Alkohol hat ein Janusgesicht: Einerseits gilt er als willkommener Begleiter nahezu aller Festivitäten und Garant fröhlicher Geselligkeit. Zum anderen ist er zweifellos ein Krankheitsauslöser, der sehr schwere Folgen für die Gesundheit hat und bis zum körperlichen Zusammenbruch, zur sozialen Isolierung und zum ökonomischen Ruin führen kann.
Trotz der öffentlichen Verharmlosung des Alkoholproblems: Alkoholismus ist eine Krankheit und behandlungsbedürftig! Das gilt natürlich nicht für den gelegentlichen Drink am Abend, die Flasche Wein aus festlichem Anlass und das Bier zur Mahlzeit. Aber wie bei vielen Dingen: entscheidend ist das Maß. Ungefähr 15 Prozent aller Erwachsener (18 Jahre und älter) haben Alkoholprobleme. Millionen von Menschen sind Alkoholiker. Alkohol ist direkt oder indirekt die Haupttodesursache in vielen Ländern.
Hilfe kann nur einsetzen, wenn man das Problem erkannt hat. Betroffene sollten sich beispielsweise selbst fragen:
Das ist nur ein Suchtest. Ein JA auf zwei oder mehr dieser Fragen bedeutet aber nach Expertenerfahrung, dass eine Alkoholabhängigkeit wahrscheinlich ist. Ein JA auf sogar nur eine dieser Fragen sollte alarmieren, dass ein potenzielles Alkoholproblem besteht.
Alkohol ist ein Beruhigungsmittel, das auf das Gehirn einwirkt und alle Organsysteme beeinflussen kann. Die Leber, der Abbauort des Alkohols, kann bei einer durchschnittlich großen Person einen Drink pro Stunde abbauen. Der Rest des Alkohols kreist durch den Körper, verlangsamt das Denken und Handlungsabläufe, hat eine Wirkung auf Verhalten, Urteilsvermögen, Wahrnehmung und motorische Fähigkeiten (wie Gangsicherheit, Sprache, aber auch auf das Autofahren oder das Bedienen einer Maschine).
Kleinere Menschen, Frauen, jüngere oder ältere Personen und Kranke spüren die Wirkung von Alkohol stärker als größere Menschen, Erwachsene im mittleren Alter oder Leute in guter körperlicher Verfassung.
Frauen „vertragen“ weniger wegen der meist geringeren Körpergröße und des relativ höheren Fettanteils im Organismus. Außerdem haben Frauen unter 50 Jahre eine geringere Kapazität des Enzyms Alkoholdehydrogenase, das im Körper für den chemischen Abbau des Alkohols verantwortlich ist.
Bei den meisten Erwachsenen ist ein mäßiges, gelegentliches Trinken nicht mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden. Aber wenn zu viel Alkohol getrunken wird (mehr als drei Drinks für Männer unter 65 und mehr als zwei Drinks für Frauen jeden Alters und Männer über 65 Jahre), ist er eine gefährliche Droge mit eindeutigen giftigen (toxischen) Wirkungen.
Alkoholmissbrauch kann viele innere Organe nachhaltig schädigen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen eindeutig Schäden am Hirngewebe, am Herzmuskel und den Fortpflanzungsorganen. Alkohol kann den Blutdruck erhöhen und damit das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls vergrößern. Magengeschwüre, Fehlernährung und sexuelle Funktionsstörungen stehen ebenfalls in Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch. Vom Alkohol verursachte chronische Hirnschäden stehen an zweiter Stelle nach der Alzheimer-Krankheit als bekannte Ursachen für geistigen Verfall bei Erwachsenen.
Alkohol ist bei einem hohen Prozentsatz von Autounfällen mit tödlichem Ausgang im Spiel. Die gesetzliche Höchstgrenze für Blutalkohol variiert von Land zu Land. In Deutschland liegt sie bekanntlich derzeit bei 0,5 Promille, wobei erst bei 0,8 Promille ernsthafte juristische Konsequenzen drohen. Diese Spanne wird derzeit wieder zu Recht diskutiert: Es ist eindeutig so, dass die Fahrtüchtigkeit schon bei einem relativ niedrigen Blutalkoholspiegel von 0,3 bis 0,5 beeinträchtigt ist. Dies trifft vor allem auf jüngere Fahrer zu, die noch nicht so viel Erfahrung am Steuer haben. Alkohol beeinträchtigt für die Sicherheit so entscheidende Fähigkeiten wie Reflexe, Sehvermögen und Urteilsfähigkeit.
Schwangere, die viel trinken, können missgebildete Kinder mit einem Alkoholembryopathie-Syndrom zu Welt bringen. Diese angeborene Entwicklungsstörung zeigt als typische Merkmale Geistesschwäche, schlechte Koordinationsfähigkeit, starke Unruhe (Hyperaktivität), Herzschäden und Fehlbildungen im Gesicht und an den Gliedmaßen. Da es keinen sicheren Grenzwert für unbedenklichen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft gibt, muss man schwangeren Frauen und jenen, die vielleicht bald schwanger werden, dringend raten, auf Alkohol generell zu verzichten.
Alkoholmissbrauch bei älteren Frauen und Männern ist ein ernstes Problem. Früher wurden ältere „Problemtrinker“ sowohl von den Gesundheitsexperten als auch der Allgemeinheit unterschätzt, da der Anteil Älterer an der Gesamtbevölkerung relativ klein war und viele Senioren zwar über organische Krankheiten klagten, die aber nicht als Folge des Alkoholmissbrauchs erkannt wurden. Jetzt wird das Problem spürbarer. Doch weil ältere Leute oft allein stehend sind oder weniger gesellschaftliche Kontakte haben, können sie ihr Alkoholproblem leichter verbergen.
Das Trinken großer Mengen Alkohol über einen längeren Zeitraum kann dazu führen, dass ein nicht mehr steuerbarer, krankhafter Alkoholismus eintritt. Dies kann ganz allmählich und unauffällig geschehen.
Der Weg zur Heilung führt über den Hausarzt. Es ist dabei keine Angst oder Scheu notwendig. Der Arzt ist zur Vertraulichkeit verpflichtet. Alkoholismus wird nicht hervorgerufen durch Willensschwäche oder den Wunsch, anderen wehzutun. Alkoholismus ist nicht unmoralisch, erniedrigend oder schändlich. Menschen, in deren Familien es eine Vorgeschichte von Alkoholismus gibt, sind viel stärker gefährdet. Zum Beispiel haben Kinder von Alkoholikern ein fünfmal größeres Risiko, Alkoholismus oder eine Drogenabhängigkeit zu entwickeln.
Viele Menschen können mit Hilfe ihres Hausarztes und anderer kompetenter Partner den Alkoholismus besiegen. Die ersten wesentlichen Schritte im Genesungsprozess sind das Eingestehen, dass ein Alkoholproblem besteht und das Wissen, dass weiteres Trinken ernste Folgen haben kann.
Der nächste Schritt ist, sich Hilfe zu verschaffen – ein Prozess, der beim Hausarzt anfangen kann oder bei einer spezialisierten Organisation, z.B. den „Anonymen Alkoholikern (AA)“. Das ist ein freiwilliger Verband von Alkoholikern, die sich selbst und einander helfen, „trocken“ zu werden – und zu bleiben.(Anonyme Alkoholiker, Lotte-Branz-Str., 80939 München, Tel.: 089-3164343).