Keine Frage, die Pandemie vernichtet Existenzen, zerstört Lebensgemeinschaften und schädigt Kinder in einem Maße, das im Moment noch gar nicht absehbar ist. Keine Frage auch, Italien hat zu spät reagiert, Frankreich vielleicht anfangs zu zögerlich und die USA waren mit Herrn Trump mehr beschäftigt, als mit einem Virus, das man weder sieht noch riecht und schon gar nicht greifen kann. Das uns aber, und immerhin das steht mittlerweile ausser Zweifel, durchaus vernichten kann. Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Besserwisser, alles gut und schön - wir wollten es einfach besser machen - uns sollten all die Fehler der anderen einfach nicht passieren. Deswegen tagen wir seit rund 365 Tagen um ein einziges Thema: Wie kriegen wir das Virus in Griff? Faktum ist aber auch, wo viel getagt, noch mehr gesprochen und widersprochen wird, da bleiben die Taten auf der Strecke. Und so machen uns Kleinstaaten wie Israel oder selbst das gar nicht zur EU zählende Serbien vor, wie es geht. Schnell, effizient und problemlos! Ja, aber…
Die Deutsche Gesellschaft für Infektologie (DGI) hat folgende Stellungnahme herausgegeben. Und dieser ist nichts hinzufügen ausser der Bitte: AUFWACHEN!
Die Impfung gegen SARS-CoV-2 ist das wirksamste Mittel, das wir zum persönlichen Schutz vor schweren Verläufen und zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie haben. Deshalb kommt es darauf an, möglichst viele Menschen so schnell wie möglich zu impfen. Neue Zahlen aus Israel, wo bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine erste Impfdosis und mehr als ein Drittel bereits die zweite Injektion erhalten hat, zeigen, wie wirksam diese Maßnahme ist: Die COVID-19-Erkrankungen gehen auf Landesebene zurück, und das betrifft auch die besonders gefährdete Altersgruppe ab 60 Jahren. In Israel wird der mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer verwendet, der in der Zulassungsstudie eine Wirksamkeit von etwa 95% gezeigt hat.
Für den Vektor-basierten Impfstoff von AstraZeneca/Oxford wurden aus den Zulassungsstudien deutlich geringere Zahlen zur Wirksamkeit von ca. 70% berichtet. In einer unsachlichen Diskussion entstand der Eindruck, dass es sich bei der AstraZeneca/Oxford Vakzine um ein schlechteres Präparat handele, einen Impfstoff zweiter Klasse. Dies führt sogar dazu, dass Personen, die eine Priorität für die Impfung haben, nicht damit geimpft werden wollen.
Neue Daten aus Schottland mit mehr als 1,1 Mio. Geimpften zeigen jetzt, dass der AstraZeneca/Oxford Impfstoff einen exzellenten Schutz bietet. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung hat hier bereits eine erste Dosis mit einem Impfstoff erhalten, wobei sowohl der AstraZeneca Impfstoff als auch der BioNtech/Pfizer Impfstoff zum Einsatz kamen – unabhängig vom Alter. Die über 75-Jährigen erhielten sogar überwiegend den Impfstoff von AstraZeneca. In dieser bevölkerungsweiten Studie zeigt die Impfung einen beeindruckenden Effekt. Krankenhausaufnahmen wegen COVID-19 konnten durch dem AstraZeneca Impfstoff zu 94% verhindert werden. Der Effekt ist vergleichbar mit dem der BioNtech/Pfizer Vakzine, die hier Krankenhausaufnahmen um 85% reduzierte. Für die über 80-Jährigen zeigte sich eine Wirksamkeit von 81%, wobei hier nicht zwischen den beiden Impfstoffen unterschieden wurde.
Die Studie zeigt eindrucksvoll, wie effektiv Impfungen vor schweren Verläufen schützen. Sie zeigt auch, dass das primäre Kriterium für die Wirksamkeit einer Impfung, also die generelle Vermeidung von Infektionen, nur eins der Merkmale ist, nach denen wir Vakzinen beurteilen sollten.
Für das zweite Impfziel, die Bekämpfung der Pandemie, kommt es dazu nicht darauf an, welcher der zugelassenen Impfstoffe verwendet wird. Für dieses Ziel ist es absolut wichtig, so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich zu impfen. Zögern und Diskussionen über falsche Kriterien zur Wahl eines Impfstoffs sind hier unnötige Hindernisse.
Die schottische Studie schließt auch eine Lücke in der Evidenz zur Wirksamkeit: der AstraZeneca/Oxford Impfstoff wirkt auch bei Älteren, diese waren in den Zulassungsstudien zunächst unterrepräsentiert. Deshalb wurde die Impfung zunächst in Deutschland nicht für die Älteren empfohlen. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) würde den Einsatz des AstraZeneca Impfstoffes auch für ältere Menschen von mehr als 65 Jahren begrüßen, sollten sich diese Daten bestätigen. Damit das Impfprogramm auch in Deutschland schnellstmöglich voranschreitet, sollten alle jeweils zugelassenen und vorhandenen Vakzinen eingesetzt werden. Wir dürfen nicht den Fehler machen und über irrelevante Unterschiede diskutieren – jede Impfdosis, die wir bekommen können, soll so rasch wie möglich verimpft werden.
Quellen: H De-Leon et al., (2021), medRxiv preprint doi: https://doi.org/10.1101/2021.02.02.21250630 / E Vasileou et al., (2021), https://ssrn.com/abstract=3789264
Coronaimpfung
SARS CoV 2 Antigen Schnelltest