Den eingedickten Brei aus Honig, und, je nach überliefertem Rezept, Majoran, Selleriesamen, weißen Pfeffer, Ingwer, Galgant, Wacholder, Birnen, Quitten, Pflaumen und vielen anderen Früchten mehr, kannte bereits die mysthische Heilerin Hildegard von Bingen (sie schwor auf eine “köstliche Birnenlatwerge…”1). In jenen Zeiten, als Medizin noch nicht in Tablettenform verabreicht wurde und ihre Haltbarkeit sehr begrenzt war, stellte das dickflüssige, breiige Mus, welches (vor allem Kinder) vom Löffel abschlecken konnte, große Verwendung2.
Latwerge, dieses etwas gewöhnungsbedürftige und heute nicht mehr sehr geläufige Wort, stammt ursprünglich wohl aus dem Griechischen und wurde später im Mittelhochdeutschen als latwārje ein gängiger Begriff für das Ablecken eines Breis in sirupähnlicher Konsistenz von einem Löffel. Seinen Ursprung dürfte die Latwerge jedoch bereit in Babylonien gehabt haben. Von dort wanderte es mit den Arabern nach Europa ein.
Der praktisch in jeder Latwerge verwendete Honig diente dabei primär als Konservierungsmittel, die beigemischten Heilkräuter als Arzneien für alle gängigen Arten von Husten und Halsbeschwerden. Angeblich konnten Latwergen aber auch von “verdorbenen Körpersäften” reinigen.
Da vor allem im Mittelalter Zucker ein höchst kostbares und auch seltenes Gut darstellte, verwendete man zur Herstellung entsprechend süße Früchte und natürlich auch den bereits erwähnten Honig, um die oft bitteren Arzneidrogen, wie Galgant, Wacholder etc., vor allem für Kinder schmackhaft zu machen. War der Saft eher dünnflüssig, so wurde er als Linctus (Lecksaft) bezeichnet.
Auch der heute noch bekannte und beliebte Kräuterbitter, hergestellt aus Theriak, einer äußerst bitteren Kräutermischung, kann als Latwerge bezeichnet werden.
Heute kennt man die Latwerge vor allem noch im Saarland und der Pfalz als eingedicktes Pflaumen- oder Fruchtmus. Immer noch wird sie entweder für Süßspeisen “von latwergenähnlicher Konsistenz”, oder aber als Fruchtsirup verwendet.
Dem Trend der Naturmedizin folgend, und auf dem Weg “back to the roots”, sind heute eine Vielzahl von Latwergen für alle möglichen Wehwehchen in Naturkostläden, Reformhäusern und natürlich auch im Internet erhältlich.
Originaltext Hildegard von Bingen: „Die Birnhonig-Kur ist das köstlichste Latwerge und wertvoller als Gold, weil es die Migräne vertreibt und die Dämpfigkeit mindert und alle Fehlsäfte im Menschen vertilgt und den Menschen so reinigt, wie man einen Topf vom Schimmel reinigt.“ ↩
Wikipedia berichtet von einer Rezeptur namens Electuarium Karoli oder Kaiser-Karl-Latwerge, die u. a. gegen Heiserkeit eingesetzt wurde ↩