Christus sehe ich zum ersten Mal im Flieger nach Amman, der uns vom kalten Deutschland in moderaten vier Stunden in ein angenehm warmes Jordanien fliegt. Da ist Christus aber noch ein ganz unauffälliger junger Mann in Jeans und mit gepflegtem Pferdeschwanz. Als ich ihm das nächste Mal begegne, kurz nach der Landung, verlässt er gerade die Herrentoilette. Die Jeans sind einem wallenden cremefarbenen Baumwollgewand gewichen, die Haare breiten sich glänzend als Vorhang darüber. Nur der schwarze Marken-Trolley will so gar nicht ins Messiasbild passen. Er nimmt meinen erstaunten Blick wahr, lächelt mir freundlich zu, hebt segnend die Hand und entschwindet in der Menschenmenge. Während ich noch überlege, ob ich gerade die erste Fata Morgana erlebt habe, der jordanische Wein im Flieger vielleicht doch zu stark war, oder ich langsam aber sicher einer Bewusstseinstrübung entgegen schlitterte, saugt mich das babylonische Sprachengewirr der brodelnden Menschenmenge des Königin Alia Flughafens einfach auf. Kein Zweifel, ich bin angekommen – im anderen Heiligen Land und wahrhaft: Hier kann man der Bibel auf Schritt und Tritt begegnen!
Doch beginnen wir mit den leiblichen Genüssen und Verlockungen des Landes am Jordan. Vegetarier lieben diese Küche – denn ihre Auswahl an vegetarischen Gerichten ist riesig und fleischlos zu essen gar kein Problem. Kichererbsen und Linsen bilden die Basis unzähliger Gerichte, zu wahren Gourmet-Leckerbissen verfeinert werden die Speisen mit Löwenzahn, Petersilie und frischem Koriander. Überall sind raffinierte Mischungen aus frischen Kräutern und Gewürzen, aus Piment, Basilikum, Kardamom, Cayennepfeffer, Ingwer, Minze, Muskatnuss, Zimt, Koriander, Kreuzkümmel, Salbei und Thymian zu finden. Ein Muss sind nicht nur die zahlreichen Mezzeh (kleine warme und kalte Vorspeisen), sowie die vielen dazu gereichten Dipps, sondern auch Halwa, eine feste Paste aus Sesam, Honig und Nüssen. Alle Speisen kommen zusammen auf den Tisch, man dippt Ecken vom köstlich warmen Fladenbrot in Joghurt, Honig oder Marmelade und isst die Stücken in einem auf. Typisch ist auch das einstippen von Fladenbrotstückchen in Ölivenöl und Za’tar, eine traditionelle Gewürzmischung aus handgepflücktem wilden Thymian, gerösteten Sesamsamen, Sumach und Salz.
Obwohl nach so vielen köstlichen Vorspeisen meist schon satt, betrachten die Jordanier ein Essen ohne Fleisch als nicht als vollständig. Daher gibt es zur Hauptspeise eine Fleischplatte mit gegrilltem Hühnchen, Lamm- oder Hühnchen-Spießen (Lahem Mashwi, Shish Tawouk) oder Kebab (Backfleisch-Spieße mit Petersilie und Zwiebeln). Dazu wird Reis und Fladenbrot gereicht. Das aus der Beduinenküche stammende traditionelle Hauptgericht heißt Mansaf, und wird zu offiziellen Anlässen, großen Feste oder wichtigen Begebenheiten zubereitet und traditionell mit den Fingern gegessen – zugegebenermaßen nicht Jedermanns Sache!
Wie überall in der arabischen Welt sind Süßspeisen enorm wichtig. Hauptbestandteile der kleinen Köstlichkeiten sind eine Art Blätterteig, Pinienkerne, Datteln, Feigen, Mandeln oder Pistazien. Ingwer, Rosenwasser, Orangenblütenwasser und Zimt verfeinern die süßen Teilchen.
Starker, süßer schwarzer Tee, mit oder ohne Minze sowie türkischer Kaffee wird zu allen Tages- und Nachtzeiten getrunken. Wasser reicht man zu den Mahlzeiten, oft mit frisch gepresster Zitronenlimonade vermischt. Aber auch an alkoholischen Getränken fehlt es nicht: In Jordanien leben etwa sechs Prozent Christen und schon in biblischer Zeit wurde hier Wein angebaut. Heute wachsen Weinreben auf einer Fläche von etwa 13.000 Hektar im Jordantal sowie in der Gegend um Madaba. Hier sind die klimatischen Bedingungen und die Bodenzusammensetzung besonders vorteilhaft.
