„Dem Menschen zum Wohl, dem Kranken zur Gesundung”, so könnte man unter Botticellis Venus schreiben, die das Emblem der Therme bei Erding ziert. Attraktiv wie die antike Göttin präsentiert sich auch das Haus des Direktors Jörg Wund, das er stolz als „Europas größte Thermenwelt” ausgibt, über die sich nach seinen Angaben die größte zu öffnende Glaskuppel des Kontinents erhebt. Die Anlage ist - grob gesprochen - dreigeteilt:
Die Fachleute sind sich einig: Die Therme ist Weltklasse, die Architektur, vor allem der venezianische Palast und die Kuppel à la Pantheon, verschmelzen idealtypisch mit den 20 Becken und 120 Sprudelliegen, 150 Duschen und 200 Palmen, drei Restaurants und 1000 Saunaplätzen, der „Rutschenwelt” und den blühenden Gärten. Die Gesamtwasserfläche beträgt 3500 Quadratmeter (= exakt ein halbes Fußballfeld).
Weit wichtiger natürlich der Heilnutzen! Jörg Wund hat allerlei Untersuchungen anstellen lassen. So überrascht die Analyse des Bayerischen Umweltministeriums denn auch äußert angenehm, ja fast sensationell. Pro Liter Wasser hat man ausgemacht: 107 Milligramm (mg) Natrium, 71 mg Chlorid, 41 mg Kieselsäure, 37 mg Calcium, je 12 bis 13 Milligramm Magnesium, Kalium und Hydrogensulfid, zwischen je ein und zwei Milligramm Ammonium, Fluorid und Sulfat. Dementsprechend empfehlen die Ärzte die Erdinger Therme insbesondere bei: Rheuma, Arthritis, Hauterkrankungen, degenerativen Gelenkschmerzen und Problemen mit der Wirbelsäule. Gefördert wird das 63 Grad heiße Wasser aus 2350 Metern Tiefe. Achtmal der Eiffelturm in Paris oder 24mal ein Turm des Münchner Liebfrauendoms!
Alles eine große und grandiose Bilanz! Dabei begann nach den Worten Jörg Wunds das ganze Unternehmen am Rande von Erding am Ende des letzten Jahrhunderts so spannend wie risikoreich, mit sehr gemischten Gefühlen und dann einem sich verfestigenden Willen. Kurzum, er habe zusammen mit seinem Vater Josef, einem renommierten Architekten, den großen Acker gesehen, eine Öde, die einschlägigen Berechnungen der Bohrung studiert, die finanziellen Belastungen erörtert, doch dann letztlich nach vielen Bedenken am 10. November 1998 den Grundstein gelegt. Ein knappes Jahr später dann die Einweihung und der Beginn einer Legende für Gesunde und Kranke, Kinder und gestreßte Berufstätige, Rentner und Jugendliche. Es hagelte Auszeichnungen und Anerkennungen. Sie spiegeln sich exakt in den Besucherzahlen. Zehn Millionen in zehn Jahren! Man hat Neuschwanstein bereits überrundet.
Den absoluten Rekord erreichte man am 5. Januar 2009: 10 637 Gäste. Tag vor Heilig-Drei-König, der in Bayern ein Feier- und kein Schultag ist! Damit sind wir im Gespräch mit Jörg Wund bei der Auslastung. Auf die Frage nach den ruhigen Zeiten in seinem Haus, wenn es denn welche gibt, antwortet er: In aller Regel an Tagen unter der Woche, ohne (bayerische) Ferien, vormittags, in der warmen Sommerzeit!
Man habe in diesem Zusammenhang auch überlegt, Rentnern Preisnachlässe zu gewähren, doch man sei davon abgekommen. Ältere Personen, so Jörg Wund, hätten mehr Zeit, deshalb könnten sie montags bis freitags die Angebote vor 13 Uhr nutzen. Anstatt 13 Euro für zwei Stunden nur elf! Das heißt im Extremfall konkret: Lösung des Tickets 12.59 Uhr, Ende des Bades 14.59 Uhr. Generell gilt der Aufpreis von vier Euro für die Vitaloase und zehn Euro für das Saunaparadies. Eine weitere Spezialität: Das MVV-Thermen-Ticket für 23.60 Euro (vier Stunden, ohne Saunaparadies).
Im Detail sind die Bestimmungen genauso kompliziert wie letztlich die Schilderungen der Glanzlichter unter Kuppel und Palmen. Da locken die Sprudel in verschiedenen Höhen ebenso wie die Gesundheitsbecken mit Salz (à la Totes Meer) oder Selen, das SPA Menu und die Lounge, das Heißschwefelbecken und die Rutschen, die Sprudelbäder und das „Gourmetrestaurants La Cucina” im Palazzo Veneziano, wobei man schon auch sagen muß, nackte Ober- und Mittelkörperfüllen am Nachbartisch steigern den Genuß von Speis und Trank nicht unbedingt! Und ein Stammgast ergänzt: Leider vergessen hier viele über dem Wasser das Trinkgeld!
Gewiß, nur Marginalien, denn man bemüht sich allenthalben um die Zufriedenheit der Besucher. Im Hausprospekt schreiben so auch Josef und Jörg Wund, Vater und Sohn, ihr Wahlspruch laute immerdar: „Mit der Zeit gehen - und am besten einen Schritt voraus.” Zum Schluß beider Wunsch: „Wir möchten, daß Sie sich bei uns wohlfühlen - jederzeit und immer wieder.” Wir halten inne - „und immer wieder.” Eine notwendige Ergänzung. Beim Weiterblättern des Prospekts stellen wir nämlich nach einem vierstündigen Aufenthalt fest, nicht einmal ein Zehntel des Angebots wahrgenommen, geschweige denn benützt zu haben.
Weitere Informationen: Thermenparadies, 85 435 Erding, Thermenallee 1-5 - Tel.: 08122 2270 - E-mail: willkommen@therme-erding.de - Internet: www.therme-erding.de