Sie treten häufig mit größeren und kleineren Beschwerden auf und sind seit dem Bestseller “Darm mit Charme” fast jedem lesefähigen deutschsprachigen Menschen hinlänglich bekannt. Und die peinigenden Unpässlichkeiten in unserem Verdauungstrakt sind keineswegs eine Erfindung der stressgeplagten Neuzeit - bereits Hippokrates jammerte laut darüber.
Verdauungsbeschwerden sind sozusagen die Blockbuster in der Heilkunde und keinswegs erst in der stress- und junkfoodgeschädigten Postmoderne erfunden worden. Sondern sie beschäftigten die Heilkunde schon seit ihren frühesten Aufzeichnungen. Dass nämlich der Tod im Darm sitzt, das wusste schon der griechische Arzt Hippokrates, der im 4. Jh v. Chr. auf der Insel Kos eine Ärzteschule gründete und spätestens seit ihm steht der Verdauungstrakt regelmäßig im Brennpunkt ärztlicher Überlegungen.
Schon in der Antike, und heute immer noch, wurde das Thema Ernährung dabei ganz oben angesiedelt, denn genau wie heute war man auch in früheren Jahrhunderten der Meinung, dass eine gesunde Ernährung einer Erkrankung vorbeugen kann. Der Unterschied zu heute liegt lediglich in der Auffassung von „gesund“. So war man der Ansicht, daß rohes Gemüse und frisches Obst mit äußerster Vorsicht zu genießen seien, daß Fisch nur unter Zugabe von scharfen Gewürzen wie Pfeffer und Safran ohne Gesundheitsrisiko verzehrt werden könne, Hasenfleisch trübsinnig stimme, und nach manchen medizinischen Autoritäten zwei gehörige Weinräusche im Monat durchaus der Entgiftung des Körpers dienen könnten.
Grund für diese heutzutage ein wenig eigenartig anmutenden Ansichten liegt in dem historischen Körper- und Krankheitskonzept der Vier-Säfte-Lehre (Blut, Schleim, Gelbe Galle, Schwarze Galle), deren Ungleichgewicht zu Krankheiten führt. Die dementsprechenden Typenbezeichnungen Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker haben also medizinische Ursachen. Dabei spielt nicht nur das Lebensalter, sondern auch der Zeitpunkt der Geburt eine Rolle: im Frühling Geborene sind Sanguiniker (warm und feucht), im Sommer geborene Choleriker (warm und trocken), im Herbst Geborene Melancholiker (kalt und trocken), im Winter Geborene Phlegmatiker (kalt und feucht). Kälte und Feuchtigkeit galten somit als schlechte Qualitäten und die häufigste Ursache für Krankheiten, daher haben es Phlegmatiker und Melancholiker schon von vorneherein schwer, sie sind anfälliger und außerdem charakterlich weitaus unsympathischer. Wenn ein Phlegmatiker jetzt ungewürzten Fisch isst, der schleimig, kalt und feucht ist, wird er vor lauter Phlegma sterbenskrank – wenn allerdings viel warmer trockener Pfeffer dazukommt, wird die Schleimigkeit ausgeglichen, die Kälte gewärmt. So funktionierte das vormoderne Konzept von „gesunder“ Ernährung.
Unter den im historischen Arzneischatz verwandten Stoffen finden sich nicht nur einheimische Heilpflanzen, sondern auch exotische Gewürze, Genussmittel wie Kaffee, Tee, Schokolade, nicht minder exotische Harze, Elfenbein, Perlen- und Edelsteine, tierische Duftstoffe wie Moschus, Zibet und Ambra und natürlich Schwermetalle wie Blei-, Quecksilber- und Antimonverbindungen. Alles Beispiele für, nach modernen Maßstäben, nicht unbedingt gesundheitsfördernde Arzneien. Doch als ausgesprochen gesund kann man auch moderne chemische Medikamente nicht bezeichnen - siehe deren zahlreiche Nebenwirkungen.
Magenmittel finden sich schon in alten Arzneibüchern in Hülle und Fülle, insbesondere enthielten sie neben Opium fast immer Bibergeil, Alkaloiddrogen wie Bilsenkraut und Alraune, aber auch exotische Harze wie Weihrauch und Myrrhe. Die daraus gewonnenen Mittel wirkten schmerzstillend, sedierend, krampflösend und bescherten einen angenehmen kleinen Rausch dank der darin enthaltenen Hallozinogene. Das prominenteste dieser Opiumkonfekte ist sicher der Theriak. Berühmte Theriak-Rezepte stammen von Leibärzten antiker Tyrannen, wurden als Antidote, Gegengifte, entwickelt und zeugen von den „paranoiden“ Persönlichkeiten der Herrscher… Ein guter Theriak, wie der des von Kaiser Neros Leibarzt Andromachus „erfundenen“, hatte 64 Zutaten, darunter sogar Schlangenfleisch, das Anschläge in Form giftiger Schlangenbisse kurieren sollte.
Ein besser bekömmliches Magenmittel war ein Zimtkonfekt, der als eine heilsame Medizin gegen die Feuchtigkeit des Magens, und dessen Fäulung galt. Es gab aber auch Magenmittel,in denen Gewürze mit Melisse,verschiedenen Minzearten(z.B. Poleiminze und Krauseminze), Angelikawurzel, Bibernelle und anderen einheimischen Arzneipflanzen kombiniert wurden. Und teilweise werden diese für ihre Magenwirksamkeit bekannten Heilpflanzen auch heute noch angewendet: Denn Melisse, Minze und Angelikawurzel sind auch Bestandteil von Tinkturen. Sie gehören, ebenso wie Mariendistel, Schöllkraut, Kamille, Süßholzwurzel und Kümmel zu den Heilpflanzen mit einer langen Tradition als Magenmittel. Die **Bittere Schleifenblume (Iberis amara), ist vermutlich eine, pharmaziegeschichtlich betrachtet, sehr junge Arzneipflanze, denn sie lässt sich für das Zeitalter der Kräuterbücher nicht eindeutig nachweisen. Der Name Iberis bezieht botanisch auf Kressen, Schaumkräuter oder Bauernsenfe und damit auf Pflanzen, die wie die Schleifenblume, zwar zu der Familie der Kreuzblütler zählen, aber anderen Gattungen angehören.
Welche Wohlfühlprogramme man seinem gesamten Bauchraum angedeihen lassen kann, erfährt man in unzähligen lehrreichen Büchern.