Auch in diesem Jahr trafen sich wieder zahlreiche Dermatologinnen und Dermatologen in Berlin im Rahmen des Derma Update 2024. Alles Wissenswerte dazu hat Dr. Christoph Liebich, Dermatologe in München, für unsere Leser zusammengestellt.
Beginnen wollen wir mit dem Anfang - und das im wortwörtlichen Sinne. Es wurde die Käseschmiere bei Neugeborenen von Müttern mit Adipositas genau untersucht und es konnte festgestellt werden, dass bei diesen Nachkommen eine höhere Inzidenz von Neurodermitis nachgewiesen werden konnte. Zudem wurde dazu festgestellt, dass Patienten mit einem niedrigeren Bildungsniveau und einem häufigeren Nikotinkonsum öfter an dieser Krankheit leiden.
Auch ein Asthma bronchiale als Komorbidität zur Neurodermitis ist bei adipösen Patienten stärker ausgeprägt. Eine Netzwerk Meta Analyse aus diesem Jahr zu topischen Therapien der Neurodermitis konnte nachweisen, dass potente Kortikoide und Tacrolimus die beiden wirksamsten Therapien sind. Die in Europa nicht verfügbaren PDE-4 Inhibitoren und ähnliche Präparate haben sich in dieser Metaanalyse als nicht besonders effektiv gezeigt. Von daher werden sie nicht vermisst in Deutschland. Zudem konnte auch wieder gezeigt werden, dass keine Induktion von Atrophie bei kurzzeitiger Anwendung topischer Steroide zu beobachten war.
Wie sieht es aus mit Dupilumab in der Schwangerschaft? Auch wenn es nicht hierfür zugelassen ist, konnten zumindest in einer Arbeit mit 29 Patientinnen keine Komplikationen nachgewiesen werden. Sie erhielten das Medikament im Median über sechs Wochen in der ersten Hälfte der Schwangerschaft. Ein systematisches Review über 31 Schwangerschaften unter diesem Medikament konnte keine erhöhte Rate für spontane Aborte im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung aufweisen. Nachgewiesen werden konnte für dieses Medikament ein guter Effekt bei Patienten mit chronischer Uticaria. Vor allem Patienten, die auf Omalizumab nicht ansprachen, könnten davon profitieren, auch wenn hier die Zulassung nicht gegeben ist.
Ein erst vor kurzem neu auf den Markt gekommener Wirkstoff ist Delgocitinib, ein Pan-JAK Inhibitor. Diese Creme ist für alle Formen des mittelschweren und schweren chronischen Handekzems zugelassen, bei denen topische Steroide nicht ausreichen oder nicht geeignet sind. Hier konnte eine Vergleichsstudie mit oralem Alitretinoin eine Überlegenheit dieser neuen Creme aufzeigen. So konnte ein HECSI 90 bei 38,6 % der Patienten mit der topischen Therapie versus 26 % mit der systemischen Therapie erreicht werden.
Man kann sich gut vorstellen, dass diese Creme bei anderen Krankheiten auch gut wirksam sein könnte. Allerdings fehlt hier die Zulassung. Da die Creme fast 1000 € pro 60 g Tube kostet, sollte man diese auch tunlichst nicht für andere Erkrankungen offlabel einsetzen.
Zudem wurde untersucht, ob es sinnvoll ist, vor dem Handschuhtragen sich die Hände einzucremen. Es konnte gezeigt werden, dass es ohne positive Effekte ist und sogar eher negative Auswirkungen auf die Hautbarrierefunktion haben kann.
Auch im Bereich der Allergologie hinterlässt der Klimawandel nun zunehmend seine Spuren. So konnte gezeigt werden, dass zum Beispiel die Eiche in den letzten Jahrzehnten einen späteren Blattabfall erlebt und auch, dass die Hasel zunehmend früher in der Pollensaison beginnt zu blühen. Beides führt zu einer längeren Beschwerdeperiode. Ebenso kommt es durch Klimaveränderungen und Globalisierung zu einer Ansiedlung neuer Insekten in Deutschland. Hier spielen vor allem die Feldwespen, sowie die asiatische Hornisse und die rote Feuerameise eine Rolle, welche wahrscheinlich in den kommenden Jahrzehnten noch viel relevanter werden wird. Diese Tiere können allergische Reaktionen auslösen. So ist zwischenzeitlich die rote Feuerameise von dem amerikanischen Kontinent auch in Europa, genauer gesagt in Sizilien, angekommen. Sie kann darüber hinaus auch noch Schäden in Landwirtschaft und an Gebäuden verursachen. Diese Tiere können bei den gestochenen Personen in 6 - 16 % der Fälle eine anaphylaktische Reaktion hervorrufen.
