Für eine Frau, die an Brustkrebs erkrankt, ist es von entscheidender Bedeutung, wo sie sich behandeln lässt. „Nicht die Größe der Einrichtung ist entscheidend, sondern die Spezialisierung auf das Krankheitsbild Brustkrebs“, sagt Professor Diethelm Wallwiener, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Leiter des Brustzentrums Tübingen und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS). Vor allem in der Behandlung von Brustkrebs hat die Wissenschaft in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.
Bis in das späte 19. Jahrhundert waren sich Mediziner keineswegs klar darüber, wie man Brustkrebs am Besten behandelt. Ebenso herrschte keine Einigkeit darüber, wie eine Brustkrebsoperation ablaufen sollte. Die Folgen für die an Brustkrebs erkrankten Frauen waren fatal. Es gibt zwar nur wenige Dokumente aus dieser Zeit, doch aus dem, was bekannt ist, lässt sich schließen, dass die Chance für Krebspatientinnen, fünf Jahre zu überleben, zwischen zehn und 20 Prozent lag – ohne Operation. Sieben Jahre nach Diagnosestellung lebten von hundert an Brustkrebs erkrankten Frauen damals noch fünf.
Im Jahre 1894 veröffentlichte der New Yorker Chirurg William Halstead die erste Studie über die komplette Brustentfernung bei Tumorpatientinnen. Er hatte bei 50 Frauen, mit weit fortgeschrittener Erkrankung nicht nur die Brustdrüse, sondern auch den darunter liegenden Brustmuskel und die Lymphknoten in der Achselhöhle entfernt. Knapp die Hälfte der so operierten Frauen war nach drei Jahren noch am Leben, hatten allerdings mit schwerwiegenden Folgen, wie Lymphödemen des Arms zu kämpfen. Nach der Operation überlebten 36 Prozent der Frauen die ersten fünf Jahre und zwölf Prozent die ersten zehn Jahre. Dies sind aus heutiger Sicht katastrophale Zahlen. Verglich man also die Ergebnisse in den Überlebensraten der Frauen mit und ohne Operation, so ergab sich kein nennenswerter Unterschied. Die Brustentfernung brachte keinen bedeutenden Fortschritt für die Überlebensraten der betroffenen Frauen. Trotzdem wurde sie ein halbes Jahrhundert lang weltweit durchgeführt.
Der englische Chirurg Patey war einer der Ersten, der herausfand, dass eine weniger radikale Operationstechnik den Patientinnen mindestens die gleiche, wenn nicht sogar eine bessere Überlebenschance bot. Seine Ergebnisse halfen das die modifizierte radikale Mastektomie Einzug in die Brustkrebstherapie hielt, bei welcher die Brustdrüse und die darüber liegende Haut entfernt werden, der Brustmuskel jedoch erhalten bleibt.
Aufgrund von Studien in Italien, Frankreich und den USA, kamen die Mediziner in den 80er Jahren schließlich zu dem Ergebnis, dass eine brusterhaltende Operation in den meisten Fällen ausreicht. Bei dieser Technik wird der Tumor mit einer Sicherheitszone aus gesundem Gewebe entfernt, der gesunde Anteil der Brust bleibt ebenso wie die Haut größtenteils erhalten. In der Brust möglicherweise noch vorhandene, aber nicht sichtbare Krebszellen werden durch eine Bestrahlung nach der Operation ausreichend abgetötet.
Die Geschichte der Brustkrebstherapie zeigt also, wie wichtig es ist, das Erreichte immer wieder kritisch zu hinterfragen und nach immer optimaleren Lösungen zu suchen. Es wurde in diesem Bereich viel erreicht, doch die stetig steigenden Brustkrebszahlen lassen erwarten, dass in wenigen Jahren schätzungsweise jede siebte deutsche Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs erkranken wird. Damit steht das Mamma-Karzinom nicht nur weiter im Zentrum des klinischwissenschaftlichen Interesses, sondern erfordert auch immer mehr sozioökonomische Konsequenzen im Gesundheitsmanagement. Die Antwort auf diese Entwicklung sind die bereits 114 zertifizierten Brustzentren (Stand Juni 2006), die es bereits in Deutschland gibt und die rund die Hälfte aller Brustkrebspatientinnen behandeln.
„50 Prozent aller Brustkrebspatientinnen werden nach qualitätsüberwachten Standards nach dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Forschung behandelt. Doch ebenso werden rund die Hälfte aller Frauen eben nicht nach diesen Erkenntnissen therapiert“, sagt Diethelm Wallwiener, der mit seinem Brustzentrum an der Universitätsfrauenklinik nach drei Jahren erfolgreich rezertifiziert wurde. Der Weg, das begehrte Qualitätsgütesiegel zu erreichen, ist jedoch nicht einfach.
