Längst weiß man ja, dass der Magen-Darm-Trakt und unser Gehirn im ständigen Austausch begriffen sind, um so beispielsweise während der Nahrungsaufnahme unter anderem das Sättigungsgefühl und den Blutzuckerspiegel anzupassen. Und hier gilt der Vagusnerv als besonders wichtiger Vermittler zwischen diesen beiden Organen. Forschende des Kölner Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung, des Exzellenzclusters für Alternsforschung CECAD der Universität zu Köln und der Uniklinik Köln haben sich die Aufgabenteilung der Nervenzellen in der Schaltzentrale des Vagusnervs genauer angeschaut und dabei Überraschendes entdeckt: Die Nervenzellen stammen zwar aus derselben Schaltzentrale, steuern aber unterschiedliche Regionen im Körper an und erfüllen dann auch gegensätzliche Funktionen bei der Steuerung unseres Sättigungsgefühls und des Blutzuckerspiegels.
Gut möglich, dass diese Entdeckung eine wichtige Rolle bei zukünftigen Therapien gegen Übergewicht und Diabetes spielen könnte.
Die Informationen über die aufgenommene Nahrung wird vom Magen-Darm-Trakt an das Gehirn weiter geleitet und kann so unser Hunger- und Sättigungsgefühl reguliert werden. Auf Grundlage dieser Informationen wird im Gehirn beispielsweise entschieden, ob wir weiter essen. Zusätzlich werden auch Informationen über den Blutzuckerspiegel vermittelt. Diese Kommunikation verläuft wesentlich über den Vagusnerv, welcher sich vom Gehirn bis in den Magen-Darm-Trakt zieht. In der Schaltzentrale des Vagusnervs, dem sogenannten Nodose Ganglion, sitzen die verschiedenen Nervenzellen, von denen einige den Magen und andere den Darm ansteuern. Manche dieser Nervenzellen reagieren auf mechanische Reize der Organe, wie die Ausdehnung des Magens, während andere chemische Signale, also Substanzen aus unserer Nahrung, wahrnehmen. Doch welche Funktionen übernehmen diese unterschiedlichen Nervenzellen während unserer Nahrungsaufnahme und welches Verhalten steuern sie in unserem Gehirn?
Studienleiter Henning Fenselau erklärt dazu dass man, …um die Aufgabenteilung der Nervenzellen zu untersuchen, verschiedenen Typen von Nervenzellen durch ein genetisches Verfahren in Mäusen sichtbar gemacht hat. So kann man genau sehen, welcher Typ Nervenzelle welches Organ ansteuert und erhält einen Eindruck davon, welche Signale wahrgenommen werden. Außerdem konnte man damit die unterschiedlichen Typen von Nervenzellen gezielt ein- und ausschalten, um ihre genaue Funktion während der Nahrungsaufnahme herauszufinden.
In dem gerade einmal ein Millimeter großen Nodose Ganglion. erkennt die Ausdehnung des Magens. Werden diese Nervenzellen aktiviert, essen die Mäuse deutlich weniger, denn diese Nervenzellen leiten Appetit-hemmende Signale an das Gehirn weiter und verringern darüber hinaus den Blutzuckerspiegel. Die zweite Gruppe von Nervenzellen steuert hingegen vor allem den Darm an und nimmt chemische Signale aus unserer Nahrung wahr, hat aber keinen Einfluss auf unsere Nahrungsaufnahme. Stattdessen erhöht die Aktivierung dieser Zellen den Blutzuckerspiegel. Beide Nervenzelltypen in der Schaltzentrale des Vagusnervs erfüllen somit gegensätzliche Aufgaben während der Nahrungsaufnahme.
Die Reaktion unseres Gehirns auf die aufgenommene Nahrung ist vermutlich ein Zusammenspiel dieser beiden Nervenzelltypen. Denn die Aufnahme von Nahrung mit viel Volumen dehnt den Magen, aktiviert die dort liegenden Nervenzelltypen und diese stoppen ab einem gewissen Punkt die weitere Nahrungsaufnahme und passen gleichzeitig den Blutzuckerspiegel entsprechend an. Nahrung mit hoher Nährstoffdichte führt eher zu einer Aktivierung der Nervenzellen im Darm. Diese erhöhen den Blutzuckerspiegel weiter aktiv, indem körpereigene Glukose ausgeschüttet wird, stoppen aber nicht die weitere Nahrungsaufnahme.
Zweifelsfrei ist: Die Entdeckung der unterschiedlichen Funktionen dieser beiden Nervenzelltypen könnte eine entscheidende Rolle bei neuen Therapien gegen Übergewicht und Diabetes spielen.
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