Omalizumab ist uns schon lange bekannt; es wurde nun bei Nahrungsmittelallergikern getestet und konnte zeigen, dass Patienten weitgehend vor einer allergischen Reaktion bei akzidentiellem Verzehr von Nahrungsmitteln, gegen die sie allergisch sind, geschützt sind. Eine Zulassung hierfür besteht allerdings leider nicht. Patienten, die dieses Medikament aber wegen einer anderen Indikation bekommen, können zusätzlich wohl auch hiervon profitieren.
Ein interessanter Ansatz in der Allergologie ist auch ein Adrenalin Nasenspray als Alternative zum intramuskulären Adrenalinpen. Hier konnte in Studien, an allerdings nur gesunden Probanden, nachgewiesen werden, dass eine vergleichbare Wirkung erreicht werden kann. Diese einfachere Applikationsform könnte natürlich von vielen Patienten präferiert werden. Eine Zulassung in Deutschland wird in Kürze erwartet.
Ein weiteres Thema dieses Jahr war die Interaktion von Innerer Medizin und Dermatologie beziehungsweise Allergologie. Wie sieht es aus mit der Umstellung von Medikamenten, wenn wir vermuten, dass diese eine bestehende Hauterkrankung auslösen oder verschlimmern? Hier ist es immer wichtig mit dem behandelnden Hausarzt oder Internisten Rücksprache zu halten. So könnte man aber zum Beispiel bei Angioödemen ACE-Hemmer auf AT1-Antagonisten umsetzen, oder auf Calcium Antagonisten, da diese ein geringeres Risiko mit sich bringen. Wie sieht es aus mit Betablockern? Eigentlich sind diese als antihypertensive Therapie nicht mehr Leitliniengemäß, außer es bestehen Komorbiditäten. Dennoch sind sie noch weit verbreitet. So könnte man innerhalb dieser Klasse zumindest umstellen, wenn diese unverzichtbar sind. Hier bietet sich am ehesten Nebivolol an.
Aber auch naturheilkundliche Medikamente können dermatologische und allergologische Probleme auslösen. Nachgewiesen werden konnte dies zum Beispiel für Echinacea, Umckaloabo, Gingko aber auch Kamillepräparate. Daher ist es wichtig, auch in der Anamnese, nicht nur auf verschreibungspflichtige Medikamente zu achten, sondern auch konkret nach freiverkäuflichen Präparaten zu fragen. Auch Wechselwirkungen von Medikamenten untereinander sind relevant und zu berücksichtigen. Wie ist es zum Beispiel mit antimykotischen Systemtherapien, wenn die Patienten Statine oder Betablocker einnehmen? So sollte man bei einer Terbinafin Therapie Metoprolol und Propanolol meiden, Atenolol wäre hier eine Alternative. Auch ist zu berücksichtigen, dass Terbinafin ggf. psychiatrische Symptome sowie Geschmacks- und Sehstörungen auslösen kann.
Cannabis ist ja in letzter Zeit in aller Munde. Auch in diesem Fachbereich gibt es hierzu Erkenntnisse. So weiß man, dass Cannabis zu Akne führen kann, aber auch zu einem Gesichtserythem und auch einer vorzeitigen Hautalterung. Daher sollte man dies auch in die Anamnese bei diesen Krankheitsbildern miteinbeziehen.
Dauerhafter Juckreiz zählt zu den häufigsten Zuweisungsgründen in der Dermatologie. 20 - 30 % der Patienten werden deswegen überwiesen, oft allerdings auch ohne Hautläsionen. Wir wissen, dass Pruritus auch bei onkologischen Krankheiten häufiger auftreten kann. So zum Beispiel bei 30 % der M. Hodgkin Patienten. Aber auch Polyzythämia vera und myeloproliferative Erkrankungen können diesen hervorrufen. Nierenpatienten leiden leider oft darunter, und zwar in 15 - 49 % der Fälle. Bei Dialyse Patienten sogar 90 %. Wichtig ist hier eine Optimierung der Hautpflege. Zudem können externe Calcineurininhibitoren eingesetzt werden, nicht aber UV-Bestrahlung oder Antihistaminika.
