputationen vermieden werden. Mit der aktuellen Gepartrio-Studie verfolgt die GABG diesen Behandlungsansatz weiter.
Studienteilnahme bietet die beste Chance auf Heilung Dass die Teilnahme an Therapiestudien die Heilungschancen verbessert, zeigen zwei Studien, die in diesem Jahr auf dem Weltkrebskongress ASCO in Orlando (USA) vorgestellt wurden. In diesen Studien wurde der heute standardmäßig häufigste Einsatz der Chemotherapie nämlich nach der Operation (“adjuvante” Therapie). untersucht: In beiden Studien erwies sich, dass durch den Einsatz von Taxanen (Eibenpräparate) wie Docetaxel und Paclitaxel die Heilungschance von Brustkrebspatientinnen mit bereits befallenen Lymphknoten deutlich erhöht werden konnte.
Die Ergebnisse der in Orlando vorgestellten BCIRG 001-Studie beispielsweise zeigten, dass das Risiko für das Wiederauftreten der Erkrankung für die mit Docetaxel behandelten Frauen um 32 % reduziert war, d.h. in Deutschland könnte jeder dritte Rückfall der Erkrankung verhindert werden. Betrachtete man die Frauen, bei denen nur etwa 1-3 Lymphknoten vom Krebs befallen waren, so war das Rückfallrisiko sogar um 50 % geringer als unter einer Behandlung mit der Standardtherapie.
Übertragung von Studienergebnissen in den klinischen Alltag Doch was bedeuten diese Studienergebnisse für den klinischen Alltag und die einzelne Patientin? Derzeit werden Frauen, die an einem nicht metastasierten Brustkrebs erkrankt sind, in der Regel mit einer Standardtherapie behandelt. Der Einsatz der hochwirksamen Taxane ist aktuell in frühen Krankheitsstadien nur im Rahmen von Studien möglich oder muss vom behandelnden Arzt im Einzelfall begründet werden. Eine Übertragung der Studienergebnisse in den klinischen Alltag, also die Empfehlung, Taxane möglichst früh einzusetzen, wird von vielen Experten diskutiert und ist in Zukunft sicher zu erwarten, bestätigt GABG-Mitglied Frau PD Dr. Nadia Harbeck.