Schon bald hinter der bulgarischen Hafenstadt Vidin beginnt sich die eintönige Landschaft zu verändern. Kleine Ortschaften am Fluss künden von Leben, Kühe und Schafe weiden auf den bis ans Ufer reichenden Wiesen, im Sommer kann man in den kleinen Buchten des Flusses zeltende Badegäste beobachten. Das bis hier her flache, fast nur von Buschwerk und Laubwäldern umsäumte Ufer, wird hügelig, der Laubwald weicht langsam den Nadelbäumen, weithin sichtbare Kirchtürme künden von bewohnten Orten.
Als absoluter Höhepunkt einer Donaureise gilt die Passage des Eisernen Tores. Durch den Staudammbau sowie dank der gigantischen Doppelschleusenanlagen von Derdap, die selbst hochseetüchtige Schiffe aufnehmen können, und nach Sprengung der gefährlichen Felsenriffe gezähmt, hat es seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts seinen Schrecken verloren.
Drobeta-Turnu-Severin ging in die Geschichte schon vor Jahrtausenden ein, denn hier ließ der römische Kaiser Trajan in dreijähriger Arbeit eine, nicht nur für die damalige Zeit, gigantische Brücke über die ungestüm dahin fließende Donau errichten. Etwas weiter Donau aufwärts kündet noch heute die Trajanstafel vom römischen Brückenbauer. Und es ist wohl kein Zufall, dass hier, in der Enge von Kazan, ziemlich genau gegen über der Trajanstafel, uns heute der grimmig blickende entgegenblickt. Das privat finanzierte Denkmal ist allerdings keine historische Sehenswürdigkeit, sondern wurde erst vor einige Jahren errichtet. Der Sage nach erlag Decebal hier mit seinen Truppen der römischen Übermacht und beging nach verlorener Schlacht Selbstmord.
Ende oder Anfang, je nachdem in welcher Richtung man das Eiserne Tor passiert, bildet die teilweise im hier aufgestauten Donauwasser versunkene Festung Golubac.
Belgrad, neben Wien, Bratislava und Budapest die vierte direkt am Fluss gelegene Hauptstadt, wird (wie auch Bratislava) nur auf der Strecke Passau-Schwarzes Meer als Stopp angeboten, auf der Bergfahrt hält das Schiff hingegen leider erst in Vukovar - einer Stadt, die 1990 durch die Kriegsgräuel des Yugoslawien-Krieges eine traurige Berühmtheit erlangte und deren Wunden noch heute überall sichtbar sind. Die wenigen Bewohnern die nach Vukovar zurückgekommen sind, leben heute streng getrennt nach ihren ethnischen Zugehörigkeiten.
Durch hunderte von Einschüssen gebrandmarkte fensterlose Ruinen künden noch heute von diesem Krieg. Die Beklemmung der zerstörten Stadt fällt erst ab, als wir das an der Drau gelegene , eine äußerst lebendige, sehr liebevoll restaurierte Stadt, in welcher der Hauch des Habsburger-Reiches noch durch die schmalen Gässchen weht, erreichen. Nein, es würde uns nicht wundern, böge um die nächste Ecke eine Militärkapelle mit einem feschen Rittmeister voran!
Nicht versäumen darf man den Ausflug in den Nationalpark Kopa?ki Rit. Dieser 17.000 ha umfassende Naturpark, einst das bevorzugte Jagdgebiet des legendären Prinz Eugen, der bei Petrovaradin (Peterwardein) Europa vor den Türken bewahrte, ist ein artenreiches Sumpf-Schwemmland, verbunden durch zahlreiche unterirdische Kanäle mit Donau und Drau. 270 Vogelarten hat man hier gezählt, über 100 davon brüten auch in diesem einzigartigen Marschland. Es steht seit 1967 unter Naturschutz und darf nur teilweise von Menschen betreten werden. Jäger und Fischer erhalten partiell Genehmigungen - die übrigens auch der begeisterte Jäger Marschall Tito gerne nutzte.
Bereits kurz nach Vukovar hat die Donau ihre bisherige Ost-West-Richtung aufgebeben, strebt nun bis Budapest von Süd nach Nord ihrem Ursprung entgegen. Bei Mohács erreicht der Fluß Ungarn, ein kurzer Stopp zwecks Grenzkontrolle (man betritt jetzt das so genannte Schengen-Gebiet) ist notwendig, doch dann geht es zügig weiter - der ungarischen Tiefebene entgegen. Puzta-Romantik pur bietet Kalocsa mit seinem Paprikamuseum und einigen bauhistorischen Sehenswürdigkeiten. Von hier geht es weiter in die Bakodpuszta, wo man wahre „Zigeunerbarone” mit ihrem ungestümen Temperament auf halsbrecherischen Pferderitten erlebt. Gemütlich und bei schönem Wetter durchaus romantisch ruckelt man am Ende dieses Ausflugs per Pferdekutsche dann zum Schiff zurück - so manchem der älteren Gäste wird die reizende Filmgeschichte der liebenswerten Piroschka dabei einfallen. Joi, joi - wer denkt nicht gern daran zurück! Wenn die stolze Primadonna abends in Budapest einläuft - vom Schiff aus sich einzigartig den Besuchern präsentierend, dann sind selbst weit gereiste Gäste erst einmal ganz still -vor so viel einzigartiger Kulisse!