Natürlich darf auch das Thema der Psoriasis dieses Jahr nicht fehlen. So kann man selten eine paradoxe Psoriasis beobachten, die entweder bei einer Therapie mit Anti TNF Biologika bei ca 5 % der Pat. auftreten kann aber auch bei Pat. die eine Therapie mit Anti IL 4/13 AK bekommen, in ca. 1 - 2 % der Fälle. Selten kann man auch ein paradoxes Ekzem bei Psoriasis Patienten beobachten, die mit Anti IL 17 oder 23 AK behandelt werden. Wichtiger ist aber die Bestätigung durch eine Studie, dass es kein erhöhtes Malignomrisiko durch IL 17 und 23 AK gibt. Das wurde zwar schon immer vermutet, jetzt aber auch nochmal in Studien nachgewiesen. Und das sowohl für die kurzzeitige als auch langfristige Therapie. So hat man sogar gesehen, dass es für einige Malignome ein geringeres Risiko unter diesen Therapien gibt, im Vergleich zu Anti TNF AK. Auch ein Rezidivrisiko für Malignome unter diesen Therapien ist als sehr gering einzuschätzen.
Sie sind in der Dermatologie natürlich auch ein Dauerbrenner. Ein häufiges Problem, v. a. bei älteren Menschen ist die Inkontinenz assoziierte Dermatitis. Diese entsteht durch wiederholten und länger andauernden Kontakt der Haut mit Urin und/oder Stuhl. Dadurch kommt es zu Erythemen, Erosionen und Schmerzen. Diesem Thema wurde bisher nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, obgleich es ein größeres Problem für die Patienten darstellt. Wichtig ist hierbei eine Förderung der Kontinenz durch OPs oder Blasentraining, aber auch Hilfsmittel wie Vorlagen oder gar Fäkalkollektoren. Sehr wichtig ist auch der Hautschutz. Hierfür können Vaseline, Acrylate aber auch Dimeticon verwendet werden. Kurzzeitig können auch topische Steroide Anwendung finden. Generell für die Wundheilung gut, zumindest wurde das bei Mäusen nachgewiesen, ist der Verzehr von Olivenöl. Aber nur die langfristige Gabe zeigte sich vorteilhaft, in der Studie waren das drei Monate. Ob das auch beim Menschen förderlich ist, wurde für die Wundheilung noch nicht in Studien untersucht, schädlich wird es aber wohl ziemlich sicher nicht sein.
Apropos Wunden. Das Pyoderma gangraenosum ist weiterhin eine Herausforderung. Früher war dies immer eine Ausschlussdiagnose, davon kommt man nun zunehmend ab. Es gibt nun einen ziemlich zuverlässigen Score, um diese Diagnose sicherzustellen: der PARACELSUS Score. Für die Therapie sind weiterhin systemische Steroide ggf. in Kombination mit Ciclosporin das Mittel der Wahl. Wahrscheinlich werden wir aber in Zukunft mit Biologika und Small Molecules neue Therapieoptionen haben, bis dahin müssen wir uns aber leider noch etwas gedulden.
Ein anderer Ansatz um infizierte Wunden zu behandeln sind Bakteriophagen. Dies sind Viren die gezielt Bakterien zerstören. Leider sind diese in Deutschland derzeit nicht zugelassen, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern. Eine Studie mit 60 Patienten konnte zeigen, dass die Wunden von 93,3 % der damit behandelten Patienten im Median nach 39 Tagen steril und nach 90 Tagen vollständig abgeheilt waren, in der Placebo Gruppe lediglich knapp 17 %. Es bleibt also zu hoffen, dass diese gut verträgliche Therapie doch noch zu uns kommt.
Zu dieser häufigsten dermatologischen Erkrankungen überhaupt, wurde vor allem die Therapie mit Trifaroten, dem ersten Retinoid der 4. Generation welches gezielt und stabil an RAR-Gamma bindet, erwähnt. Es hat eine sehr geringe systemische Absorption auch bei großflächiger Applikation. Es bedarf also keiner Kontrazeption, dennoch sollte beim Bekanntwerden einer Schwangerschaft abgesetzt werden. Zudem kann es atrophe Narben reduzieren und es verursacht auch keine textilen Verfärbungen da es kein BPO enthält. Apropos Benzoylperoxid. Dies ging zuletzt kontrovers durch die amerikanische Presse. Man hatte nachgewiesen, dass bei der Erwärmung von BPO haltigen Externa kanzerogenes Benzol entstand. Und zwar abhängig von der Temperatur und der Dauer der Erhitzung um das bis zu 800fache. Letzteres aber bei einer konstant durchgehenden Temperatur von 70 Grad über ganze 18 Tage - also alles andere als eine Alltagssituation. Außer man legt es die ganze Zeit auf eine durchgehend laufende Heizung. Bei Temperaturen bis 25 Grad ist aber nicht davon auszugehen, dass es hierbei zu einem bedenklichen Gesundheitsrisiko kommt. Wer ganz auf Nummer sicher gehen möchte, kann seine Aknetherapeutika mit BPO aber auch im Kühlschrank aufbewahren. Vor allem sollte man sie aber nicht längere Zeit der Sonne oder anderen Wärmequellen aussetzen. Zudem sollte man die Präparate auch nicht länger als 3 Monate verwenden, danach ist eine neue Tube fällig.
