Die über 6000 Jahre alte Heilmethode der Chinesen ist in der westlichen Welt erst seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts zu einem gängigen Begriff in der Medizin geworden. Staunend und zum Großteil ungläubig mußten sich die vermeintlich fortschrittlichen westlichen Kollegen von chinesischen Ärzten vorführen lassen, wie diese ohne Narkose, nur mit Hilfe feiner Nadeln, schwierigste Operationen ausführten, ohne daß die Patienten vor Schmerzen vom Operationstisch sprangen.
Dabei war die Tradition der jahrtausendealten Volksmedizin auch in China lange Zeit untergegangen, d. h. nur noch wenigen Eingeweihten bekannt. Ein Wiederaufleben brachte hier Mao Tse-tungs Gesundheitspolitik, die Altbewährtes wieder neu entdeckte und durchaus mit modernen Heilmethoden verband.
Dr. med. W. Ulrich schreibt in seinem Buch »Schmerzfrei durch Akupunktur und Akupressur«: »Akupunktur ermöglicht ja nicht nur Operationen ohne Medikamenten-Narkose. Akupunktur ist ein bewährtes Heilmittel für zahlreiche Erkrankungen der unterschiedlichsten Art und lindert Leid und Schmerzen in vielfältiger Weise. Akupunktur unterstützt die herkömmlichen schulmedizinischen Behandlungsmethoden und ergänzt das therapeutische Rüstzeug der Ärzte in aller Welt. Der Siegeszug der chinesischen Heilmethode kommt deshalb nicht überraschend. Bis heute ist unklar, welcher Wirkungsmechanismus der Akupunktur zugrunde liegt ist es trotz intensiver Forschungen bisher nicht gelungen, zu entdecken, welche biologischen Grundlagen die so wirkungsvolle Methode hat antworten alle chinesischen Ärzte einhellig: Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, daß Akupunktur hilft.«
Mit Akupunktur werden Krankheiten durch Stechen bestimmter Punkte der Körperoberfläche, die nach chinesischer Vorstellung auf sogenannten Meridianen (Energiebahnen des Körpers) liegen und mit den inneren Organen in Verbindung stehen, gebessert bzw. beseitigt. Das Wort Akupunktur setzt sich aus den lateinischen Wörtern acus = Nadel und pungere = stechen zusammen. Die chinesische Originalbezeichnung für Akupunktur lautet Zhen-Jiu bzw. Chenn-Chiu , d. h. Stechen - Brennen. Dem System von Meridianen und Punkten liegt die Vorstellung von Yin und Yang und Qi oder Ch´i zugrunde.
Die symmetrisch angeordneten Meridiane werden unterschieden in zwölf Haupt-, acht Sondermeridiane und diverse Meridianverbindungen und -sehnen, sie sind nach dem Yin-Yang-Prinzip verteilt und bilden Funktionseinheiten mit den inneren Organen unseres Körpers. Nach traditioneller chinesischer Vorstellung transportiert das Meridiansystem die Lebensenergie Qi (Ch´i) und das Blut. Die Akupunkturpunkte, die sich vor allem entlang den zwölf Hauptmeridianen befinden, weisen einen geringeren elektrischen Widerstand auf als das umliegende Gewebe, und ihr bioelektrisches Verhalten kann durch Akupunktur meßbar verändert werden. Prof. Dr. Hartmut Heine von der Universität Witten-Herdecke konnte 1988 nachweisen, daß die klassischen, perlenartig unter der obersten Hautschicht am ganzen Körper aufgereihten und untereinander verbundenen Akupunkturpunkte Faszienperforationen - nahezu kreisrunde Löcher - sind, in die Gefäßnervenbündel münden bzw. in die Tiefe gehen, d. h. sozusagen einen Zugang bzw. eine Öffnung zum Inneren des Körpers bilden. Qi (Ch´i), die Lebenskraft, die aus den Kräften Yin und Yang besteht, durchfließt nach chinesischer Vorstellung die zwölf Hauptmeridiane innerhalb von 24 Stunden einmal. Kann dieses Fließen ungehindert geschehen, d. h., sind keine Punkte verstopft, so ist der Mensch gesund, sind sie blockiert, so ist die Zirkulation von Qi (Ch´i) nicht mehr gewährleistet, der Mensch erkrankt. Durch den Stich der Akupunkturnadeln können diese Blockaden gelöst, Yin und Yang reguliert werden, und die Lebensenergie kann wieder ungehindert strömen.
