Krebs, Herz-Kreislauf- und neurologische Erkrankungen, Demenzen oder Schlaganfälle verlaufen oft tödlich. Jedes Jahr sind davon mehrere hunderttausend Menschen betroffen. Allein an Krebs erkrankten, lt. Robert-Koch-Institut im Jahr 2014 ca. 476.000 Menschen. Wird ein Tumor zu spät erkannt, gilt die Krankheit als unheilbar. Den Betroffenen verbleibt oft nur noch eine begrenzte Lebenszeit, die sie und ihre Angehörigen meist ganz individuell verbringen möchten. In dieser Phase zählt jede Verbesserung der Lebensqualität und es ist entscheidend, dass zumindest die schwerwiegenden Symptome auf ein möglichst erträgliches Maß reduziert werden.
Die so genannte Palliativversorgung dient diesem Ziel. In ihrem Mittelpunkt steht die Linderung körperlicher Beschwerden. Symptome, die in der letzten Phase einer unheilbaren Erkrankung verstärkt auftreten, sind Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Atemnot, Flüssigkeitsmangel, Schwitzen, Verstopfung, Mangelernährung und starker Gewichtsverlust. Die Palliativmedizin reagiert mit Schmerztherapie, moderner Wundversorgung und künstlicher Ernährung darauf. Aber eine gute Palliativversorgung ist mehr, sie umfasst auch die psychosoziale und spirituelle Betreuung der Patienten. Wenn medizinisch möglich, sollten sie zu Hause versorgt werden. Denn die meisten Menschen ziehen es vor, im Kreise ihrer Familie und Freunde ihre verbleibende Lebenszeit zu verbringen und nicht in einer Klinik zu sterben.
Die meisten Menschen in Deutschland können oder dürfen aber nicht in ihrer gewohnten Umgebung bleiben: Von über 900.000 Menschen sterben jährlich (Statistik 2017) etwa 80 Prozent in Kliniken und Heimen. Doch Patienten mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden Krankheit und dadurch begrenzter Lebenserwartung haben in bestimmten Fällen Anspruch auf eine „spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ (SAPV). Sie soll es ihnen ermöglichen, mit Unterstützung von Fachkräften, so genannten „Palliative Care Teams“ (PCT), bis zum Tod in der vertrauten häuslichen Umgebung zu bleiben. An der Gründung dieser Palliative Care Teams sind die gesetzlichen Krankenkassen beteiligt: Sie schließen mit den lokalen Pflegediensten und Ärzten Verträge über die Gründung solcher Teams.Wichtig ist der multiprofessionelle Ansatz der PCT’s, das heißt sie setzen sich aus Ärzten, Pflegefachkräften, Seelsorgern und Sanitätshäusern zusammen. Die Aufgaben solcher Teams liegen vor allem in der medizinischen und pflegerischen Beratung und Begleitung des Patienten sowie der Koordination der einzelnen Akteure. Weitere Ansatzpunkte sind die Beratung der behandelnden Ärzte, die Mitbehandlung oder sogar die vollständige Übernahme der Patienten-Betreuung.
Lange Zeit war die ambulante Palliativversorgung in Deutschland nur unzureichend gesetzlich reguliert. Die palliativmedizinische und -pflegerische Betreuung Sterbenskranker wurde nicht als eigenständige Leistung angesehen. Durch die 2008 erfolgte Neuregelung werden der Anspruch und die Kostenübernahme für ärztliche und pflegerische Leistungen, die von den Palliative Care Teams erbracht werden, geregelt. Ziel ist es, die Lebensqualität und Selbstbestimmung schwerkranker Menschen zu erhalten und möglichst zu verbessern sowie ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Im Gegensatz zur so genannten Hospizversorgung sind diese Leistungen primär medizinisch ausgerichtet und haben zum Ziel, die Betroffenen von Schmerzen zu befreien und belastende Symptome wie Luftnot, Übelkeit oder Erbrechen zu lindern. Der Rahmen für eine Inanspruchnahme von Leistungen ist sehr eng gesteckt: Ein Leistungsanspruch auf ambulante Palliativversorgung steht Patienten nur dann zu, wenn sie eine deutlich begrenzte Lebenserwartung (nur noch wenige Tage, Wochen oder Monate) haben und schwere bzw. viele verschiedene Krankheitssymptome aufweisen. Das Feststellen eines berechtigten Anspruchs erfolgt durch den behandelnden Arzt.
Die Medizintechnologie ist in der ambulanten Palliativversorgung für eine menschenwürdige Behandlung sehr bedeutsam. Wichtige Bereiche, in denen medizintechnologische Produkte helfen können, Leiden in der letzten Lebensphase zu lindern, sind zum Beispiel Schmerzend Infusionstherapie, Stoma- und Inkontinenzversorgung, Haut- und Wundversorgung sowie künstliche Ernährung. Durch den gezielten und genau abgewogenen Einsatz innovativer Medizintechnologien können die teilweise schwersten Begleiterscheinungen von Palliativerkrankungen gelindert werden. Keine Technologie kann eine würdevolle Betreuung, tröstende Berührung oder ein vertrauensvolles Gespräch ersetzen. Was die verschiedenen Medizintechnologien aber leisten können ist, den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich ganz individuell und mit sowenig wie möglich Beschwerden auf das allmähliche Abschiednehmen einzulassen.
Ambulante Palliativversorgung, das heißt die medizinische, pflegerische und spirituelle Betreuung schwerstkranker, sterbender Menschen in ihrem gewohnten Umfeld, gibt es in Deutschland immer noch für viel zu wenige Patienten. Die Finanzierung und damit auch die Verfügbarkeit so genannter Palliative Care Teams sind noch nicht flächendeckend gesichert. Noch viel zu viele Palliativpatienten werden durch die enge Definition von der dringend notwendigen ambulanten Versorgung ausgeschlossen.
Weitere Informationen findet man u.a. bei der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin
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