Wer kennt das nicht? Der verführerische Duft von frisch gebackenen Keksen weht einem entgegen und plötzlich scheint der Wille, „Nein“ zu sagen, wie weggeblasen. Überraschenderweise gibt es aber eine Methode, die uns helfen kann, dieser Versuchung zu widerstehen - und alles hat mit der Dauer des Riechens zu tun. Zwei renommierte Suchtmediziner, Shird Schindler und Dr. Iris Zachenhofer, teilen Erkenntnisse, die weit über den Keksteller hinausgehen und unser Verständnis von Essverhalten und Disziplin revolutionieren könnten.
Unser unbändiges Verlangen nach Keksen und anderen süßen Leckereien hat einen medizinischen Namen: Craving. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Suchtmedizin und beschreibt das intensive Verlangen nach einer bestimmten Substanz - sei es Alkohol, Drogen oder eben Essen. Craving hat laut Schindler und Zachenhofer eine biologische Grundlage, die von der Lebensmittelindustrie gezielt verstärkt wird.
„Wider besseres Wissen zu viel zu essen, ist einem Suchtverhalten sehr ähnlich“, erklären die beiden Experten. „Die Lebensmittelindustrie arbeitet mit Inhaltsstoffen, die neurologische Prozesse anregen und das Verlangen nach mehr fördern.“ Doch wie kann man sich dagegen wehren
Forschungsergebnisse zeigen, dass kurzfristige Geruchseindrücke Craving auslösen können. Doch nach etwa zwei Minuten intensiven Riechens an einer verlockenden Süßigkeit tritt ein überraschender Effekt ein: Das Gehirn signalisiert Sättigung und das Verlangen lässt nach.
Alternativ können auch andere geruchsintensive Lebensmittel wie Gummibärchen verwendet werden. Entscheidend ist, das Gehirn so lange mit dem Duft zu konfrontieren, bis das Craving nachlässt.
Neben dem Trick mit dem Duft schlagen die Experten weitere Maßnahmen aus der Suchttherapie vor, die sich auf das Essverhalten übertragen lassen. Diese so genannten „Skills“ lenken das Gehirn von der Versuchung ab und bieten eine Art „Notfallstrategie“:
Diese Methoden mögen unkonventionell erscheinen, haben sich aber in der Suchtmedizin bewährt, um das Verlangen kurzfristig zu dämpfen.
Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, man müsse Disziplin einfach „erzwingen“. Laut Schindler und Zachenhofer ist dies auf Dauer kaum möglich. Vielmehr kann Disziplin durch eine geschickte Veränderung der Ernährungsgewohnheiten quasi „herbeigezaubert“ werden.
Industriell hergestellte Lebensmittel enthalten oft Stoffe, die chemische Prozesse im Gehirn auslösen und das Verlangen verstärken. Eine Ernährung, die auf natürlichen Zutaten und selbstgekochtem Essen basiert, macht es leichter, das Verlangen zu reduzieren und Disziplin zu bewahren.
Eine weitere überraschende Erkenntnis der Experten betrifft den Umgang mit Sport und gesunder Ernährung. Viele Menschen empfinden diese Begriffe als belastend oder negativ, was zu einem sogenannten „reaktiven Verhalten“ - einer unbewussten Abwehrhaltung - führen kann.
Die langfristige Lösung für ein besseres Essverhalten liegt in einer Kombination aus bewusster Ernährung und einem entspannten Umgang mit Heißhunger. Der Trick mit dem Geruch zeigt, wie kleine, einfache Veränderungen große Auswirkungen auf unser Verhalten haben können. Gleichzeitig betonen Schindler und Zachenhofer, dass Geduld und Selbstmitgefühl entscheidend sind.
Forschung und Erfahrungen aus der Suchtmedizin zeigen, dass wir mehr Kontrolle über unser Essverhalten haben, als wir denken. Techniken wie das bewusste Riechen von Süßigkeiten, der Verzicht auf stark verarbeitete Lebensmittel und die Konzentration auf eine gesunde Ernährung können uns helfen, Heißhungerattacken zu zähmen und ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln.
Wenn Sie das nächste Mal vor einem verlockenden Keksteller stehen, probieren Sie es aus: Riechen - und widerstehen Sie.
Wenn es darum geht, den Einfluss von Düften auf unser Verhalten und Strategien zur Reduktion von Heißhunger zu verstehen, bieten die folgenden Ressourcen spannende Einblicke und praktische Ansätze:
Die Macht der Düfte – Medical Tribune
Wie Düfte unsere Entscheidungen beeinflussen und therapeutisch genutzt werden können.
EFT gegen Heißhunger – EFT-Institut Berlin
Eine Studie zu Emotional Freedom Techniques (EFT) und ihrer Wirksamkeit bei Heißhunger.
Raus aus der Suchtfalle Lebensmittel Das Buch von Dr. Schindler und Dr. Zachenhofer ist ein umfassender Ratgeber über die Mechanismen der Lebensmittelindustrie und Tipps zur Überwindung von Heißhungerattacken.
Essstörung
Suchtgefahr
Duftstoffe
Essverhalten