Seit wenigen Wochen ist das neue Novartis-Medikament Glivec® (früher bekannt unter dem Namen STI571) EU-weit zugelassen. Mit Glivec® gelang den Novartis-Forschungs- und Entwicklungsteams ein Meilenstein u.a. bei der Behandlung von Chronisch Myeloischer Leukämie (CML).
Glivec® ist in der Europäischen Union sowie in mehr als 50 anderen Ländern weltweit, für die Behandlung von CML in der chronischen Phase bei Versagen einer Interferon Alpha- Therapie oder in der akzelerierten Phase oder Blastenkrise, zugelassen. Mit der Markteinführung von Glivec® beginnt tatsächlich ein neues Zeitalter in der Behandlung von CML und es eröffnen sich große Hoffnungen für die Behandlung anderer Krebsarten.
Die Chronisch Myeloische Leukämie ist eine von vier vorkommenden Leukämien. Von den Leukämie-Patienten haben 15-20 % eine CML. Ausgehend von einer entarteten Stammzelle, die sich im Knochenmark immer weiter teilt, entwickelt sich die Erkrankung meist schleichend über Jahre. Frühsymptome sind u.a. anhaltende Müdigkeit, mangelnde Belastungsfähigkeit, Blutungserscheinungen, Völlegefühl und Spannung im Oberbauch. In Österreich gibt es ca. 125 Neuerkrankungen/Jahr.
Grundsätzlich handelt es sich bei CML um einen hämatologischen Stammzellendefekt, der durch eine chromosomale Abnormität der Stammzellen im Knochenmark verursacht wird. Seit 1960 ist bekannt, dass 95% aller CML-Patienten ein Stück des Chromosoms 22 fehlt. Dieses verkürzte Chromosom erhielt nach dem Ort seiner Entdeckung den Namen Philadelphia-Chromosom. Jahre später entdeckten Wissenschafter, dass das fehlende Stück DNA auf das Chromosom 9 übergewechselt war. Durch diese “Translokation” fusionieren Gene und steuern den Bau eines Kombi-Enzyms (bcr-abl). Im Jahr 1986 beschäftigte sich der Forscher Alex Matter mit den Ursachen von Krebs und der Signalübermittlung in den Zellen. Dabei stellte sich heraus, dass dieses Enzym – bcr-abl aus der Familie der Tyrosin-Kinasen - bei der Chronisch Myeloischen Leukämie eine entscheidende Rolle spielt. Dieses Enzym sorgt, wenn es aktiviert ist, für die rasante Vermehrung der weißen Blutkörperchen.
Herkömmliche Krebstherapien greifen sowohl kranke als auch gesunde Zellen an. Glivec® , das oral verabreicht wird, ist in der Lage, nur die krankmachenden Prozesse zu stoppen und so die Chronisch Myeloische Leukämie gezielt anzugreifen. Dies funktioniert vereinfacht dargestellt so: Das Glivec® -Molekül passt ganz genau in eine Tasche jenes Enzyms, das die rasante Vermehrung von Leukämiezellen auslöst und stoppt so diesen Prozess. Glivec® und greift den krankheitssteuernden Prozess direkt an. Dies erklärt auch den Umstand, dass Glivec® im Vergleich zu anderen Therapien wesentlich geringere Nebenwirkungen erzeugt.
Derzeit wird Glivec® in Europa dann eingesetzt, wenn die Primärtherapie, die Alpha- Interferon-Therapie beim Patienten versagt und eine Knochenmarktransplantation nicht möglich ist. Wie die Studien gezeigt haben, ist es mit Glivec® sogar möglich, Patienten aus der Blastenkrise (die im Normalfall innerhalb von 2 bis 6 Monaten zum Tod führt) wieder in das Stadium der chronischen Phase, mit weitaus besseren Transplantationschancen, zurückzuführen.
Die dargestellte Wirkungsweise von Glivec® – der Unterbrechung der Signalübertragung zum unkontrollierten Wachstum in der Zelle – eröffnet auch neue Hoffnungen für die Behandlung weiterer Krebsarten. Zu den weltweit von Krebszentren untersuchten Forschungszielen zählen folgende solide Tumorentitäten:
Bisher noch nie da gewesene Ergebnisse und ein wesentlicher Fortschritt in der Behandlung, wurde durch den Einsatz von Glivec® bei GIST-Patienten erzielt. GISTs (gastrointestinaler Stromatumor) sind die häufigste maligne Form von Sarkomen im Magendarmtrakt. Sie waren in der Vergangenheit sehr schwer zu behandeln, da sie eine hohe Resistenz gegenüber herkömmlicher Chemo- und Strahlentherapie aufweisen. Nicht operierbare und/oder metastasierte GISTs sind unheilbar und mit einer mittleren Überlebensdauer von rund zehn bis zwölf Monaten verbunden.
Die Zulassung der FDA für GIST wurde in den USA am 1. Februar 2002 erteilt, für Europa erwartet man sie für den Juni 2002. Die Zulassung der FDA für GIST in den USA basiert auf einer Studie in der 147 Patienten mit inoperablen oder metastsierten GIST’s über einen Zeitraum von 24 Monaten mit Glivec ® / Imatinib behandelt wurden. Die Ansprechrate lag durchschnittlich bei 38 Prozent.