Erde als Naturheilmittel ist keine Erfindug der Neuzeit, sondern die Anwendung von Bolus Armenicus dürfte uralt sein. Die von der nordägäischen Insel Limnos (früher Lemnos) stammende „Terra lemnia“ war der Archetypus der Siegelerde, der „Terra sigillata“, die man bereits in der Antike als Heilmittel sehr schätzte. Und Heilende Erden wurden auch im Mittelalter verwendet. Sebastian Kneipp, aber vor allem der Lehmpfarrer Emanuel Felke pries ihre Wirksamkeit, handelte es sich bei der Heilerde doch um „das beste Heilmittel der Natur“.
Als Wiederentdecker der Heilerde gilt Adolf Just, Gründer der Heilerde-Gesellschaft Luvos. Er brachte das in Vergessenheit geratenes Heilmittel wieder in das Bewusstsein der Menschen.
Heilerde wird aber nicht nur aus Löss gewonnen, sondern auch aus Tonerden wie Smektit oder Kaolinit oder dem Mineral Attapulgit. Doch bleiben wir bei der bekanntesten Heilerde, nämlich jener, die aus Löss gewonnen wird. Um aus Lössablagerungen ein Naturarzneimittel zu gewinnen, wird der Löss bei 130 Grad getrocknet. Erst danach wird die Heilerde fein vermahlen und in unterschiedliche Feinheitsgrade gesiebt, um die jeweils ge-wünschte therapeutische Wirksamkeit zu erzielen. Basis für die therapeutischen Effekte ist die naturgegebene Mischung aus Mineralien und Spurenelementen, ohne chemische Zusätze wie Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe. Aufgrund dieser Zusammensetzung hat Heilerde eine sehr hohe Säurebindungskapazität. Das Besondere der Heilerde ist zudem die große Oberfläche mit der Eigenschaft, Stoffe zu ad- und absorbieren.
Ob Sodbrennen, Reizdarm und Histamin-Intoleranz, immer mehr Ärzte und Patienten vertrauen auf Heilerde, wenn sie Patienten mit Sodbrennen und säurebedingten Magenbeschwerden, Reizdarm sowie Histamin-Intoleranz behandeln. “Das traditionelle Naturheilmittel habe sich im Praxisalltag und in ersten klinischen Studien als erfolgreiche Therapie bewährt”, weiß Professor Dr. Peter Malfertheiner vom Universitätsklinikum München zu berichten. Denn Heilerde zeigt eine schnelle, nachhaltige Wirkung, keine Nebenwirkungen und hilft noch dabei, chemische Medikamente einzusparen.
Bei Sodbrennen und säurebedingten Magenbeschwerden (Reflux-Erkrankung) werden oft sogenannte Protonenpumpen-Hemmer (PPI) eingesetzt. Doch viele Patienten bevorzugen schonendere Arzneimittel. Das liegt zum einen an Nebenwirkungen der PPI, zum anderen daran, dass sie in rund 30 Prozent der Anwendungen nur mangelhaft wirksam sind. Eine natürliche Therapie wie Heilerde ist daher in vielen Fällen eine wichtige Alternative. Bei Alarmsymptomen muss der Arzt ausgeschlossen haben, dass eine ernsthafte Erkrankung da-hintersteckt.
80 Prozent der 137 Patienten bewerteten den Erfolg der Therapie mit „gut“ oder „sehr gut“. Bereits nach fünf Minuten setzte die Wirkung der Heilerde ein. Auch die Lebensqualität der Teilnehmer verbesserte sich nachweislich.
Bei Patienten mit Reizdarm, die unter Symptomen wie Durchfall, Verstopfung, Schmerzen und Blähungen leiden, sollte zur Diagnosesicherung eine Darmspiegelung vorgenommen werden. Wurden organische Ursachen, v. a. von Tumoren oder Entzündungen, ausgeschlossen, kann eine Behandlung des Reizdarms einsetzen, welche gezielt die Symptome lindert. Dabei könne man bewährten Naturarzneimitteln, wie beispielsweise auch Heilerde, Vorrang vor nebenwirkungsträchtigen Arzneimitteln zu geben. Parallel dazu sind aber auch Allgemeinmaßnahmen wie Stressminderung und Ernährungsveränderungen für wichtig. In einer Studie an der Charité wurden 46 Reizdarm-Patienten mit Heilerde behandelt. Nach sechs Wochen Einnahmezeit verbesserten sich die Beschwerden um rund 50 Prozent.
Für Patienten mit Histamin-Intoleranz sei der wichtigste Schritt, die richtige Diagnose zu stellen, erklärt Professor Dr. Martin Raithel, Chefarzt in Erlangen. Die Vielfalt der Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall, aber auch Kopfschmerzen, verstopfte Nase oder Gesichtsrötungen führe leicht in die Irre, denn dahinter können viele andere Erkrankungen stecken, die ärztlicherseits überprüft werden sollten. Bei der Therapie einer nachgewiesenen Histaminunverträglichkeit ist neben Antihistaminika eine histaminarme Diät für die Patienten angezeigt, was mitunter jedoch belastend sein kann. Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung mit Heilerde sprechen dafür, dass das Naturheilmittel die Symptome einer Histamin-Intoleranz und die Belastung durch einschränkende Diäten deutlich reduzieren kann. Für die Behandlung mit Heilerde bei nachgewiesener Histamin-Intoleranz spricht, dass sie ein hohes Ad- und Absorptionsvermögen aufweist. Damit kann das Naturheilmittel Histamin und andere biogene Amine aus der Nahrung binden, diese werden dann ausgeschieden. Die besondere Zusammensetzung der Heilerde mit ihren Mineralstoffen und Spurenelementen könne auch regulierend auf die Darmfunktion wirken. Außerdem könne sie dafür sorgen, dass im Darm freigesetztes Histamin direkt im Darmlumen gebunden werden kann und dadurch die Symptome einer Mastzellreaktion oder Histaminbildung abgeschwächt werden.
Aber nicht nur bei Magen-Darm-Problemen, sondern auch auch bei verschiedenen Hautproblemen hat sich Heilerde z.B. als Naturkosmetik bewährt.
Quelle: Kurze Antworten auf große Fragen: “Heilerde im Fokus” anlässlich der 74. DGVS-Jahrestagung, 4. Oktober 2019, Wiesbaden