Ein Organ-Chip, welches Organstrukturen im Mikromaßstab zeigt, wird unter dem Mikroskop hergestellt. Dabei handelt es sich oft um nur ein Organ in Miniaturform aber mit all seinen Nerven und Gefäßverästelungen. Ist bei einem einzelnen Organ der Aufbau relativ einfach, so wird aber bereits versucht, mehrere Gewebe oder Organe, die auch im menschlichen Körper miteinander agieren und reagieren, auf nur einen Chi zu bringen und hier körpergleiche Bedingungen zu schaffen. In diesem Fall spricht man von einem Multi-Organ-Chip. Es bietet nicht nur die Gelegenheit neue Medikamente schneller und problemloser herzustellen, um die Tierversuche endlich abzuschaffen, sondern auch eine Möglichkeit, den Menschen Nebenwirkungen, die oft und unweigerlich bei einem neuen Medikament auftreten, künftig zu ersparen.
Eine in den Chip eingebrachte Flüssigkeit versorgt nicht nur die Zellen mit Nährstoffen und verbindet sie miteinander, sondern ist gleichzeitig auch verantwortlich für den Informationsaustausch zwischen den Geweben. So kann auf einem Multi-Organ-Chip das Zusammenspiel zwischen den Organen beobachtet und für weitere Untersuchungen verwandet werden. Ferner können damit Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung geprüft werden und Fehlerquoten lassen sich absenken.
Schon bald wird es auch möglich sein, alle wichtigen Organsysteme zu verknüpfen und den ganzen Menschen auf einem Biochip zu untersuchen. Damit könnte man dann nicht nur Medikamente schneller prüfen, sondern auch Krankheiten schneller diagnostizieren und besser erforschen.
Und - was für viele Patienten von großem Vorteil wäre – es könnte die personalisierte Medizin voranbringen.
Studien an der Politecnico di Milano haben gezeigt, dass zerebrale Erkrankungen, wie Alzheimer und Parkinson auf dem Vormarsch sind. Bei beiden Erkrankungen handelt es sich um eine gestörte Darm-Hirn-Achse, die durch eine erkrankte Mikroflora des Darmes verursacht worden ist. So lag es nahe, einen Multi-Organ-Chip zu entwickeln, mit dessen Hilfe die bestehenden, aber auch neue therapeutische Möglichkeiten dieser Erkrankungen zu untersuchen.
DIANA (Drug screenIng device to tArget braiN disease) nennt sich ein organ-on-a-chip (Organ auf einem Chip), auf welchem sich nicht nur das ganze Hirn befindet sondern auch die Blut-Hirnschranke, die das Hirn vor unkontrolliertem Überfluten mit schädlichen Substanzen und Teilsubstanzen schütz. DIANA soll die Basis für eine neue Generation von Multi-Organ-Produkten sein und in der Entwicklung von neuen therapeutischen Möglichkeiten bei zerebralen Erkrankungen eingesetzt werden.
DIANA soll im Rahmen des MINERVA genannten italiensichen Studien-Projekts dann auch die mikrobielle Darm-Hirn-Achse und der Einfluss der Mikroflora des Darmes auf zerebrale Funktionen untersuchen.
PEGASUS, ebenfalls ein Ableger des Minerva Projektes, soll wiederum eine personalisierte Körper-im-Chip Plattform erarbeiten, um das genetische Profil von Patienten erfassen zu können, die für die Teilnahme an einer klinischen Medikamentenstudie in Frage kommen. Dabei wird auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen eines Medikaments, aber auch auf mögliche Studienabbrecher geachtet.
Angefangen hat die Erforschung der Organ-Chips vor rund zehn Jahren am Wyss Institut der Harvard University. Auch wenn diese neuartigen Chips den Test am lebenden Organismus sicher (noch) nicht ersetzen, so bringen sie aber eine Reihe von Vorteilen mit. Und damit werden sie in der Medizin ihren Platz finden.
Mikroorganismen