Zugegeben, ich weiß nicht, ob die Herren bei Porsche den Alligator-Abkömmling oder die karibische Inselgruppe im Kopf hatten – bei der Namensfindung. Vermutlich wohl beides. Denn an die bereits im Paläozän (das ist so ziemlich der Beginn der Erdgeschichte) vorkommende Echse erinnert sein später Nachfahre, zumindest wenn man ihn von oben betrachtet. Besitzt doch auch er, neben einem imposanten Kopf, hüftausladende Vorderbeine und einen schlanken Rücken. Und erst sein Biss – also ich bin mir sicher, es war die Echse und nicht die Inselgruppe.
Farblich passt zumindest mein Nachkomme perfekt zu den Namensgebern – schoko, nein nougatmetallicbraun glänzt er im späten Nachmittagslicht am Parkplatz der Firma Porsche in Zuffenhausen. Fehlt nur, dass er seine Beinchen ausstreckt und sich am Bauch kraulen lässt. Na ja, sie lesen es ja bereits – hier schreibt kein Mann, sondern eine Frau über ein Auto, welches weder ihrem Alter noch ihrem Geschlecht entspricht. Aber, verehrte Herren, auch Frauen können mittlerweile Auto fahren und auch wenn die erste Formel-Eins-Pilotin (ich stehe gerne in der höheren Seniorenklasse zur Verfügung) noch auf sich warten lässt: Fahrspaß ist geschlechterlos. Punkt!
Nicht nur mein Kopf, auch mein Herz scheint benebelt von diesem Schoko-Törtchen, welches im kalten Winterlicht nur darauf wartet, von mir vernascht zu werden. Die Lustgeschosse aus dem Schwabenland sind, es ist ja nicht der erste den ich fahre, zumindest in der Handhabung alle ähnlich. Schlüssel links und nicht rechts, Sound- und Sportzuschaltungen in der Mittelkonsole, dito die Heckflügelklappen. Koffer- oder sonstiger Stauraum (vom Panamera oder Cayenne jetzt mal abgesehen) vergessbar. Übergewichtige oder gänzlich unsportliche Zeitgenossen sollten erst gar nicht überlegen so ein Paradepferdchen zu besteigen – sie kommen entweder gar nicht erst rein oder nie wieder heraus – und das Herausschneiden durch die Feuerwehr – nein lassen wir das einfach.
Mein Cayman S (das Auto gehört zumindest für den Zeitraum von einer Woche jetzt mir) bietet allerdings eine Variante, die ich bislang noch nicht kannte. Schon der Blick des jungen Porsche-Mitarbeiters hätte mich stutzig machen müssen – aber wenn Frauen erst mal bei Tiffany in die Auslage sehen, blendet sich alles andere einfach aus – so auch hier. Ich lasse mir die Türe öffnen (ja, es gibt sie noch die Kavaliere) und falle - ins Bodenlose und das auch noch ziemlich hart. Der entsetzte Blick des jungen Mannes wird mir lange im Gedächtnis bleiben und auch seine Frage: Wie groß sind sie denn? Na ja, knapp einssechzig halt, vielleicht auch schon ein zwei Zentimeter weniger, wer will das schon genau wissen… ? Mein Schokoprinz verfügt nämlich über Schalen-Sportsitze (Aufpreis so um die 4.000 Euro) und die, das kann ich definitiv bestätigen, sind bestimmt nicht für Frauen meiner Größe entworfen worden. Hochpumpen – vergessen sie es, nach vorne rutschen, geht gerade mal so, Sicht mit heruntergezogenem Lenkrad, na ja – auf Radarbildern dürften kaum mehr als ein paar Haare mit Augen erkennbar sein - ist ja auch nicht so schlecht… Pedale immerhin erreichbar und da Automatik ja auch nicht so oft erforderlich (bremsen will man ja eigentlich mit diesem Fahrzeug gar nicht, oder?). Die Frage, ob es denn geht mit dem Sitz und der Sicht ignoriere ich geflissentlich. Schließlich wäre ich keine Frau, wüsste ich mir nicht zu helfen.
Ich starte los, das wunderbare Navi leitet mich wie auf sanften Schienen durch die Stuttgarter Industriegebiete zur Autobahn und zum nächsten Baumarkt. Dort wird ein hartes Stuhlkissen (ja, die gibt es auch in Baumärkten) erworben und schon ist das Problem Schalensitz ein für allemal gelöst. Der Sprinterfahrer neben mir am Parkplatz lässt fast seine Brotzeit fallen, als er sieht, was ich da aus der Tüte packe und auf den Schalensitz drapiere… Ich lächle und winke (ältere Frauen dürfen das), schwinge mich auf meinen gleich viel komfortableren und vor allem höheren Schalensitz (hurra ich sehe was da vorne ist) und brause los.
Schon der Sound treibt meinen Blutdruck auf Spitzenwerte und die Schaltung in Sport Plus sorgt bei schnell erreichten 220 km/h zur Aufhebung meiner sämtlichen Fliehkräfte. Welch ein Spaß und ein danke den Ausbauern der A8 kurz hinter der Stuttgarter Messe samt ihrem kreuzendem Messe-Lindwurm. Den Aichelberg hinauf, ich fühle mich wie der Erlkönig der reitet so geschwind auf dem himmlischen Kind… Sie merken schon, dieses Auto macht aus durchaus ernsthaften Menschen wieder Kindsköpfe – mit einfach Spass am Fahren, am Leben, ach, was sag ich denn, an allem…. Himmlisch erst die Fahrten durch die Tiroler Bergwelt – auch wenn man mir trotz mehrfacher Bitten das Timmelsjoch nicht aufsperren wollte –, hervorragend die Lage im matschigen Schnee oder auf überfrorener Straße. Man spielt mit dem Gaspedal wie auf dem Klavier und dies ganz ohne einen Misston zu erzeugen. Als der Spaß nach einer Woche vorbei ist, blutet mir schier das Herz – da geht er hin, mein nougatfarbener Traum! Ich habe übrigens beschlossen jetzt doch öfter Lotto zu spielen…