Spätestens seit der Pandemie mit ihren völlig veränderten Lebensumständen ist seelische Gesundheit zu einem wichtigen Thema geworden. Wir alle mussten von heute auf gleich lernen, wie man mit Herausforderungen und Widrigkeiten aus einer ganz anderen Perspektive umzugehen hat. Viele Menschen hatten damit, zumindest anfangs, ihre Probleme. Die Berichte über HomeOffice etc.-Stress wurden immer häufiger. Bestätigt wird dies auch durch Versichertendaten der KKH, die zeigen, dass Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten im Bundesdurchschnitt 42,5 Tage wegen Depressionen, Angststörungen, Burnout und Co. krankgeschrieben waren.
Stress wird auch von jedem Betroffenen anders eingeschätzt und ebenso vielfältig sind daher auch die individuellen Strategien für den Umgang mit Stress. Längst weiß man auch, dass von diesen Strategien manche eher den Stress erhöhen als ihn zu senken.
Der Wirtschaftspsychologe Dr. Carl Naughton erklärte in einem von Bayer Vital veranstalteten Workshop, wie das funktionieren kann.
Arbeitsstress besteht in Form des sogenannten „Work Life Blendings“. Das kann zu Rollenstress führen, weil der fließende Übergang zwischen Arbeits- und Privatleben dazu führt, dass die Rollenklarheit verloren geht. In einem Moment Führungskraft oder Mitarbeiter zu sein und, sobald die Tür im Home Office aufgeht, Partner oder Elternteil zu sein zu müssen, kann nachweislich Stress auslösen.
Informationsstress entsteht durch die schiere Menge an Informationen, die uns zur Verfügung steht. Aber auch die Qualität dieser Informationen ist entscheidend. Ist sie gering, fehlt der entscheidende Teil und die Suche beginnt. So kann unser Umgang mit Information auf zwei Arten zum Stressauslöser werden.
Sozialer Stress kann durch zu viele Menschen oder zu wenige Menschen entstehen. Zu viele Menschen auf einem Fleck um uns herum wirken negativ auf unser Nervensystem. Auf der anderen Seite erleben wir durch die soziale Isolation ebenfalls Stress.
Veränderungsstress stellt bei einer Anpassung an neue Anforderungen immer auch das eigene bisherige Können in Frage. Veränderung löst daher besonders dann Stress aus, wenn er das Gefühl mitbringt, die neue Situation und die Veränderung nicht selbst beeinflussen oder kontrollieren zu können.
Was aber kann der einzelne Mensch tun, wenn er sich einer solchen überfordernden Situation ausgesetzt sieht? Wenn man akuten Stress spürt, helfen nach der „Restauration Theory“ und entsprechenden wissenschaftlichen Belegen als Sofortmaßnahme ganz allgemein bereits Bewegung oder tiefes Durchatmen.
Doch das allein reicht nicht. Deshalb der systematische Ansatz, bei dem es darum geht, den „inneren Kompass“ auszurichten und zu wissen, auf welche Stressursache wir reagieren sollen.
Mit dem „Circle of Control“ wird die Situation identifiziert, die den Stress auslöst. Dabei schreibt man in einen gezeichneten Kreis, welche Aspekte in dieser Situation kontrolliert werden können und helfen könnten. Alle die Dinge, die nicht beeinflusst werden können, schreibt man außerhalb des Kreises. Dies zeigt schließlich, was wir ändern können und damit den Handlungsspielraum.
Das „Emotions Management“ hilft bei der gezielten Beeinflussung der Interpretation von Stress. Hierzu hilft bereits tiefes Einatmen, da dies das parasympathische Nervensystem aktiviert und somit für mehr Ruhe sorgt. Bereits die Benennung der Situation senkt die Aufgeregtheit. Eine Neuinterpretation kann die Emotion sogar komplett versiegen lassen.
Man sollte sich zudem nach der Sinnhaftigkeit seiner Aufgaben fragen, um so die „persönlichen Wiesos“ zu beantworten. Dies führt zu einer bewussten und motivierenden Zusammenstellung unserer eigenen Qualitäten, die wir in unserem Leben ausdrücken wollen.
Nähe hilft: Eine Studie zur Häufigkeit freundschaftlicher Berührungen belegt den sogenannten „Skin Hunger“. Es stellte sich heraus, dass die Gewaltbereitschaft bei Kulturen, in denen sich die Menschen häufiger berühren, relativ niedrig ist. Daraus lässt sich ableiten, dass auch Berührungen Stress lindern können.
Raus in die Natur: Der Aufenthalt in der Natur ist eine der stärksten Ressourcen für das Aufladen des Aufmerksamkeits-Akkus. Die Natur provoziert Aufmerksamkeit, die nicht anstrengt, sondern regeneriert. Sie ermöglicht einen Abstand zum Alltag. Schon 1991 zeigte eine Studie von Ulrich et al., dass Naturumwelten geeignet sind, um sich von Stress zu erholen und positive Gefühle zu erleben. 2001 zeigten die Frances Ko und William Sullivan dass bereits eine Stunde pro Woche in der Natur unsere Aufmerksamkeitsfähigkeit signifikant erhöht.
Sollte man sich, nach - soweit möglich praktikabler - Umsetzung all dieser Ratschläge immer noch gestresst fühlen, dürfte der Weg zum Therapeuten der einzig richtige sein.
Quelle: PM Bayer Vital GmbH