Jedes Jahr unmittelbar nach Ostern führt mich mein Weg nach Mannheim zu einem Kongress. Kein Problem also, wenn das Testauto in Rüsselsheim abzuholen ist. Mit der Bahn ist man schnell dort und wartet am Tor 55 des riesigen Opel-Werkes auf sein Fahrzeug. Übergabe, Führerschein-Vorzeigung und Schlüssel Entgegennahme sind ein relativ schnell abgewickelter Prozess. In aller Regel braucht es dann eine Weile, ehe man sich mit dem Auto vertraut gemacht hat. Gangschaltung oder Automatik, wo ist was, alles Dinge, die man im Laufe der Jahre verinnerlichte. Und eigentlich sind die meisten Autos heute sehr ähnlich in ihrer Handhabung. Kleine Unterschiede hat man schnell entdeckt und dann kann es auch schon los gehen. Doch diesmal schaute mich der Portier von Tor 55 fragend an: „Sie wissen schon, dass Sie ein Auto mit Erdgas bekommen? Haben Sie schon mal ein solches gefahren“. Die Frage konnte ich nur verneinen und ganz ehrlich, ich wusste auch nicht, dass der Astra ein Erdgasauto ist. Das CNG in der Bestätigungsmail hatte ich übersehen oder einfach nicht als etwas Besonderes wahrgenommen. Ich fiel aus allen Wolken. „Ja und wie fährt man damit?“ Mein Blick musste schiere Verzweiflung ausgedrückt haben, denn ein junger Mann, der zwischenzeitlich mit mir wartete, meinte: „Fährt sich wie jedes andere Auto auch, überhaupt kein Problem. Lediglich mit dem Betanken muss man sich auskennen und darauf achten, dass man rechtzeitig tankt. Aber notfalls haben Sie ja auch noch einen Benzinmotor mit dabei, also kein Grund zur Panik…“. Aha, fährt wie jedes andere, aber mit dem Tanken ist es wohl etwas anders, ratterte es durch meine grauen Zellen. Vermutlich ist es dem Frauenbonus zuzuschreiben, dass mein Gegenüber sich erbot, mir das Auto zu erklären. Er hätte gerade etwas Zeit und irgendwie schien er der Meinung, es wäre für das Auto wesentlich besser, wenn man es mir nicht unerklärt überlassen würde. Gott sei Dank!
Nach einer guten Stunde wusste ich, das Auto fährt tatsächlich wie jedes andere Auto – nur die Tankbefüllung bedarf einer gewissen Logistik. Denn Gas ist ja nicht gleich Gas – zumindest nicht bei den Autos. Aber wofür gibt es heute Smartphones und Apps, die selbst die immer noch relativ raren Erdgas-(CNG-)Tankstellen in Deutschland auflisten. Vorab musste ich ja nur nach Mannheim zurück. Das sollte kein Problem sein, aber bereits die Fahrt von Mannheim nach München bzw. Weilheim bedurfte einer Suche auf der App, zeigte mich doch die Anzeige im Display, dass die Reichweite der Gasbefüllung noch 345 km und die der Benzinmenge 125 km reichen wird. Also im Grunde genommen sollte ich mit beiden ja sogar nach Hause kommen – aber schon der Gedanke, irgend wo abends oder gar nachts auf der Strecke liegen bleiben zu bleiben, trieb mir die Schweißperlen auf die Stirn.
Opel bietet eine ganze Palette von gasbetriebenen Modellen an. Die meisten, wie der Mokka und der Corsa fahren jedoch mit flüssigem Autogas, auch LPG (Liquified Petroleum Gas) genannt. Mein Astra hingegen will das komprimierte Erdgas, gemeinhin als CNG (Compressed Natural Gas) bezeichnet. (Ich habe die Unterschiede zwischen den beiden Kraftstoffen gegoogelt – verstanden habe ich es trotzdem nicht. Wer sich hier also unbedingt schlau machen möchte, frage am besten Dr. Google!)
CNG also, na ja, wird es ja wohl geben, wenn Opel ein Auto damit ausstattet. Noch dazu ein so beliebtes Modell wie den Astra, sozusagen der Selbstläufer der Rüsselsheimer Modell-Familie. Leider musste ich ziemlich schnell erkennen, LPG gibt es an vielen (auch Autobahn-) Tankstellen. CNG hingegen, ja da sollte ja die App helfen. Aber nicht alles was digital verfügbar scheint, ist es in der Realität auch. Den ersten Tankstopp wollte ich in der Gegend nach Stuttgart einlegen, also in etwa bei der Hälfte der zu fahrenden Strecke. Die erste Tankstelle gab es gar nicht mehr, die zweite hatte CNG nicht mehr und erst die dritte brachte die Erlösung in Form einer CNG-Zapfstelle. Doch wie betankt man nun so ein Auto. Ganz normal, Rüssel in den Tank, drücken und befüllen? Jein, ist die Antwort.