Unabhängig von den klassisch-chinesischen Akupunkturpunkten kennt die westliche Medizin die Head-Zonen, Weihe-Druckpunkte, »Trigger«-Punkte usw., die alle so gut wie identisch mit den chinesischen Punkten sind.
Auch bei der Akupunktur gibt es sogenannte Gegenanzeigen, d. h. Voraussetzungen, unter denen sie nicht angewendet werden sollte. Grundsätzlich sollten Kinder unter zwölf Jahren keiner Nadelung unterzogen werden. Dieses Verbot gilt auch für Schwangere und Patienten, die sich langwierigen Röntgenbestrahlungen aussetzen mußten. Auch nach Kneipp- oder Bäderkuren sollte eine akupunkturfreie Zeit eingehalten werden.
Selbstverständlich wird ein gewissenhafter Arzt auch bei der Akupunktur zuerst eine Diagnose erstellen, ehe er mit der Nadelung beginnt.
An den Stichstellen bildet sich nach der Nadelung eine leichte Rötung, die durchweg als positives Zeichen gewertet wird. Auch die kurzzeitige Verschlechterung der Krankheit wird keineswegs als Mißerfolg, sondern als Erfolg der Akupunktur gewertet.
Besonderen Erfolg verzeichnet die Akupunktur bei der Schmerzbekämpfung, hilft bei allen rheumatischen Erkrankungen, bei Migräne und Neuralgien sowie bei verschiedenen chronischen Organerkrankungen, bei funktionellen Herzrhythmusstörungen, psychosomatischen Krankheiten wie Asthma.
Akupunktur aktiviert Gefäße und Organe, entspannt die Muskulatur, mobilisiert die Abwehrkräfte und setzt körpereigene Wirkstoffe frei. An Grenzen stößt sie allerdings bei Erbkrankheiten, Krebs, multipler Sklerose oder degenerativen Organveränderungen.
Akupunkturnadeln werden in zwei unterschiedlichen Größen angeboten. Die großen Nadeln weisen eine Länge von ca. 30 bis 33 Millimeter, die kleinen hingegen nur 20 bis 22 Millimeter auf. In der Regel sind sie aus Hartgold, Edelstahl oder Hartsilberlegierungen gefertigt und verfügen am Kopf über einen sogenannten geformten Griff. Wer sich selbst behandeln möchte, sollte sich als Grundausstattung sechs unterschiedliche Nadeln zulegen:
Eine getrennte Lagerung der Nadeln ist nicht notwendig, sie können gemeinsam aufbewahrt werden. Bitte achten Sie aber unbedingt darauf, daß die Nadeln nach jeder Anwendung keimfrei gemacht werden (ca. zehn Minuten in kochendes Wasser legen). Der Besitzer eines Sterilisationsapparates weiß, wie man die Nadeln sterilisiert.
Das erfolgreiche Nadeln erfordert neben viel Übung (in China wurden und werden dazu Wachspuppen verwendet), auch die Angstüberwindung vor dem »Stechen der Nadel«.
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Akupunkturbehandlung ist u. a. der äußere Rahmen. Ein freundliches, ruhiges Zimmer mit angenehmer Temperatur und guter Luft sowie die Garantie, daß während der Behandlung keinerlei Störungen eintreten, gehören dazu. Ob man die Nadelungspunkte desinfiziert oder nicht, ist letztlich eine ungelöste Streitfrage. Wesentlich wichtiger ist, daß der Patient (oder Sie) völlig entspannt ist (sind), der Betroffene auf einer harten, festen, unverrutschbaren Unterlage liegt oder gut sitzt.
