Kühe sind für Kinder in erster Linie groß und vielfach lila. Sieht man sie dann in Natura im Stall oder auf der Weide, gibt es den berühmten Aha-Effekt. Weder lila noch niedlich, dafür aber ziemlich groß und nicht wirklich vertrauenserweckend. Und Milch geben sie auch nicht einfach nur so. Keine Frage, ein landwirtschaftlicher Betrieb, wie der Bauernhof, ist für Kinder, aber auch für Erwachsene, wirklich sehr interessant. Da gibt es viel zu entdecken und mitunter stellt man auch fest, dass die Luft dort irgend wie gesünder erscheint. Womit wir beim Thema Allergie wären.
Allergiker nehmen immer mehr, vor allem aber in Großstädten, zu. Und längst nicht alle Betroffenen werden auch behandelt. Ein neu entdeckter Immunmechanismus könnte diesem Problem nun entgegenwirken. Die Basis für eine erfolgreiche Behandlung liefert der Bauernhof-Effekt, welcher zeigt, dass im Umkreis von etwa 400 Metern eines Bauernhofs mit Kuhstall Allergien, Asthma und atopischen Sensibilisierungen wesentlich weniger auftreten als anderswo. Zwei wichtige, mittlerweile auch in Studien1 nachgewiesene, Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle: das Einatmen von Stallstaub sowie das Trinken von Rohmilch. Denn die für die Immunabwehr wichtigen Lipokaline sind sowohl im Stallstaub, als auch inder Umgebungsluft nachweisbar.
So stellte man fest, dass Kinder, die in einer Bauernhof-Umgebung aufwachsen, ein Asthma-Risiko von nur 1 %, Stadtkinder dagegen von 12 % aufweisen. Grund dafür ist das von Kühen abgesondertes Schlüsselmolikül Beta-Lactoglobulin (BLG), welches sowohl im Stallstaub als auch in der Milch vorkommt und den sogenannten „Bauernhofschutz gegen Allergien“ darstellt2.
Beta-Lactoglobulin (BLG) findet man in Rohmilch, zu der man nur äußerst selten Zugang hat, da sie, man man schon lange weiß, potenziell mit einer Gefahr für Infektionen verbunden ist.
Da die allermeisten Kinder (und auc Erwachsenen) weder direkten Zugang zu einem Kuhstall, und schon gar nicht zu Rohmilch haben, entwickelte man ein Produkt, welches BLG aus Bio-Kuhmilch-Molke mit einer Kombination aller drei Liganden durch Lutschen an die Immunzellen der Schleimhaut heranbringt und die Allergie-dämpfenden regulatorischen Zellen auf „Toleranz“ stellt. Eine erfolgreiche doppelblinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte Pilotstudie mit Pollenallergikern zeigte, dass das von der Firma Bencard entwickelte Produkt auch in vivo die allergische Immunantwort verhindern kann. Weitere Studienergebnisse werden in den nächsten Monaten erwartet.
In einem Bericht des Universitätsklinikum Münster heißt es u.a. “bei Geburt ist das Immunsystem naiv. Aus dieser Naivität entwickelt sich dann entweder Toleranz oder Allergie gegen normale Umweltstoffe wie Hausstaubmilben, Pollen oder Lebensmittel”!… Früher haben wir geglaubt, man müsse Allergenen strikt aus dem Weg gehen – heute wissen wir, dass dieser Weg falsch ist. Das Immunsystem muss sich mit Allergenen auseinandersetzen, um Toleranz zu entwickeln”.
Riedler J, Braun-Fahrländer C, Eder W, Schreuer M, Waser M, Maisch S, Carr D. Lluis A, et al. Protection Against Allergy: Study in Rural Environments Study Group. Lancet 2001;358:1129; ↩
Roth-Walter F et al.; J Allergy Clin Immunol. 2020 May 30:S0091-6749(20)30742-9. doi: 10.1016/j.jaci.2020.05.023. ↩
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