Die Häufigkeit von Vorwürfen vermuteter medizinischer Behandlungsfehler liegt bundesweit bei etwa 40.000 pro Jahr. Bei einer durchschnittlichen Fehleranerkennungsrate von rund 30 Prozent entspricht dies einer Anzahl anerkannter medizinischer Behandlungsfehler von etwa 12.000 pro Jahr. Das neue Heft der Gesundheitsberichterstattung des Bundes am Robert Koch-Institut zum Thema Medizinische Behandlungsfehler gibt einen Überblick über die verschiedenen Wege, einen Fehlerverdacht klären zu lassen und zu den Häufigkeiten, mit denen diese Wege beschritten werden. Außerdem werden Fehlerursachen verdeutlicht, fehlerverursachende Konstellationen analysiert, Möglichkeiten der Fehlervermeidung aufgezeigt und der aktuelle Stand der einschlägigen Rechtsprechung skizziert.
Das Robert Koch-Institut, das die Gesundheitsberichterstattung des Bundes in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt durchführt, veröffentlicht seit vergangenem Jahr regelmäßig Themenhefte. Die Themen umfassen alle Bereiche des Gesundheitswesens. Neben der Information über Gesundheit und Krankheit ist die Analyse und Identifikation von Handlungsbedarf ein besonderer Schwerpunkte dieser Reihe. “Die Gesundheitsberichterstattung bietet eine wissenschaftliche Grundlage für politische Weichenstellungen an”, sagt Bärbel-Maria Kurth, Leiterin der Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung.
Bislang sind die GBE-Hefte Schutzimpfungen, Sterbebegleitung, Gesundheitsprobleme bei Fernreisen, Armut bei Kindern und Jugendlichen erschienen. Autoren der Berichte sind renommierte Experten von Hochschulen oder Institutionen, darunter auch aus dem Robert Koch-Institut selbst. Das GBE-Heft Medizinische Behandlungsfehler stammt von Martin Hansis vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen und Dieter Hart, Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen.
Als Behandlungsfehler bezeichnet man eine nicht angemessene, z. B. nicht sorgfältige, nicht richtige oder nicht zeitgerechte Behandlung. Ein solcher Fall kann alle Bereiche ärztlicher Tätigkeit (Tun oder Unterlassen) betreffen: Prophylaxe, Diagnostik, Auswahl des Behandlungsverfahrens, Therapie und Nachsorge. Er kann rein medizinischen Charakter haben, zum Beispiel die fehlerhafte Beurteilung eines Befundes, oder sich auf organisatorische Fragen beziehen, zum Beispiel fehlerhafte Ablaufplanung im Operationssaal oder fehlende interne Arbeitsanweisungen. Dabei präsentieren sich organisatorische Defizite unterschiedlichster Art als offenbar bedeutende, fachunabhängige fehlerverursachende Faktoren. “Sofern es gelingt, diesen durch qualitätssichernde Maßnahmen beizukommen, müsste sich ein Gutteil der Fehlervorwürfe bzw. der tatsächlich nachgewiesenen Fehler vermeiden lassen”, folgern die Autoren.
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