Treten nach dem Einstich Schmerzen an der Stichstelle auf, so muß die Nadel sofort entfernt werden. Warten Sie mit dem Setzen der Nadel an geringfügig verschobener Stelle etwa eine Minute. Das Entfernen der Nadeln ist schmerzfrei und sollte zügig durch leichten Gegendruck erfolgen.
Grundsätzlich vertreten die Mitarbeiter dieses Buches die Meinung, die Akupunktur guten, dafür ausgebildeten Ärzten zu überlassen, und verhehlen ihre Skepsis gegenüber der sogenannten Selbstbehandlung nicht. Wer aber dennoch die Nadeln an sich selbst ausprobieren möchte, sollte sich Spezialliteratur zum Thema Akupunktur besorgen. Es würde den Rahmen dieses Buches sicherlich sprengen, hier detaillierte Anleitungen zu geben.
Eine Akupunkturbehandlung kann - je nach Schmerzvorkommen - in regelmäßigen Zeitabständen wiederholt werden. Zu beachten ist hierbei aber, daß nicht mehr als maximal zweimal täglich genadelt werden darf. Chronische Erkrankungen können für einen Zeitraum von etwa drei Wochen hindurch täglich behandelt werden, dann sollte allerdings eine dreiwöchige Pause erfolgen.
Die Akupunktmassage nach Penzel (AKM n. P.) ist eine aus der klassischen Akupunktur entwickelte Heilmethode, eine Meridianmassage, bei der mit einem Massagestab aus Metall über die Meridiane gestrichen wird, um den unterbrochenen Energiefluß wieder zu ermöglichen.
Benannt ist diese Methode nach dem Masseur Willy Penzel, der, nachdem bei seiner Frau ein unheilbares Leberleiden festgestellt wurde, damit begann, die Meridiane seiner Frau durch Massage zu stimulieren. Frau Penzel gesundete, und ihr Mann gab seinen erlernten Beruf auf, ließ sich zum Masseur und medizinischen Bademeister ausbilden und verfeinerte seine Massagemethode. Mit dem von ihm entwickelten Massagestab, der als Spitze einen Kugelkopf trägt, streicht man über bestimmte Teile der Energieleitbahnen des Körpers und erforscht so zuerst ihre Reaktion, indem man Yin und Yang bestimmt. Rötung, leichte Übelkeit, erhöhte Harnausscheidung zeigen an, daß die Behandlung anspricht und Yin und Yang wieder ins Gleichgewicht kommen.
Wie Willy Penzel, so kam auch der Arzt Dr. med. Reinhold Voll durch eigene schwere Erkrankung mehr oder weniger durch Zufall auf eine wirksame Akupunkturtechnik. Er ließ ein Gerät entwickeln, um Akupunkturpunkte schneller aufzufinden. Mit Hilfe des Diatherakupunkteurs fand er heraus, daß damit auch nützliche und schädliche Stoffe getestet werden können.
Die Elektroakupunktur nach Voll (EAV) wird heute als bioelektrische Funktionsdiagnostik angewendet, denn mit ihrer Hilfe können Krankheiten frühzeitig erkannt werden. Durch elektrische Messung der Leitfähigkeit des Gewebes der Akupunkturpunkte kann die Erkrankung des dem jeweiligen Punkt zugeordneten Organs erkannt werden. Die Leitfähigkeit wird in physikalisch definierten Einheiten gemessen. Während der Messung hält der Patient einen Metallstab (Minus-Elektrode) in der Hand, der mit der Meßapparatur verbunden ist. Der Therapeut berührt mit einer Art Griffel (Plus-Elektrode) die Punkte auf der Haut des Patienten. Auf der Meßskala der Apparatur kann nun abgelesen werden, wie der Widerstand abfällt bzw. sich erhöht. Als Normalwert wird auf der von 0 bis 100 reichenden Skala ein Wert um ungefähr 50 betrachtet. Niedrigere Werte zeigen nach Voll degenerative Erkrankungen, höhere Werte entzündliche oder allergische Prozesse, aber auch Vergiftungen im Körper an. In der Regel folgt der ersten eine zweite Messung. Im allgemeinen erfolgt die Messung, auch als Austestung bezeichnet, an Händen und Füßen, es gibt aber über 1000 Punkte, die für die Testung geeignet sind.
