Brian Settlemoir (39) aus dem kalifornischen Folsom schickte seinem Arzt kürzlich eine E-Mail: „Mein Blutbild zeigte, dass mein Cholesterinspiegel gefallen ist. Kann ich deshalb ab sofort die Pille, die Sie mir verschrieben hatten, halbieren?“. Die elektronische Antwort „Nein, noch nicht“, wurde dem Arzt von der Krankenkasse seines Patienten honoriert – mit 25 Dollar.
Ja, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es jetzt auch das: die Arztvisite per E-Mail. Und immer mehr amerikanische Krankenkassen stimmen dieser elektronischen „Verarztung“, dieser ärztlichen Konsultation via E-Mail zu und zahlen dafür.
Ärzte wie Patienten in Amerika sehen in dieser neuen Form des Arzt-Patienten-Verhältnis Vorteile:
ÄRZTE verringern somit die Anzahl jener Patienten, die sich in Wartezimmern aufhalten. Sie nennen eine Anzahl von möglichen elektronischen Beratungen: so lassen sich Fragen beantwortet, die sich nach kleineren operativen Eingriffen ergeben, so können Diäten (Speisepläne) und Medikamentenverschreibungen erörtert werden. In jedem Fall muss der Arzt, so eine Krankenkassenvorschrift, „Sicherheit und Wohlergehen des Patienten“ bei E-Mailberatungen garantieren. Wenn die Zahl der Patienten, die eine Praxis aufsuchen oder auch telefonisch um Rat fragen, verringert werden kann, hat der Arzt mehr Zeit für andere Kranke, bei denen das persönliche Vorsprechen unumgänglich ist.
PATIENTEN müssen sich nicht an die Sprechzeiten halten, sie können nach Feierabend von zu Hause aus ihren Arzt konsultieren – oder das sogar vom Arbeitsplatz aus tun. Viele Betriebe, wie etwa Cisco in Silicon Valley, begrüßen das. „So muss ein Mitarbeiter nicht frei nehmen“, meint dazu ein Cisco-Sprecher. Patienten also sparen, wie der Arzt auch, Zeit. Patienten können zudem per E-Mail Röntgen- und andere Ergebnisse zugestellt bekommen. Auch Rezepte lassen sich auf elektronischem Wege übermitteln. Ärzte wie auch Versicherungen in den USA unterstreichen, dass E-Mailberatungen besonders nützlich für Patienten mit chronischen Erkrankungen sind. In diesem Zusammenhang werden Asthma, Diabetes und Probleme mit dem Herzen genannt.
Mehr und mehr amerikanische Krankenkassen stimmen dem neuen Verfahren zu. Blue Shield von Kalifornien beispielsweise, eine der größten Kassen des Bundesstaates, zahlt für jede Online-Beratung 25 Dollar an den Arzt. Andere Krankenkassen sind „knauseriger“ und belassen es bei einem Honorar zwischen fünf und zehn Dollar. 24 und 30 Dollar zahlen Blue Cross in den Bundesstaaten New York, Florida, Colorado, Massachusetts, New Hampshire und Tennessee. Allein Blue Shield Kalifornien hat bereits 160 000 seiner insgesamt sechs Millionen Versicherten für E-Mailkonsultationen angemeldet. Wöchentlich kommen etwa zehntausend dazu.
In jedem Falle muss sichergestellt sein, dass die entsprechende Online-Verbindung zwischen Arzt und Patient Dritten nicht zugänglich und die Bezahlung per Kreditkarte absolut sicher ist. Ärzte müssen sich dafür spezielle Software anschaffen, die aber preiswert angeboten wird. Eine führende Firma auf diesem Sektor ist IDX in South Burlington/Vermont. Es werden auch nur Patienten per E-Mail beraten, die zuvor wenigstens einmal persönlich in der Praxis vorgesprochen haben.
„Der Online-Arztbesuch“, urteilt die Gesundheitsexpertin Judith Faulkner, „ist ein enormer medizinischer Fortschritt“.