Jedes Kind kennt die Geschichte von Rumpelstilzchen, das Männlein, das mit einem Bein vor Zorn in die Erde stößt und sich dann wütend entzwei reißt.
Und auch das HB-Männchen aus der Zigarettenwerbung der 70er Jahre ist vielen von uns noch bekannt: Bei jedem Ärger stieg ihm die Zornesröte ins Gesicht und er explodierte vor Wut - nur eine Zigarette brachte ihm seine Gelassenheit zurück.
Betroffene merken am eigenen Leib, dass Wut etwas im Körper verändert. Herzrasen, rote Flecken im Gesicht, Hals und Dekolleté sowie Hitzewallungen sind nur einige Anzeichen für den Anstieg des Blutdrucks und der Pulsfrequenz. Mediziner interessieren sich schon seit Langem für die Auswirkungen von kurzen Wutausbrüchen auf die Gesundheit.
Eine Meta-Studie der US-Forscher Elizabeth Mostofsky, Elizabeth A. Penner und Murray A. Mittleman, die 2014 in der Fachzeitschrift „European Heart Journal“ erschien1, befasste sich näher mit diesem Thema und wertete neun Studien aus den Jahren 1966 bis 2013 aus.
Kurzzeitiger psychischer Stress kann zu einem höheren Herz-Kreislauf-Risiko führen!
Die Forscher berechneten, dass kurze Anfälle von Wut das Risiko für einen Herzinfarkt um fast das Fünffache und die Gefahr eines Hirninfarkts um mehr als das Dreifache steigen lässt. Das Risiko eines platzenden Aneurysmas im Kopf erhöht sich nach einem Zornesausbuch sogar um mehr als das Sechsfache. Emotionaler Stress kann demnach auch zu Herzrhythmusstörungen führen und das alles noch bis zu zwei Stunden nach dem Wutanfall.
“Tatsächlich kann großer emotionaler Stress ein möglicher Trigger – also Auslöser – für einen Herzinfarkt sein”, bestätigt auch Professor Stephan Baldus, Direktor des Herzzentrums der Uniklinik Köln.
Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin treiben den Blutdruck nach oben. “Die Wand eines bereits erkrankten Blutgefäßes kann dann einreißen, ein Blutgerinnsel setzt sich auf die Verletzung – und so kann es in der Folge zum Verschluss eines Herzkranzgefäßes kommen”, so Baldus.
Allerdings gibt es eine große Einschränkung:
Ärger lässt sich nicht vermeiden; sei es im Beruf oder im privaten Umfeld. Wir müssen mit ihm leben und lernen, mit ihm umzugehen.
Seine Wut zu schlucken, sie zu ignorieren und so zu tun, als wäre die Welt in Ordnung - das ist leider auch keine Lösung! Im Gegenteil - der psychische und physische Druck in uns steigt ins Unermessliche und sucht sich ein Ventil zum Stressabbau. Dies zeigt sich dann häufig in Schlafstörungen, Nacken- oder Rückenschmerzen, Unruhe sowie Gereiztheit. Dieser Gefühlsstau ist gefährlich und steigert das Risiko einer Herzkreislauferkrankung ebenso wie ein Wutanfall. Der ungarische Psychoanalytiker und Mitbegründer der Psychosomatik Franz Alexander (1891-1964) hat bereits 1939 die These aufgestellt, dass unterdrückter Ärger zu Bluthochdruck führen kann. Eine schwedische Langzeit-Studie bestätigte seine Beobachtung und wies nach, dass heruntergeschluckter Ärger das Herzinfarkt-Risiko, v. a. bei Männern, verdoppelt2.
Unsere Kultur, unser ganzes menschliches Zusammenleben basiert darauf, Rücksicht zu nehmen, beherrscht zu agieren und seine Gefühle zu kontrollieren.
Die Deutsche Herzstiftung gibt 8 Tipps zum Umgang mit Wut und für eine innere Gelassenheit:
Wechseln Sie in die Vogelperspektive: Viele Probleme erledigen sich von selbst, wenn man sich von außen beobachtet und das Unvermeidliche einer Situation wahrnimmt.
Zauberwort Sport: Bereits eine halbe Stunde Nordic Walking, Schwimmen oder Joggen kann Wunder vollbringen.
Die Stress-Ursache anpacken: Finden Sie gemeinsam Lösungen oder lassen Sie sich von Experten helfen.
Entspannungstechnik einüben: Yoga, progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training helfen beim Stressabbau.
Starten Sie Ihren Gegenentwurf: Positive Aktivität und geliebte Hobbys geben einen Ausgleich.
Verbannen Sie Entspannungskiller: Fernsehen ist keine Lösung - treffen Sie sich lieber mit Freunden!
Vorsicht mit Medikamenten: Medikamente lösen keine Probleme und führen häufig in die Abhängigkeit.
Achten Sie auf Ihre Ernährung: Gerade die Mittelmeerküche ist gesundheitsfördernd und braucht nicht viel Zeit in der Küche.
Welcher der Tipps Ihnen weiterhilft, müssen Sie ausprobieren.
Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt ganz pragmatisch: Wenn eine Methode Entspannung bringt, ist sie auch gut für Sie - wenn nicht, sollte man andere Sachen ausprobieren.
Mostofsky E, Penner EA, Mittleman MA. Outbursts of anger as a trigger of acute cardiovascular events: a systematic review and meta-analysis. Eur Heart J. 2014 Jun 1;35(21):1404-10. ↩
Leineweber C, Westerlund H, Theorell T, Kivimäki M, Westerholm P, Alfredsson L. Covert coping with unfair treatment at work and risk of incident myocardial infarction and cardiac death among men: Prospective cohort study. JECH. Accepted 2 Sept 2009. DOI 10.1136/jech.2009.088880 ↩