Ein Thrombus, welcher das Gefäß verengt oder verstopft, kommt am häufigsten in den tief gelegenen Beinvenen sowie in den Venen des Beckens vor. Etwa 80.000 Menschen pro Jahr erkranken in Deutschland an einer Venenthrombose. Noch gefürchteter als der Blutpfropf selbst sind dessen mögliche Komplikationen: Es kann zur Lungenembolie kommen, wenn der Thrombus oder Teile davon mit dem Blutstrom in die Lunge gelangen und deren fein verästelte Blutgefäße blockiert werden. Die Folge: Das Organ wird nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und das betroffene Gewebe kann absterben. An einer Lungenembolie sterben in Deutschland jährlich etwa 25.000 bis 30.000 Patienten.
Die Gefahr, eine venöse Thrombose zu erleiden, besteht je nach Lebensbedingungen und Risikofaktoren - dazu zählen Rauchen, Bewegungsarmut, Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Übergewicht sowie angeborene Faktoren, erläutert Prof. Klaus T. Preissner, Gießen. Das kann alle Lebensalter betreffen, sogar Kinder. In dem System, das die normale Blutgerinnung und Wundheilung beim Menschen regelt - der medizinische Fachausdruck heißt physiologische Hämostase -, sind die gerinnungsfördernden mit den gerinnungshemmenden Substanzen ausbalanciert. Bei einer Thrombose, dem totalen Verschluss eines Gefäßes, ist diese Balance gestört, weil die gerinnungsfördernden Substanzen überwiegen. Die Wahrscheinlichkeit, eine Thrombose auch schon in jungen Jahren zu erleiden, ist bei einem Mangel an gerinnungshemmenden Stoffen höher. Bei 25 bis 30 Prozent der Thrombose-Patienten besteht eine angeborene Veränderung (Mutation) in einem Eiweißbestandteil des Blutes, der so genannte Faktor-V-Leiden.
Bewegt sich der Mensch nicht genügend und zirkuliert damit das Blut von den Beinvenen aufwärts zum Herzen nicht in ausreichendem Maß, ist die Gefahr einer Aktivierung der Thrombozyten (Blutplättchen) und damit der Entstehung einer venösen Thrombose viel höher. Der Patient spürt zunächst ein Kribbeln oder Schmerzempfinden im Bein und kann sich nicht mehr so lange bewegen, ohne eine Pause einzulegen (die so genannte Schaufensterkrankheit). Besonders gefährlich ist der mangelnde Blutdurchfluss dadurch, dass sich Teile des Thrombus ablösen und in Richtung Herz oder Lunge geschleudert werden, wo es zur lebensbedrohlichen Lungenembolie kommen kann: Kleinere und kleinste Blutgefäße verstopfen und es kommt zu Komplikationen.
Im Blutplasma des Patienten lässt sich durch das Auftreten bestimmter Faktoren nachweisen, ob aktuell eine Thrombose besteht oder früher schon einmal bestanden hat. Spezielle Diagnosetests zeigen, ob das Blut gerinnungsfördernder ist oder nicht, und dementsprechend gestaltet sich auch die Therapie: Denkbar ist einerseits eine Herabsetzung der Aktivität der Thrombozyten, die man mit kleinen Sandsäckchen vergleichen kann, die wie bei einem Deichbruch im Wundgebiet die erste Blutung stillen. Die Gabe von antithrombotischen Medikamenten (z.B. Aspirin) hat dann das Ziel, die Abdichtung nicht zu stark werden zu lassen. Darüber hinaus können so genannte antikoagulatorische Medikamente (z.B. Heparin) das Blutgerinnungssystem dämpfen. Wichtig für den Patienten: Die Heparine der neuen Generation, auch niedermolekulare Heparine genannt, haben im Gegensatz zu früheren Medikamenten kaum noch Nebenwirkungen. „Und die Forschung ist hier noch nicht am Ende”, stellte Prof. Preissner fest.
Grundlagenwissenschaftler und klinische Mediziner arbeiten dabei Hand in Hand, was dem Patienten nur nützen kann. Der Weg geht gewissermaßen „vom Molekül zur Medizin” und zurück, weil die jeweiligen Erkenntnisse sich gegenseitig befruchten können. Manche Patienten sprechen auf antithrombotische Therapien kaum oder überhaupt nicht an. Ein Beispiel sind die so genannten Vitamin K-Antagonisten wie etwa Cumarin: Der gerinnungshemmende Wirkstoff kann sich in manchen Fällen nicht entfalten, weil bestimmte Eiweißmoleküle des zugrunde liegenden Mechanismus sich verändern. Aus Beobachtungen eines Nicht-Ansprechens von bestimmten Medikamenten beim Patienten (Resistenz) lassen sich wiederum Schlüsse auf neue Wechselwirkungen von Molekülen ziehen.
Damit es erst gar nicht zur Thrombose kommt, sind solche Maßnahmen zu empfehlen, die auch für Herz-Kreislaufpatienten günstig sind: z.B. Bewegung und fettarme Ernährung mit einem hohem Anteil an Obst und Gemüse. Studien haben laut Prof. Preissner gezeigt, dass bestimmte Pflanzeninhaltsstoffe wie etwa die Flavonoide die Gerinnungshemmung unterstützen. Auch ein Glas Rotwein täglich kann sicherlich nicht schaden. Eine Behandlung der Thrombose kann durchaus erfolgreich sein, wenn sie rechtzeitig erkannt wird - und der Patient selbst kann dazu durch wachsame eigene Beobachtung, gewissermaßen als sein eigenes „Frühwarnsystem” einen wichtigen Beitrag leisten.
Von großer Bedeutung ist eine zeitlich ausreichende Vorbeugung (Prophylaxe) der Thrombose bei akut erkrankten internistischen Patienten mit eingeschränkter Beweglichkeit. Denn: Werden diese Patienten aus dem Krankenhaus entlassen, bleibt das Risiko einer venösen Thromboembolie weiter bestehen. Wie eine internationale Studie gezeigt hat, ist eine Verlängerung der Prophylaxe auf 5 Wochen wirksamer als 10 Tage - dem bisherigen Standard. Eine über diesen verlängerten Zeitraum verabreichte Gabe von Enoxaparin (Clexane®/Lovenox®) konnte im Vergleich zu Placebo (Scheinmedikament) das Risiko von venösen Thromboembolien um 44 Prozent senken.
Auch während der Schwangerschaft und im Wochenbett besteht ein Thromboserisiko: Es erhöht sich durchschnittlich um das 5- bis 10-fache, wie verschiedene Studien ergeben haben. Der Thrombus bildet sich - eine Besonderheit - in 90 Prozent der Fälle im linken Bein der Frau, wie Priv.-Doz. Georg-Friedrich von Tempelhoff, Aschaffenburg, erläuterte. Insbesondere nach einem ungeplanten Kaiserschnitt ist die Gefahr, eine Thrombose zu erleiden, für einen Zeitraum von 6 Wochen deutlich erhöht. Hier spielt das Alter der Frau eine wichtige Rolle - ab 35 Jahren steigt das Risiko. Die bereits genannten niedermolekularen Heparine sind in fast allen Fällen, in denen eine Antikoagulation (Hemmung der Bildung von Blutgerinnseln) in der Schwangerschaft notwendig ist, Medikamente der ersten Wahl.