Ein neuer Wirkstoff, zumindest für Frauen, und vor allem solche mit hormonell getriggerter Akne, ist Clascoteron. Dieser topische Androgen-Antagonist bindet kompetitiv an Androgen-Rezeptoren und blockiert dadurch die Bindung von Androgenen (DHT) sowie die darauffolgende Signalübertragung. Es wird weniger Sebum produziert und es werden weniger inflammatorische Zytokine sezerniert. Eine weitere Alternative für Frauen mit starker Akne, die kein Isotretinoin nehmen können oder wollen, ist Spironolacton.
Eine retrospektive Studie an knapp 400 Frauen über 21 Jahren, welche über mindestens 3 Monate mit 100 mg täglich damit behandelt wurden, davon 83 % als Monotherapie, führte bei ⅔ der Patientinnen zu einer 90 % Besserung der Akne, mit einem Maximum nach 5 Monaten. In 10 % der Fälle traten Nebenwirkungen wie menstruelle Unregelmäßigkeiten, Müdigkeit oder Benommenheit auf. Also eine interessante Therapie, aufgrund der hormonellen Komponente leider für Männer nicht so gut geeignet, das Risiko für eine Brustvergrößerung oder Potenzstörungen ist zu berücksichtigen. Ungünstigerweise handelt es sich aber hierbei um eine Offlabel Therapie, daher also nicht zu Lasten der Krankenkasse verschreibungsfähig. Ein erhöhtes Risiko für Karzinome oder eine Hyperkaliämie konnte nicht nachgewiesen werden.
Ein meist noch belastenderes Thema ist die Acne inversa. Diese ist auch mit unzähligen Komorbiditäten vergesellschaftet, so zum Beispiel mit Diabetes mellitus bzw. dem metabolischen Syndrom, PCO Syndrom aber auch psychiatrischen Erkrankungen etc. Auch ist tatsächlich die Lebenserwartung dieser Patienten deutlich reduziert und beträgt nur 60,5 Jahre in einer Studie aus diesem Jahr. Bei Pat. mit einer mittelschweren bis schweren Psoriasis im Vergleich liegt dieser Wert noch bei 71,1 Jahren. Für Patienten mit melanozytären Naevi, also sonst gesunden, liegt dieser Wert bei 75,2 Jahren. Also eine Differenz von 14,7 Jahren! Diese erhöhte Mortalität erklärt man sich durch die langjährige systemische Inflammation sowie die oben genannten Komorbiditäten. Führende Todesursachen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Malignome, so besteht hier für letztere ein bis zu 50 % erhöhtes Risiko. Daher ist eine suffiziente und konsequente Therapie dieser schweren Erkrankung sehr wichtig. Die neuen Leitlinien empfehlen bei einer milden Form eine topische Therapie mit Clindamycin. Ab der mittelschweren Form empfiehlt man nun Doxycyclin 2 x 100 mg pro Tag oder Biologika, allen voran IL-17 AK wie Bimekizumab oder auch Secukinumab aber auch den TNF AK Adalimumab. Eine Therapie mit systemischem Clindamycin und Rifampicin bekommt nur noch einen geringeren Empfehlungsgrad mit sollte anstatt soll. Generell soll eine Therapieevaluation nach 3 Monaten erfolgen. Wichtig ist auch die großzügige chirurgische Intervention von Fisteln und Vernarbungen, am besten ohne primären Wundverschluss.