Nach dieser kleinen kulinarischen Einführung, dürfte man gestärkt sein für all die Sehenswürdigkeiten, die es zu bestaunen gilt.
Mit einem gängigen Vorurteil müssen wir gleich zu Beginn aufräumen: Jordanien und damit natürlich auch die Hauptstadt Amman sind weder gefährlicher noch sicherer als irgendein anderes Land dieser Erde. Das gern vorgetragene Argument, da könne man schon aus Sicherheitsgründen nicht dorthin reisen, darf getrost in den Papierkorb wandern. In welche Richtung die derzeit aufbrechenden arabischen Länder sich politisch wenden werden, muss die Zeit zeigen – Jordanien liebt seinen König, auch wenn das Volk mit der Regierung nicht immer einverstanden ist.
Das Königreich Jordanien, mindestens so berechtigt den Titel „Heiliges Land“ zu führen, wie der Nachbarstaat Israel, besitzt mit Amman, der „weißen Stadt„ ein pulsierendes Zentrum. Erbaut auf neunzehn Hügeln, gekrönt von einer römischen Zitadelle und bereits seit der Eisenzeit bewohnt von quirligen Einwohnern, die mit Stolz auf Ihre Stadt und ihren Staat blicken. Die von den Ammonitern Rabbat-Ammon genannte Stadt wurden nach der Eroberung durch Alexander den Großen in Philadelphia, die Stadt der geschwisterlichen Liebe, umbenannt. Unten, am Fuß Zitadelle liegt das 6.000 Sitzplätze zählende Römische Theater, welches noch heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird.
Mit seiner Vielzahl an hervorragenden Hotels, köstlich-aromatischer Küche und zahllosen Sehenswürdigkeiten, bietet die Stadt eine Mischung zwischen Inspiration, Erholung oder Abenteuer. Enttäuschend der vielfach gepriesene Gold- Souk, pittoresk und „schnuppernd“ zu erkunden, der Gewürz- und Gemüse-Souk. Ohrenbetäubend der Geräuschpegel in den engen Markt-Gassen, steil und bizarr die unendlichen Treppen, die hinauf und hinunter in die verwinkelte Altstadt von Amman führen. Gutes Schuhwerk ist für eine Erkundungstour dringend anzuraten, denn nicht nur hervorstehende Pflastersteine, ausgetretene Stufen oder der überall herumliegende Unrat, lässt einen schnell mal ins Straucheln geraten.
Doch Amman ist nur Beginn und Ende einer Reise durch Jordanien – von der Größe her ein ideales Entdeckerland – denn keines seiner Ausflugsziele ist weiter als eine Tagesetappe von der Hauptstadt entfernt. Kleine Dörfer mit freundlichen Restaurants am Straßenrand, Naturreservate mit hippen Outdoor-Camps samt offenen Feuerstellen, Luxusresorts mit warmen Quellen und fernöstlichen Massagetechniken, jede Menge biblischer Stätten – und natürlich Petra, Stadt der Nabatäer, die man einfach gesehen haben muss.
Jerash, im Norden Ammans gelegen, gilt als eine der besterhaltenen antiken römischen Städte und ist eine wahre Fundgrube für jeden Fan des Römischen Weltreiches. Mit nur ein wenig Fantasie kann man sich das Leben vor und nach Christi Geburt hier gut vorstellen, sieht man doch sogar noch die Rillen der Pferdewagen auf der mit riesigen Steinquadern gepflasterten Kolonnadenstraßen. Forum, Hippodrom, Bäder, Brunnen, Theater und Tempel für Zeus und Artemis wurden angelegt. Zu Ehren von Kaiser Hadrian wurde ein reich geschmückter 21 Meter hoher Stadtbogen errichtet. Die 245 Meter lange und 52 Meter breite Arena fasste bis zu 15.000 Zuschauer für Wagenrennen und natürlich die beliebten Gladiatorenkämpfe. Und selbstverständlich gab es in der Stadt ein funktionierendes unterirdisches Abwassersystem.
Lange vor der Zeit als Johannes der Täufer in Bethanien lebte und dort auch Jesus Christus taufte, erblickte Moses vom Berg Nebo das gelobte Land Kanaan. Hier soll er auch begraben sein. Einst Wallfahrtsort früher Christen, gilt der Berg Nebo als die heiligste Stätte der Verehrung in ganz Jordanien. Die erste Kirche des Berges Nebo wurde im späten vierten Jahrhundert erbaut.