Um überhaupt eine Zertifizierung durch die Fachgesellschaften erreichen zu können, muss eine Klinik einiges tun, um vom Brustzentrum zum Zertifizierten Brustzentrum zu werden. „Brustzentrum ist kein geschützter Begriff. Deshalb ist eine Zertifizierung durch eine unabhängige Institution besonders wichtig“, erklärt Professor Diethelm Wallwiener. Nicht überall wo Brustzentrum stehe, sei auch Brustzentrum drin, warnt der Experte. Die Kriterien für das medizinische Gütesiegel wurden von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der DGS entwickelt, überprüft werden diese Kriterien von medizinischen Fachgesellschaften und beispielsweise dem Technischen Überwachungsverein (TÜV). Dabei werden unter anderem technische Spezialisierung, sichere Diagnoseformen, räumliche Nähe aller Fachdisziplinen sowie die Operationszahlen unter die Lupe genommen. 100 Brustkrebsoperationen muss ein Brustzentrum pro Jahr mindestens durchführen, um für die Zertifizierung in Frage zu kommen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein weiterer wichtiger Punkt bei der Beurteilung. Im Tübinger Brustzentrum wird der Fall jeder einzelnen Patientin die operiert werden muss, von den Vertretern aller beteiligten Abteilungen (Gynäkologie, Radiologie, Pathologie, Strahlentherapie und Onkologie) gemeinsam besprochen. Auch sonst legt man in Tübingen viel Wert auf die Vorarbeit. Liegt ein Verdacht auf Brustkrebs vor, wird bei 98 Prozent der Frauen zunächst mithilfe moderner Techniken wie der ambulanten Stanzbiopsie eine Gewebeprobe entnommen, um eine sichere Diagnose stellen zu können. „Bei uns kommt keine Frau im Blindflug in den OP“, so Professor Wallwiener. Sei eine Operation nötig, könnten in Tübingen mittlerweile drei Viertel der Frauen brusterhaltend operiert werden.
Obwohl diese Kriterien an ein zertifiziertes Brustzentrum bewusst hoch angesetzt sind, haben es bereits 106 Zentren geschafft, zu zertifizierten Brustzentren zu werden. Einige Zentren befinden sich gerade in der Zertifizierungsphase. Spannend wird es, wenn vermehrt Rezertifizierungen anstehen, wie sie das Tübinger Brustzentrum wiederum als Erstes deutsches Brustzentrum erfolgreich abgelegt hat, anstehen. Auch im deutschsprachigen Ausland habe man bereits die Vorteile des deutschen Qualitätssicherungs- und Verbesserungssystems erkannt. So wurden bereits die ersten Brustzentren in Österreich und der Schweiz nach den deutschen Normen zertifiziert, andere Länder informieren sich bereits. Das System Zertifiziertes Interdisziplinäres Brustzentrum hast sich somit zu einem weltweit beachteten Erfolgsmodell entwickelt. Vor allem zum Wohle der an Brustkrebs erkrankten Frauen, aber auch zum Wohle der Kliniken.
Frauen, die noch Ihre Regelblutungen haben, sollten ihre Brüste zirka zehn Tage nach Beginn Ihrer Periode untersuchen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Brüste in der Regel etwas gespannt und lassen sich gut untersuchen. Tritt keine Monatsblutung mehr auf, bietet es sich an, die Untersuchung jeweils zum Monatsbeginn machen. Ideal ist es beispielsweise, sich nach dem Baden, Duschen oder Eincremen abzutasten, denn feuchte oder eingecremte Haut erleichtert das Abtasten. Wichtig ist es sich für das Abtasten genügend Zeit zu nehme.
Mit auf die Hüften gestützten Händen und mit nach oben gestreckten Armen dabei folgende Kriterien beachten
Beide Brüste nacheinander mit den flach aufliegenden Fingerkuppen der drei mittleren Finger in kleinen kreisenden Bewegungen mit leichtem Druck abgetastet. Am besten nach einem festen Schema vorgehen, damit kein Bezirk übersehen wird. Beispielsweise kreisförmig von außen nach innen oder vom äußeren Rand gerade bis zur Brustwarze tasten. Wichtig ist auch im Übergang Brust Achselhöhle zu tasten.
Wird bei der Untersuchung auch nur eine kleinen Veränderungen/ oder Besonderheiten auf, sollte dringend ein Termin beim Frauenarzt gemacht werden. Denn nur der Fachmann kann beurteilen, ob es sich bei der gefühlten oder bemerkten Veränderung um eine Vorstufe eines bösartigen Brusttumor handelt. Denn je früher Brustkrebs erkannt wird, desto größer sind die Chancen auf eine vollständige Heilung.
Wichtig – eine Veränderung die bei einer Selbstuntersuchung festgestellt wird bedeutet nicht das man Krebs hat – in der Regel sind die festgestellten Veränderungen gutartig, also kein Krebs.
Mehr über das zertifizierte Brustzentrum Tübingen erfahren sie im Internet unter www.brustzentrum-tue.de
Ein zertifiziertes Brustzentrum in ihrer Nähe finden sie unter www.senologie.org