Krähenfüße, unschöne Zorn- oder Nasolabialfalten - die Kamera ist unerbittlich und alles, was man bisher kaum bemerkt hat, kommt gnadenlos am Bildschirm zu Tage. Wir leben im Corona-Lockdown und mit diesem in zahlreichen Webinaren, in denen man möglichst präsentabel in die PC-Kamera lächeln möchte. Wenn Make-up und gedimmtes Licht nicht mehr helfen, dann steht der Gang zum Schönheitsarzt an.
Die in der die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie e.V. (DGÄPC) zusammen geschlossenen Ärzte erleben dank virtueller Tagungen, Kongressen, Workshops, Fort- und Weiterbildungen gerade einen Boom rund um die Schönheit sondergleichen. Denn Falten und sonstige Schönheitsfehler können vor allem im Video gnadenlos sichtbar und daher mehr als störend sein. Das Mittel der (schnellen) Wahl ist Botox, sorgt es doch rasch für ein glattes Gesicht. Doch was ist wirklich dran am Botulinumtoxin? Was an Behauptungen stimmt und was ist schlicht eine Fake-News?
Falten, ob mehr oder weniger stark ausgeprägt, können das Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Um dagegen vorzugehen, gibt es viele Möglichkeiten und noch mehr Produkte, die mit verschiedensten – teilweise aberwitzigen – Wirkungsversprechen arbeiten. So können Kosmetikprodukte, egal wie teuer sie sein mögen, Falten allerhöchstens temporär “abmildern” bzw. eine Faltenbildung nur minimalst verzögern. Und da das jeder, der einmal wochenlang teure Cremes und Seren ohne besonderen Erfolg benutzt hat, weiß, setzen Frauen wie auch Männer lieber gleich immer häufiger auf medizinische Behandlungen, wenn es darum geht, Falten geglättet oder dauerhaft eingedämmt zu bekommen. Die bekannteste und auch effektivste Behandlung ist jene mit Botulinumtoxin, im Volksmund kurz Botox genannt.
Kein Wunder also, dass auch in der jährlichen Patientenbefragung der DGÄPC sich die Botulinumbehandlung seit Jahren unter den Top 3 der am häufigsten durchgeführten Behandlungen befindet. Obwohl, oder gerade weil das so ist, existieren eine ganze Reihe von Mythen und Irrtümern rund um diesen Wirkstoff. Der wohl größte und weit verbreitetste Irrtum ist, dass es sich bei Botox um ein Schlangengift handelt. Tatsächlich ist es aber ein von Bakterien produziertes Eiweiß, dass als Medikament aufbereitet wird und in vielen verschiedenen medizinischen Bereichen eingesetzt wird. Am bekanntesten ist der Einsatz in der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie zur Minimierung von Falten. Doch das Mittel findet auch bei Migräne und starkem Schwitzen Anwendung.
Botulinumtoxin ist in kundiger Hand kein gefährliches Medikament. Die Verwendung erfordert allerdings eine fachgerechte Handhabung und Erfahrung. Wie bei jedem anderen Medikament kann es bei einer nicht fachgerechten Anwendung zu einer Überdosierung oder anderen Fehlern kommen. Gerade im Gesicht führt dies dann unter Umständen zu hängenden Augenlidern oder einem Absenken der Augenbrauen, wodurch eine Einschränkung der Sehfähigkeit möglich ist. Solche unerwünschten Effekte sind sehr selten und treten nur dann auf, wenn eine zu hohe Dosis eingesetzt oder falsch injiziert wurde. Zudem wirkt Botulinumtoxin nur im Injektionsbereich, es „wandert“ nicht durch den Körper. Umgekehrt bedeutet das, dass bei richtiger Anwendung durch einen erfahrenen Arzt ein Eingriff mit diesem Wirkstoff wiederum sehr sicher ist.
Das ist korrekt. Botulinumtoxin erzeugt eine vorübergehende Lähmung des Muskels und bewirkt, dass dieser nicht mehr beweglich ist. Da es kein Gegenmittel gibt, bedarf es einer fachgerechten Anwendung. FachärztInnen setzen das Medikament stets nur punktuell ein, sodass die Aktivität des Muskels sehr genau unterbunden wird.
Ein glättendes Resultat ist nicht direkt nach der Behandlung sichtbar, sondern erst nach ein paar Tagen, da das Endergebnis von der Hautstruktur und Tiefe der Falten beeinflusst wird. Die Haut glättet sich mit der Zeit, wenn sie aufgrund der Muskellähmung nicht mehr bewegt wird. Bei besonders tiefen Falten oder bei einer Haut, die durch starke Sonneneinstrahlung geprägt ist, zeigt sich das gewünschte Resultat somit nicht unbedingt so schnell wie häufig erwartet. Der glättende Effekt der Haut zeigt sich bei sehr tiefen Falten in Verbindung mit dicker Haut unter Umständen erst nach mehrmaliger Behandlung. Daher gilt: Umso tiefer die Falte, umso länger kann es unter Umständen dauern, bis der gewünschte Effekt erzielt wird.
Ein weiteres Vorurteil ist, dass die Anwendung von Botulinum automatisch einen starren und maskenhaften Gesichtsausdruck verursacht. Bei korrekter Anwendung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin und ausführlicher Beratung, welcher Effekt wie stark erzielt werden soll, bleibt das Gesicht beweglich und die Mimik erhalten, wo es erwünscht ist. Die unbeweglichen bzw. „erstarrten“ Gesichter, in denen sich keinerlei Gefühlsregungen zeigen, sind auf nicht fachgerechten oder übermäßigen Gebrauch zurückzuführen.
Es sind gerade solche negativen Beispiele, die zu der Annahme führen, dass Behandlungen mit Botulinumtoxin süchtig machen. Generell ist es falsch, bei Ästhetisch-Plastischen Eingriffen von einer Sucht zu sprechen. Einige Behandlungen erfordern eine regelmäßige Durchführung, um den gewünschten Effekt zu erzielen oder beizubehalten. Botox wird vom Körper nach drei bis sechs Monaten wieder abgebaut, frühestens dann wäre eine Auffrischung auf Wunsch möglich. Einen Dauereffekt gibt es nicht.
Das ist tatsächlich richtig und kein Irrtum: Im Bereich der Faltenbehandlung ist es tatsächlich ratsam, mit Behandlungen anzufangen, bevor sich Vertiefungen in der Haut zeigen. Durch das Abschwächen der Muskelaktivität wird die Faltenbildung verhindert. Anders als Hyaluron füllt Botox die Hautvertiefung allerdings nicht auf.
Botulinumtoxin ist ein rezeptpflichtiges Arzneimittel/Medikament und darf nur von einem Arzt oder einer Ärztin verabreicht werden. Es gibt auch HeilprakterInnen, die Behandlungen aus dem Ästhetisch-Plastischen Bereich anbieten, allerdings dürfen sie nur Hyaluron und nicht Botulinum verabreichen. Interessierte sollten bei der Arztwahl stets Wert darauf legen, dass es sich um einen Facharzt oder eine Fachärztin handelt, die eine Ausbildung und Erfahrungen im Bereich Ästhetisch-Plastische Chirurgie vorweisen kann. Bei Botulinum ist dies besonders wichtig, da für die Verabreichung von Botox eine Ausbildung oder Schulung nicht verpflichtend ist und somit von jedem Arzt oder jeder Ärztin angeboten werden kann – auch wenn dieser oder diese nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügt.
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