Und wer begegnet mir am Aussichtspunkt am Berg Nebo? Natürlich: Das Jesus-Double aus dem Flugzeug. Er sieht sinnentrückt in die Ferne, dorthin, wo man Jerusalem im Dunst mehr erahnen als erkennen kann. Es würde mich nicht wundern, wenn demnächst das umstehende Gestrüpp in Flammen aufginge – so wie einst der Dornbusch. Diesmal zeigt er kein Erkennen, sein Blick ist in eine andere Welt gerichtet – und in mir steigt die Erinnerung an das Phänomen “Christus-Syndrom” auf – welches sich an vielen biblischen Orten beobachten läßt. Mal sehen, ob ich ihm nochmal begegne – meinem irdischen Gottessohn.
Nur einen Katzensprung von der Wallfahrtsstätte entfernt liegt die antike Stadt Madaba, die „Stadt der Mosaike“. Ihre Hauptattraktion, die älteste Mosaiklandkarte des Heiligen Landes aus dem sechsten Jahrhundert, befindet sich in der zeitgenössischen griechisch-orthodoxen Kirche St. Georg. Die Mosaikfläche mit ihren zwei Millionen farbigen Steinen zeigt Jerusalem, das Tote Meer und andere heilige Stätten. Die ursprüngliche Größe des einzigartigen Mosaiks betrug 25 x 5 Metern und ist heute noch größtenteils erhalten. Die Karte bildet Hügel und Täler, Dörfer und Städte bis hin zum weit entfernt liegenden Nildelta ab. Madabas Mosaikschule war und ist weltweit berühmt und so finden sich viele weitere Mosaike aus dem fünften bis siebten Jahrhundert in den Kirchen und Gebäuden der christlichen Stadt.
Wen all diese Historie nur am Rande interessiert, der kann in Jordanien auch wunderbar Aktivurlaub machen. Denn mit seinen beeindruckenden Landschaften und dank dem gemäßigten Klima empfiehlt sich das Land allen Naturliebhabern. Nordwestlich von Amman liegt das Ajloun Forest Reserve , ein 13 Quadratkilometer großes Naturschutzgebiet, das mit seinem Baumbestand aus Pinien, Eichen und Pistazienbäumen einen fast mediterranem Charakter hat: Wildschweine, Füchse und Hyänen leben in den Wäldern, im Frühling verwandelt sich die Landschaft in ein Meer aus Zistrosen und nur hier wächst die schwarze Lilie, Jordaniens Nationalblume. Geführte Touren zu Erkundung des Gebiets, wie der sieben Kilometer lange Soap Maker’s Trail werden angeboten. Ein Outdoorfeeling vermittelnde Übernachtungsmöglichkeiten gibt es in Zelthütten bzw. Bungalows in der Nähe des Besucherzentrums der Ajloun Forest Lodge.
Eine Jordanienreise ohne den Besuch von Petra, wäre in etwas gleichzusetzen mit einer Reise nach Rom, ohne den Vatikan zu sehen! Die im Süden des Landes gelegene antike Stadt wurde 2007 zu einem der Neuen Sieben Weltwunder gewählt, ist UNESCO Weltkulturerbe und die bei weitem bekannteste Touristenattraktion des Landes. Petra muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes erlaufen – es sei denn man zieht den Ritt auf einem Esel oder Dromedar vor – für Tierhaarallergiker schon mal ein absolutes „non going“. Weder die arme Reittiere noch deren nicht gerade zimperliche Besitzer sehen wirklich Vertrauen erweckend aus. Aber – für einen Ausflug nach Petra benötigt man, je nach Tempo, ohne weiteres einen ganzen Tag. Der teilweise enge, sandig-steinige Besichtigungstrail führt stetig bergab – und am Ende heißt es dann: Umdrehen und alles wieder per pedes zurück zum Ausgangspunkt – und diesmal geht es bergauf, nicht wirklich steil, aber man ist ja bereits alles andere als taufrisch. Die Überlegung zu reiten ist also durchaus angebracht, allerdings heißt es diese Entscheidung am Anfang der Besichtigungstour zu treffen – es gilt die Devise: Ganz oder gar nicht! Wer meint, er könne am Ende einfach Esel oder Dromedar erklimmen, um bequem den Rückweg anzutreten, irrt sich gewaltig.
Da man über Petra nicht mit wenigen Zeilen berichten kann, hier ein Kurzüberblick: Das vor über 2000 Jahren im Süden Jordaniens lebende arabisches Nomadenvolk der Nabatäer hat dieses beeindruckende Zeugnis seiner Kultur in die Sandsteinfelsen geschlagen. Jahrhundertelang waren die ockerfarbenen Prachtbauten des Nabatäer-Reiche, die sich über einer Fläche von über 10 qkm erstrecken, zwar zweifellos den Einheimischen, jedoch nicht dem Rest der Welt bekannt. Der sagenhafte Reichtum, den es auch heute noch zu bestaunen gilt, dürfte von den lukrativen Handelsrouten, welche das Reich durchkreuzten, stammen. „Im Jahre 106 n. Chr. annektierten die Römer das nabatäische Königreich und gliederten es in die römische Provinz Arabia ein. Als sich das Christentum im ganzen Byzantinischen Reich ausbreitete, wurde Petra Bischofssitz. Dann verschwand die ehemals prächtige Stadt gänzlich aus dem Bewusstsein der westlichen Welt, bis der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt, als Araber verkleidet, die Stadt am 22. August 1812 wieder entdeckte“.
