So bilderbuchschön die Landschaft, so horrorartig das Szenario, welches den mutigen Nichtraucheraspiranten erwartet. Dagmar Herzog doziert in einem leicht abgedunkelten Konferenzraum des Sporthotels in Wagrain im Salzburger Land und bittet mit leiser, aber eindringlicher Stimme die Kursteilnehmer ihr zu folgen – in jene Schreckenskammer unserer Sucht. Denn die soll uns in den nächsten Tagen hier gründlich ausgetrieben werden. Frischen Wind will sie in unser bisher so verrauchtes Leben bringen, ganz ohne Entzugserscheinungen oder gar der – vor allem bei den Teilnehmerinnen – so gefürchteten Gewichtszunahme.
Das Gros der mutigen Kandidaten steht anfangs noch ein bißchen verloren herum, das Hotel – zu dieser Jahreszeit eigentlich im „Zwischensaisonschlaf“ liegend, wirkt zu groß für die Handvoll Süchtiger, von denen einige immer wieder betonen, dass sie eigentlich ja gar nicht aufhören möchten – aber, beruflich und überhaupt, wäre es einfach besser, wenn man es endlich schaffen könnte. Wahrscheinlich gilt das auch für den kettenrauchenden Wirt und seine Entourage - kann ja nicht schaden, wenn man das, was man Verkaufen will, auch mal selbst ausprobiert hat. Und so spricht man sich gegenseitig rundum Mut zu – wird schon klappen.
Die Einführung beginnt mit der Vorstellung des Antitraucherzimmers. Hierin kann sich jeder zurückziehen und über das ungeliebte Laster nachdenken. Ein lusttötender, überdimensionierter, mit Sand und Kippen gefüllter Aschenbecher in Aquariumgröße und Plakate mit glimmenden, rauchkräuselnden Zigaretten sorgen dafür, dass man das Verlangen schon beim Betrachten verliert. Und wenn man der Methode Herzog glauben kann, dann klappt es mit dem Aufhören praktisch ganz von alleine – man wird, so verspricht eine Infobroschüre, „ein echter Nichtraucher bleiben“. Danach, wenn alles vorüber ist. Vorab steht es uns ja erst noch bevor.
Dagmar Herzog verteilt jede Menge Fragebögen, die es sorgfältig auszufüllen gilt. Name, Beruf, Größe, Gewicht, wann mit dem Rauchen angefangen und ob man ein erotisches Gefühl beim Rauchen verspürt – sie will alles wissen, dringt in unsere tiefsten Geheimnisse ein, manche davon waren uns möglicherweise selbst nicht bekannt. Wir kehren also unser Innerstes nach Außen, versuchen möglichst ehrlich zu antworten und lauschen der Dozentin, die uns erklärt, dass wir beim Genuß einer Zigarette „Freiheit, Erotik, Anerkennung und Stärke“ als Glücksgefühle erleben. Na ja, für die Umsetzung der Malborofreiheit sind einige der Teilnehmer wenn nicht zu alt, so zu mindest zu untrainiert. Denn auf so einem Pferderücken sitzt es sich bei weitem nicht so bequem wie zu Hause auf der Couch. Die Erotik dürfte sich auch mehr in der Phantasie als in der Wirklichkeit abspielen, Anerkennung brauchen die wenigstens, da extrem von sich selbst überzeugt und Stärke, ok, die lassen wir gelten, denn stark wollen wir doch alle sein, im Beruf, in der Familie und natürlich beim Freizeitsport.
Die eloquente Dagmar Herzog, die neben dem Nichtrauchertraining auch Seminare gegen Bulimie, Depressionen, Streß und Ängste, Schlafstörungen und Übergewicht anbietet, versucht nun mit leise plätschernder Stimme in uns ein Negativszenario aufzubauen. Sie nimmt dabei alles zu Hilfe, was je literarisch in Thrillern beschrieben wurde und schon bald fühlen wir uns eingesperrt in einem dunklen, modrigfeuchten Verließ, spüren buchstäblich die Ketten an Händen und Füssen, gieren nach einem verwirrten Sonnenstrahl und – Rauchen was die Lunge aushält! Der verschmutzte Boden ist von Kippen übersät, aber wir hören nicht auf, Nachschub scheint es grenzenlos zu geben. Wir müssen rauchen, ganz richtig, eine unsichtbare Macht zwingt uns, nach jeder gerauchten Zigarette sofort die nächste zu rauchen. Zwischenzeitlich ist es still geworden, die Luft steht im Seminarraum, das Unwohlsein wird körperlich spürbar, fast scheint es, als würden die ersten nach Luft ringen – doch Dagmar Herzog kennt kein Pardon: Immer tiefer, immer subtiler wird die Beschreibung des Schreckens, unsere Lungen pfeifen schon, der Kopf dröhnt, das beklemmende Gefühl eines sich zuziehenden Eisenrings umklammert unseren Brustkorb – es kann nicht mehr lange dauern und die ersten Teilnehmer kippen vom Stuhl. Doch da kommt die Erlösung: Schluß aus vorbei.
Wir erwachen aus unserem Horrorträumen, blicken mit schweren Lidern in die Wirklichkeit. Lust auf eine Zigarette? Nein, danke, nie mehr!
Um die dunklen Schatten aus unserer Seele zu vertreiben, baut Frau Herzog nun ein sogenanntes Positivszenario auf. Die Schönheiten der Natur werden beschworen, Licht, Sonne, Blumen, all jene Dinge, welche die Seele erfreuen, werden in uns wachgerufen, gierig saugen wir die Vorstellungen in uns auf – noch immer traumatisiert vom Schrecken der vergangenen Stunde. Und noch immer keine Sehnsucht nach einer Zigarette!
„Um negative Verhaltensmuster ändern zu können, ist es entscheidend die Ursache zu erkennen. Erst dann kann man auf dieser Basis individuell neue Programme entwickeln“, erklärt Dagmar Herzog. Und in der Tat, ihr Nichtraucher-Programm ist anders, als alle anderen: Durch Emotionen wird sofort das Suchtprogramm verändert. Man wird Nichtraucher – ohne die Zigarette zu vermissen.
Infos zur “Easy leaving Raucherentwöhnung” nach der Methode Dagmar Herzog findet man unter: www.sporthotel.at. Der fünftägige Kurs im Sporthotel Wagrain kostet bei Unterbringung im Doppelzimmer € 827,00 inkl. Vollpension. Eine Begleitperson kann für € 324,00 in der Zwischenzeit das reichhaltige Wellnessprogramm des Hotels genießen.
Mehr Infos über die Seminare von Dagmar Herzog gibt es auf www.dagmarherzog.de