„Kannst Du noch mal dieses brunftige Röhren erklingen lassen?“, fragt mich meine 91jährige Beifahrerin und bekommt richtig rote Bäckchen vor lauter Begeisterung. Kann ich natürlich, ist ja nur ein Knopfdruck. Ob die mit uns im Stau stehenden den „Brunftruf“ unseres Porsche Boxster S allerdings auch so toll finden, wage ich gelinde zu bezweifeln. Als es endlich wieder ein paar hundert Meter weiter voran geht, ertönt es satt dumpf aus den Auspuffrohren unseres knallroten Rennschlittens – zugegeben, es hört sich wirklich ein bisschen wie der Brunftruf eines kapitalen 16-Enders an. Meine Mitfahrerin ist jedenfalls von diesem Cabrio hell begeistert und nicht mal der tiefe Einstieg (da gibt es weit Jüngere, die damit kämpfen) kann sie davon abhalten, möglichst oft mit mir den flotten Flitzer zu testen. Ganz nebenbei erfahre ich so auch noch, wie man früher, also sehr viel früher, irgend wann in den späten 30er Jahren, so einem Cabrio damenhaft entstieg: „Du musst beide Beine nach außen schwingen und reichst dem Herren dann beide Hände und hebst dabei leicht den Popo an. Es geht dann kinderleicht“. Ich will es ja gerne glauben und falls sich nochmal ein jüngerer Herr ohne Bandscheiben- oder sonstige Vorfälle als Ausstiegshilfe andient, werde ich diese Variante gerne ausprobieren. Ohne Beistand sollte man das Ein- und vor allem das Aussteigen aus einem fast am Boden aufsitzenden Cabrio mal still und möglichst unbeobachtet üben. Es erspart einem so manche Peinlichkeit.
Es mag ja sein, dass man Autos, wie unseren nicht gerade unscheinbaren fahrbaren Untersatz aus Zuffenhausen nicht unbedingt wirklich braucht – aber jede Menge Freude bereiten sie einem trotzdem. Noch nie konnte ich den Kesselberg zwischen Kochel- und Walchensee mit so viel Genuss befahren wie mit diesem Boxster S. Dieses Fahrvergnügen auf kurvenreicher Straße lässt sich vermutlich nur noch durch eine Harley überbieten – wenn überhaupt. Und selbstverständlich bedarf es dazu auch der Klangkulisse aus den Auspuffrohren, wozu hat man sie schließlich? Umfragen beweisen, dass tatsächlich der sogenannte Sound-Aktor ein wichtiges Kaufargument darstellt. In einer Zeit, in der sich Autos mehr oder weniger gleichen und die Unterschiede nicht wirklich sofort erkennbar sind, ist er es eben, der einen hervorhebt, aus der großen Herde. Und wer nun meint, dieses Auto wäre nur was für die Jugend, oder zumindest jene, die nie altern, irrt ebenfalls gewaltig. Ein beträchtlicher Prozentsatz der Kunden hat das Spielzeugalter längst hinter sich gelassen – man spielt allerhöchstens wieder mit den Enkeln, oder halt mit seinem Boxster S. So groß ist der Unterschied ja dann auch gar nicht. Allerdings: Notsitze für die Enkel gibt es beim Boxster S nicht – der Mittelmotorliegt direkt hinter Fahrer und Beifahrer!
Alles an diesem Auto, welches von der 911er fahrenden Männerwelt gerne als „Hausfrauen-Porsche“ belächelt wird, ist griffig und sitzt, auch für kleine Frauen, gut erreichbar am richtigen Platz. Und auch am spazierstockartigen Knauf des Schalthebels gibt es nichts auszusetzen. Die Gänge flutschen per Fingerdruck butterleicht ineinander über, das schnelle hoch oder herunter Schalten ist Vergnügen pur. Sensationell das schnell öffnende und auch wieder schließende Stoffdach und die wirklich rückenfreundlichen Sitze! Nachteil: Alles, was an diesem Boxster S im Innenraum wirklich Freude bereitet, ist fast immer nur gegen Aufpreis erhältlich. Und so erhöht sich der Kaufpreis leicht mal und mehrere tausend Euro – schon das Navi schlägt mit satten € 3150,– zu Buche und das Sport Chrono Paket mit der geliebten Sport Plus-Taste kostet nochmal einen € 1600,– extra. Gerne zukaufen würde hingegen manche Frau eine Rückfahrkamera – der rollende Liebhaber ist ja nach hinten nicht gerade übersichtlich – aber diese kleine technische Spielerei gibt es nicht um viel Geld und noch mehr guten Willen. Haben die Herren in Zuffenhausen noch nie daran gedacht, dass Frau (klein) durch Rückscheibe hinten (auch klein) nichts, aber schon gar nichts sehen kann? Also, vielleicht erbarmt sich ja mal einer der Ausstatter und gönnt uns Frauen diese Kleinigkeit gegen Aufpreis (sicher dann nicht klein!).
Was sollte man sonst noch wissen? Der rund 270 km/h schnelle 315 PS (232 KW) starke Sechszylinder mit Mittelmotor ist ab € 59.000.– erhältlich. Wer allerdings auf einige Extras nicht verzichten will, ist rasch bei guten € 70.000.— und mehr. Sollte man evtl. vorher bedenken. Alles in allem ist der Boxster S ein smarter Rennwagen, der vor allem auch der nicht mehr ganz jungen Generation, ob seiner leichten Bedienbarkeit viel Fahrfreude bereitet und sich vor allem für Best Agers als sommerlicher Zweitwagen hervorragend anbietet. Seinen durchaus hohen Kaufpreis ist er allemal wert und wir meinen, er kann locker mithalten, mit dem großen 911er-Bruder. Kleine Schwestern sollte man nie unterschätzen!
Weitere Informationen findet man unter: www.porsche.com