264 Meter unter dem Meeresspiegel und nur 25 Auto-Minuten vom Toten Meer erwartet den Besucher, in einer dramatischen Felsenlandschaft mit tosenden Wasserfällen und heißen Quellen, ein wunderbarer Rückzugsort zum Entspannen und sich verwöhnen lassen. Das Evason Ma´In Hot Springs bietet eine Oase der Ruhe und eine einzigartige Spa-Erfahrung. Alle Zimmer wurden unter Verwendung natürlicher Materialien aus der Region eingerichtet, die Küche besitzt den Ruf, die beste der Region zu sein. Alle ihre frischen Zutaten stammen aus dem Resort eigenen Kräuter-und Gemüsegärten. Das preisgekrönte Six Senses Spa liegt direkt unter einem der natürlichen heißen Wasserfälle, wobei das Wasser am Hauptpool und Ruheraum vorbeifließt.
Die Bilder von zeitungslesenden Dahintreibenden in den Fluten des Toten Meeres kennen viele. Mehr als 400 Metern unterhalb des Meeresspiegels gelegen, hat das vom Jordan-Fluss gespeiste Meer, das eigentlich nur ein großer Binnensee ist, eine Fläche von rund 600 Quadratkilometern, und ist mit einem Grund bei 794 Meter unter Normalnull der dritttiefste See der Erde. Mit seinem extremen Salzgehalt von durchschnittlich rund 28 Prozent (teilweise sogar bis zu 33 Gramm pro Liter) übertrifft es aber alle anderen Meere der Welt um das Zehnfache. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge sind im Wasser des Toten Meeres über 40 Milliarden Tonnen Mineralien gelöst – darunter Magnesium, Calcium, Brom, Kalium und Schwefel. Jedes einzelne dieser Mineralsalze verfügt über heilende Kräfte für den Menschen.
So nimmt es auch nicht Wunder, dass ein Aufenthalt am Toten Meer uns seinem Reizklima nicht für alle Hautkranken, sondern auch für alle Stressgeplagten zur Allround-Kur für Körper und Seele wird. Aber nicht nur Wasser und Luft, sondern auch der Schlamm des Toten Meeres kann zur Linderung bei körperlichen Beschwerden wie Arthritis, Rheumatismus, Atemwegerkrankungen und spannungsbedingten Kopfschmerzen sowie bei den diversen Hautproblemen wie etwa Neurodermitis beitragen. Längst werden in Jordanien aus den natürlichen Substanzen des Toten Meeres hervorragende Hautpflegeprodukte hergestellt.
Ein mehrwöchiger Aufenthalt am Toten Meer unmittelbar vor einer Herzoperation kann, jüngsten Untersuchungen nach, die Wahrscheinlichkeit von Folgekomplikationen entscheidend mindern.
Jordanien investiert seit Jahren in sanften Tourismus und eine nachhaltig bewusste Erschließung des Toten Meeres. Unter größtmöglicher Berücksichtigung der Natur wurden mittlerweile fünf erstklassige Hotels internationalen Standards mit umfassenden Wellness-Angeboten am Toten Meer etabliert. Hier bleiben keine Wünsche unerfüllt, angenehm die Ruhe, in der alles abläuft. Durchbrochen wird diese nur an den muslimischen Wochenenden, wenn die reichen Familien aus Amman in die Hotelanlagen in Clanstärke einrücken.
Nicht nur gekrönte Häupter wie das jordanische Königspaar König Abdullah II und Königin Rania, das spanische Kronprinzenpaar oder das schwedische Königshaus kommen gerne hierher, um sich verwöhnen zu lassen. Auch mein immer wieder wie Phönix aus der Asche auftauchender Christus-Schatten konnte den Verlockungen des Toten Meeres wohl nicht widerstehen. Kaum zu erkennen, da unter einer dicke Schlammschicht verborgen, schlenderte er am letzten Tag meines Aufenthaltes die Strandpromenade des Hotels entlang – darauf wartend, dass der heilende Schlamm trockne, um dann im salzhaltigen Wasser abgespült zu werden. Allah ist groß und Christus überall…
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