Seit ich ein Erdgas-Auto fahren durfte, bringe ich unseren Mitbürger mit Migrationshintergrund vor allem Respekt entgegen. Denn Ali aus der Türkei und Zoran aus dem Kosovo waren es, die mir halfen, mir mit viel Geduld und ihrer Zeit alles erklärten und mir sogar auch noch bei der Karten-Zahlung über den Automat beistanden. Ganz ohne ätzende Hinweise, man sollte halt wissen wie es geht, wenn man schon so ein Auto fährt oder den doofen Bemerkungen Frauen sollten besser zuhause bleiben…. Das alles hörte ich in 14 Tagen nicht nur einmal von deutschen Männern. Und keiner von denen hatte auch nur zwei Minuten Zeit. Ja liebe Machos aus DUL, schneidet Euch mal ein Stück ab von Euren ausländischen Mitbürgern, die da als Müllfahrer, Paket-Boten, Bus-Chauffeuren oder was auch immer unterwegs sind…
Und die Erklärung, warum dies so ist gleich nachstehend: Erdgas-Tankstellen befinden sich nicht nur gerne in der Nähe von (oder unmittelbar vor) Betriebshöfen (städtische Fahrzeuge fahren vielfach mit CNG), sondern sind oft auch nur per Automat zu bedienen. Leider gibt es aber nicht ein gängiges Tanksystem, sondern wohl mehrere. Jedes ist ein wenig anders und als Laie steht man erst mal ratlos vor der Zapfsäule und studiert die (allerdings immer vorhandene) Betriebsanleitung. Und relativ oft muss man, um das Auto betanken zu können, erst die entsprechende Bank- oder Kreditkarte einführen, um das System überhaupt zu aktivieren. Liest sich einfach, ist es aber leider nicht (immer).
Da man Testautos ja auch entsprechend viel fahren sollte, hatte ich für die Zeit einen mehrtägigen Ausflug nach Südtirol geplant. Die Reise über das Timmelsjoch mit seinen unzähligen Haarnadelkurven fiel leider in den reichlich vorhandenen Schnee, aber jene Passstrecken, die offen waren, machten einfach dank der 110 PS (81 kW) nur Spaß mit dem Astra 1,4 Ecotec und dem butterweich schaltbaren 6-Gang-Getriebe (€ 27.025.—Basispreis). Auf der gesamten Reise bewährte sich die Erdgas-App, die auch Tankstellen in Österreich und Italien ohne größere Probleme anzeigt. Während man in Tirol buchstäblich in jedem Dorf eine Erdgas-Tankstelle finden kann, wird es in Südtirol damit schon schwieriger. Man sollte also ein wenig Zeit für die Logistik aufwänden, dann erspart man sich Stresssituationen. Denn schnell mussten wir feststellen, nicht jede eingezeichnete Tankstelle hatte auch Erdgas parat (LPG hingegen fast jede). So weist Bozen lt. App mindestens 3 Erdgas-Tankstellen aus, wir fanden aber nach langem Weitergeschickt-Werden nur eine, im Industriegebiete nahe an der Autobahn-Auffahrt Bozen-Süd. Die funktionierte dafür perfekt und war auch die billigste von allen (der Preis wird nicht pro Liter, sondern pro kg errechnet und lag dort um € 0,80; unser Astra fasste rund 19 kg CNG + 14 l Benzin. Der Verbraucht liegt bei rund 4,5 kg pro 100 km). Überhaupt sind die Preise beim Tanken ein Highlight für die geschundene Benzinpreis-Seele.
Alles in allem kamen wir aber ohne große Probleme in zehn Tagen durch Südtirol. Man gewöhnt sich den Blick auf den Reichweiten-Anzeiger schnell an und wer nicht bis zum letzten Gramm ausreizt, der hat auch kein Problem. Außerdem, wenn es wirklich mal nicht mehr reicht, schaltet das System automatisch auf die Benzin-Zufuhr um. Und die reicht allemal für gute 100 km.
Serienmäßig verfügt der Astra über den Online-und Service-Assistent OnStar, der unterwegs nicht nur Parkhäuser, sondern auch den schnellen Notruf findet. WLAN Hotspot, Smartphone-App (checkt z.B. den Reifendruck) und Diebstahl-Notfallservice sind nur einige der vielen OnStar-Angebote. Ebenfalls serienmäßig sind die Front- und Rückfahrkamera inkl. Abstandsanzeige, Spur- und Verkehrsschildassistent und Kollisionswarner. Wer für seinen Rücken etwas tun möchte (und wer sollte das nicht), entscheidet sich beim Kauf für die AGR-zertifizierten Sitze für Fahrer und bitte auch Beifahrer (€ 685.–). Abgesehen von Leichtmetallrädern, Navi und dem Digital Audio System sowie einer Winter-Premium-Ausstattung ist (fast) alles im Preis inbegriffen. Da gibt es wirklich nichts zu meckern.
Adam Opel AG