Wenn an warmen Sommertagen sich langsam die Nacht über die Lieblingsstadt der ungarischen Königin Elisabeth senkt, wenn Kettenbrücke und Konsorten sich mit Lichterreigen schmücken, dann entfaltet die „Königin der Donau” ihren märchenhaften Glanz. Ganz still kann man ihn am Sonnendeck unterm Sternenhimmel genießen, mit einem guten Glas Wein den wispernden Wellen zu prostend, die sich traurige Geschichten über ihre unglückliche Königin erzählen. Oder abe, Sissi hin, Andrassy her, man stürzt sich in das pulsierende Nachtleben der Stadt, die Jahr für Jahr, mehr von ihrer Pracht preisgibt. War Budapest vor 20 Jahren noch eine verborgene Perle, so ist es heute ein strahlender Diamant in der Kette der Donaustädte - und je länger die Zeit voran eilt, je mehr Zeit Architekten, Stadtplaner und Privatbesitzer haben, alte Bausubstanzen auf Vordermann zu bringen, desto prachtvoller wird sie.
Die Stadt zu Füßen liegt einem, wenn man einen Ausflug zum Gellertberg und/oder zur Fischerbastei unternimmt - zu jeder Tageszeit ein eindrucksvolles Erlebnis, im Sommer jedoch mit Heerscharen von Touristen bevölkert. Würden die martialisch blickenden Gründer des Staates auf ihren feurigen Pferden am Heldenplatz-Denkmal dieser Invasion angesichtig, sie würden im Galopp die Flucht ergreifen. So aber starren sie aus toten Augen auf das Treiben rund um den Platz, lauschen den melancholischen Klängen eines alten Geigenspielers, der sich für ein paar Cent Trinkgeld mit einem „Küss die Hand gnädige Frau…” bedankt. Ja, die Donaumonarchie - seit fast hundert Jahren zu Grabe getragen und doch lebendiger denn je.
Am frühen Nachmittag heißt es schon wieder Leinen los und langsam schiebt sich unsere Primadonna vorbei an der ungarische Diva, winkend grüsst man das an Westminster erinnernde Parlament mit seiner beeindruckenden Kuppel, passiert Kirchen, Jugendstil- und Bauhaus-Schönheiten, modernste Industriegebäude und die an heißen Thermalquellen reiche Margaretheninsel.
Auf der Weiterfahrt nach Wien fällt kurz vor dem Donauknie vor allem der monumentale Dom von Esztergom auf. Er erdrückt die zu seinen Füßen sich ausbreitenden Kleinstadt schier, so als wolle er aller Welt die einstige Größe der Erzbischöfe von Gran noch heute verkünden. 300 Jahre lang war die Burg von Esztergom Sitz der ungarischen Könige, ehe diese Buda den Vorzug gaben.
Das 65 km lange Donauknie, sozusagen die Wachau Ungarns und der Slowakei wird von malerischen Bergketten begleitet. Längst hat sich über den Fluss wieder das weiche Licht des Abends gesenkt, Bratislava wird auf der Reise Donau aufwärts nicht angelaufen und in der Nacht passiert, nachdem sich der 17,40m breite und über 113 m lange Katamaran zuvor teilweise mit Millimeterabstand durch Schleusen gezwängt hat.
Als am nächsten Morgen ein strahlendblauer Himmel von einem weiteren heißen Sommertag kündet, bleibt nur noch wenig Zeit, um sich für Wien, dem einstigen Zentrum einer Weltmacht, heraus zu putzen. Küchen-Crew und Gäste feiern das Passieren der österreichischen Grenze mit einem rot-weiß-roten Spezialitäten-Snack auf dem Sonnendeck, bewacht mit Argusaugen von drei Besatzungsmitgliedern! - Denn hier, kurz vor dem Anlegen in Wien, passiert die Primadonna mehrere Brücken, allesamt so niedrig, dass man deren Bauteile vom Sonnendeck mit ausgestreckter Hand ergreifen könnte. Es heißt also: Kopf einziehen, will man nicht um diesen kürzer werden.