Auch Malignome der Haut waren natürlich wieder ein wichtiges Thema dieses Jahr. So konnte man in einer Studie zeigen, dass das Risiko für nicht-keratinozytäre Hauttumoren nach einer Strahlentherapie bei Brustkrebspatientinnen erhöht ist, hier vor allem für Melanome und Hämangiosarkome. Daher ist bei diesen Patientinnen ein regelmäßiges Hautkrebsscreening besonders zu empfehlen. Generell liegt die berufsbedingte UV Exposition als beruflicher Risikofaktor auf Platz 3 nach Asbest und Quarzstaub. Geschätzte 1,6 Milliarden Menschen arbeiten zumindest teilweise im Freien und sind daher einem erhöhten Risiko dadurch ausgesetzt. Daher ist die Stärkung der Prävention und auch die Absenkung der UV Belastung am Arbeitsplatz sehr wichtig.
Lediglich für Menschen mit Hauttyp V und VI wurden, zumindest in Australien, die Empfehlungen zur Sonnenexposition revidiert. So wird nun keine routinemäßige Verwendung von Sonnenschutzmitteln mehr für diese Bevölkerungsgruppe empfohlen, sondern nur noch ein Augenschutz mittels Sonnenbrille. Hintergrund ist vor allem auch das hohe Risiko eines Vitamin-D-Mangels in dieser Gruppe, da diese eine 2,5-fach höhere UV-Dosis als helle Hauttypen benötigt um die gleiche Menge an Vitamin D zu produzieren. Auch geistern weiterhin zum Teil haltlose Mythen zu UV Filtern vor allem durch das Internet. So würden diese das Hormonsystem stören und gar erst Hautkrebs auslösen. Fakt ist aber, dass die verwendeten Mengen unter den Schwellenwerten für hormonelle Störungen liegen und Studien auf Grund der minimalen systemischen Absorption kein Risiko für den Menschen nachweisen konnten. Auch das Argument durch die Sonnenschutzmittel würde ein Vitamin-D-Mangel ausgelöst werden, ist nicht valide. Bei regelmäßiger Anwendung gelangen noch genügend UVB Strahlen auf die Haut um Vitamin D zu synthetisieren.
Im Bereich der Melanome wurde nun nochmal etwas nicht ganz überraschendes mittels einer Studie untermauert: Rauchen ist ungesund. Und zwar auch beim Melanom, denn es verschlechtert die Prognose. So konnte in einer Multivarianzanalyse nachgewiesen werden, dass aktives Rauchen die Wahrscheinlichkeit an einem diagnostizierten Melanom zu versterben um 48 % erhöht, bei Patienten die mehr als 20 Zigaretten pro Tag rauchen sogar um 206 %! Die Nachbeobachtungszeit lag hier immerhin bei 110 Monaten. Ehemalige Raucher haben eine bessere Prognose, aber kommen nicht auf die Werte von Nichtrauchern.
Ein neues Tool zur Diagnose des Melanoms für den Heimgebrauch wurde in den USA vorgestellt. Ein RNA Pflastertest. Hierbei kleben die Patienten auf die verdächtige Läsion ein Pflaster, welches sie dann wieder abziehen und in ein Labor einschicken. Dort wird es dann untersucht. In Studien konnte gezeigt werden, dass Melanome in 100 % der Fälle richtig erkannt wurden. Bis jetzt sind diese Tests nur sehr schwierig zu beziehen und es stellen sich viele Fragen zur praktischen Anwendung. Aber es könnte eine spannende Zukunft haben!
Bei der inoperablen Lentigo maligna bzw. dem Ablehnen einer operativen Sanierung seitens des Patienten, gab es eine Studie welche Radiatio über 4 Wochen mit topischem Imiquimod über 12 Wochen verglich. Bei der bioptischen Kontrolle nach 6 Monaten gab es in beiden Gruppen eine Remission von 95 % zu verzeichnen. Die Rezidivrate nach 27 Monaten lag gar in der Imiquimod Gruppe mit 10,5 % unter der Radiatio Gruppe mit 24 %. Dennoch ist auch hier zu berücksichtigen, dass es sich um eine Offlabel-Therapie handelt.
Eine erste randomisierte Pilot-Studie zu personalisierten Vakzinen in der Melanomtherapie erstaunt die onkologische Fachwelt. Gerade die Kombination eines solchen Mittels mit der Goldstandardtherapie Pembrolizumab zeigte beeindruckende Ergebnisse. Auch die Verträglichkeit war gut und es gab keine Therapieabbrüche.
Offen bleibt aber die Preisfrage nach einer hoffentlichen Zulassung. Auf jeden Fall eine sehr spannende und freudig erwartete Therapieoption.