Bei der Moxibustion, der altchinesischen Brenntherapie, werden die Akupunkturpunkte durch das Abbrennen von Moxakraut (= getrockneter und pulverisierter Beifuß) gereizt. Während man ursprünglich zu einem Kegel geformte Beifußblätter unter Zuhilfenahme einer Ingwerscheibe auf den Akupunkturpunkt setzte und abbrannte, benutzt man heute dafür einen sogenannten Moxer bzw. eine Moxazigarre. Sie ist ein mit Papier umwickelter, aus Beifußkraut gedrehter Glimmstengel, der mit dem brennenden Ende ungefähr einen halben Zentimeter dem Akupunkturpunkt genähert wird. Bei beiden Methoden wird das brennende Moxakraut entfernt, wenn der Patient die Hitzeeinwirkung als unangenehm empfindet. Moxibustion kann man an sich selbst ausführen, jedoch ist die Gefahr von Verbrennungen durch unsachgemäße Setzung relativ groß.
Den größten Erfolg erzielt die Moxibustion zweifelsfrei bei allen Schmerzen im Kopf- und Rückenwirbelbereich sowie bei Asthma und Bronchitis, bei allen Beschwerden, die durch Kälte oder feuchte Kälte verursacht sind.
Die Ohrakupunktur (Auriculo-Medizin) ist eine weiteres Verfahren der Akupunktur, das vor allem bei Rheuma, Knochenbrüchen und Phantomschmerzen erfolgreich eingesetzt wird. Ohrakupunktur basiert auf der Vorstellung, daß sich im Ohr unser ganzer Organismus abbildet, bestimmte Körperorgane und -abschnitte bestimmten Punkten auf der Ohrmuschel, die eine Ähnlichkeit mit einem Fetus in Kopflage habe, entsprechen, d. h. der Kopf sich beispielsweise im Ohrläppchen widerspiegle. Dieses Diagnose- und Therapiekonzept entwickelte der französische Arzt Paul Nogier. Ohrakupunkteure kennen 110 Punkte.
Im Gegensatz zur Körperakupunktur kann die Ohrakupunktur auch mit winzigen, stecknadelkopfgroßen Dauernadeln ausgeführt werden, die man mit Hilfe eines Pflasters am Akupunkturpunkt fixiert und die dort über einen längeren Zeitraum verbleiben. Durch Drehen werden die Punkte stets erneut stimuliert.
Die Laserakupunktur ist ebenfalls eine Akupunkturtechnik, die sich an moderner Methodik orientiert, und hat sich vor allem bei Kindern und Patienten, die die traditionelle Nadelung nicht vertragen, bewährt. Das Laserlicht von Soft- oder Midlasern ist sichtbar, schädigt oder erwärmt die Hautoberfläche nicht, dringt aber dennoch in tiefere Gewebeschichten ein und löst eine sogenannte Biostimulation aus. Softlaser werden in rein kosmetischen Bereichen, aber vor allem in der Sport- und Unfallmedizin erfolgreich eingesetzt.
Die Farbpunktur, die von dem Heilpraktiker Peter Mandel entwickelt wurde, darf bei der Nennung der verschiedenen, letztlich alle aus der Akupunktur entwickelten Methoden nicht unerwähnt bleiben. Nach Entdeckung der Biophotonen, des Lichts, das Zellen und Zellverbände aussenden, ging Mandel daran, mit Hilfe von gebündelten farbigen Lichtstrahlen die verschiedenen Organe über die Akupunkturpunkte zu stimulieren. Mandel bedient sich hierbei modernster Glasfasertechnik, die gewährleistet, daß das ausgestrahlte Licht keine Wärme entwickelt. Die Diagnose erstellt er mit Hilfe der Kirlianfotografie, die die vom Menschen ausgehende bioenergetische Strahlung sichtbar werden läßt. Mandel nennt seine Diagnose- und Therapiekonzeption Energetische Terminalpunkt-Diagnose (ETD) und Farbtherapie, kurz Esogetik.