Einen anderen Ansatz verfolgt der Wirkstoff Daromun. Dieser wird direkt in die maligne Läsion, sei es ein Melanom oder auch ein nicht melanozytärer Hautkrebs, injiziert. Hierbei wurden sehr gute Ergebnisse erzielt. Es wird vermutet, dass dieser Wirkstoff wohl schon Mitte 2025 zugelassen wird in Europa. In anderen Ländern gibt es jetzt bereits schon eine offizielle Kostenerstattung aufgrund der exzellenten Ergebnisse, nicht aber in Deutschland.
Ein bisher nicht wirklich untersuchtes Problem bei Krebspatienten ist der Suizid. Nun gab es hierzu in den USA eine Kohorten-Studie. Es wurde bei insgesamt 4,87 Millionen Krebspatienten die Suizidrate erhoben. So hat man gesehen, dass es in der Gesamtbevölkerung seit 2000 signifikant mehr Suizide gibt (1,7 % pro Jahr) also eine stetige Zunahme. Invers verhielt sich dies jedoch bei onkologischen Patienten. Seit 1989 sank die Rate (-15,8 % bis -37,2 % in den untersuchten Zeitperioden). In dieser Gruppe sind es am häufigsten Männer mit 81,7 %, Kaukasier mit 92,8 % und 72,5 % im Alter von 50 - 79 Jahren. Wenn man sich jedoch speziell die Melanom Patienten anschaut, so lag der Wert bei 0,18 % der Patienten, die sich suizidierten. Bei NMSC Patienten lag der Wert jedoch bei 0,9 %.
Zur unterstützenden Maßnahme bei Krebspatienten wurde untersucht, ob eine mediterrane Diät einen positiven Effekt hat. Es wurde über 13 Jahre nachbeobachtet und es zeigte sich, dass Patienten mit einer mediterranen Diät im Vergleich zu Patienten mit einer ungesunden Ernährung ein um ein 32 % geringeres Sterberisiko für Krebs und ein 60 % geringeres Risiko für den kardiovaskulären Tod haben.
Dabei wurde vor allem betont, wie wichtig die richtige und rechtzeitige Diagnose und Therapie der neonatalen Herpes simplex Infektion ist. Vor allem auch die Primärprävention wurde hervorgehoben, indem man bei einer HSV-Infektion eines Erwachsenen im Umfeld von Schwangeren kurz vor der Geburt bzw. v. a. in den ersten 6 Lebenswochen des Säuglings eine gute Handhygiene betreibt, orolabiale Läsionen abdeckt und ggf. auch eine Einwegmaske trägt und auch Küssen und Schmusen zu dieser Zeit bei florider Infektion vermeidet.
Ein anderer Virus, welcher sich zunehmend ausbreitet, ist der West-Nil-Virus. Dieser wird hauptsächlich durch Mücken übertragen. Jedoch sind 80 % der humanen Infektionen symptomlos, bei den anderen 20 % verläuft die Infektion mit Fieber, Kopf-, Glieder- und Gelenksschmerzen sowie gastrointestinalen Beschwerden. In einem Prozent der Fälle kommt es jedoch zu schweren Verläufen unter Beteiligung des ZNS was dann auch in 10% zum Tode führt. Nur in ca. 25 - 50 % der Fälle sieht man ein relativ unspezifisches Exanthem. Dies geht dann aber zumindest mit einer besseren Prognose einher. Die definitive Diagnose kann aber nur serologisch und mittels PCR erfolgen.
Leider waren auch die Mpox Infektionen wieder ein Thema. Hier hat sich nun eine neue Klade ausgebreitet, die mit einer höheren Sterblichkeitsrate einhergeht. Die Klade I/IIa verläuft auch deutlich ausgeprägter mit hunderten bis tausenden Hautläsionen und tritt nun vor allem auch bei Kindern und jungen Erwachsenen auf, vor allem in Afrika. Es gibt zwar eine Impfung, jedoch ist diese nicht in ausreichendem Maße verfügbar.
Eine Neuerung gab es in der neuen S3 Leitlinie Urethritis. So wird zur Behandlung der Gonorrhö nun nur noch Ceftriaxon i.v. oder i.m. 1 - 2 g empfohlen. Azithromycin wurde aufgrund der zunehmenden Resistenzen aus der Empfehlung genommen. Dafür wird jetzt auf Grund der so häufigen Koinfektionen mit anderen STIs Doxycyclin als Ergänzung 2 x 100 mg/Tag für eine Woche empfohlen.