Bereits mit vier Jahren stand sie das erste Mal auf dem Eis, um das sich nun ihr ganzes Leben dreht: Anni Friesinger zählt zu den besten Eisschnellläuferinnen der Welt. Die 26jährige hat inzwischen alles erreicht, was in einer Sportlerkarriere möglich ist. Sie ist Weltmeisterin, Olympiasiegerin und Weltrekordhalterin. Und das, obwohl sie seit einigen Jahren an Asthma leidet.
Beim Eisschnelllauf kann man ohne großen Aufwand und technische Hilfsmittel hohe Geschwindigkeiten erzielen. Schnelligkeit finde ich faszinierend, ich liebe auch schnelle Autos. Ich habe das Glück, dass ich mein Hobby, meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte. Bei meinem täglichen Training geht es nicht nur um Eislaufen, zur Vorbereitung gehören zum Beispiel auch Radfahren, Schwimmen und allgemeine Athletik, und das alles macht mir Riesenspaß. Ich genieße es, mich beim Training zu schinden und an meine Grenzen zu gehen und dann beim Wettkampf wirklich das Letzte und Bestmögliche rauszuholen.
Nach dem Weltcup im November ?96 hatte ich einen Husten, den ich gar nicht mehr los geworden bin. Der hat sich bis zur Atemnot verschlimmert, und ich bekam dann meinen ersten Asthmaanfall. Der Lungenfacharzt hat eine verschleppte Bronchitis diagnostiziert. Dadurch sind die Lungenbläschen so geschädigt worden, dass ich das Gefühl habe, dass der verbrauchte Sauerstoff drin klebt und kein Platz für neuen Sauerstoff ist. Das ist wie eine Klappe, die zumacht, und dann wird die Luft knapp.
Ich habe zunächst mal pausiert, und musste vor allem an meiner Atmung arbeiten. Besonders das Ausatmen, das für Asthmatiker ja oft problematisch ist, habe ich bewusst trainiert. Die Bauchatmung ist für mich jetzt ganz wichtig, nur mit der Brustatmung komme ich nicht aus. Außerdem nehme ich jetzt Medikamente, die das Asthma unter Kontrolle halten.
Die Luft in den Sporthallen ist nicht die beste. Die Luftfeuchtigkeit wird künstlich runtergefahren, damit die Beschaffenheit des Eises gut bleibt, so dass die Luft sehr trocken ist. Im Training draußen ist es oft sehr kalt, häufig bis 15 Grad minus, das sind natürlich extreme Bedingungen, die mir zu schaffen machen. Man kann das bei mir sehen, wenn ich mir nach dem Lauf erstmal den Reißverschluss des Anzugs aufreiße und nach Luft ringe. Am besten hilft dann, wenn ich mich nach oben hintenstrecke oder nach vorne beuge, um die Lunge zu entlasten. Und natürlich kommt bei jedem Wettkampf die Anspannung dazu, die auch auf die Atmung schlägt. Die rhythmische, gleichmäßige Atmung ist dann ganz wichtig.
Es muss zunächst mal den Dopingrichtlinien entsprechen, da gibt es strenge Vorgaben. Als Entzündungshemmer setze ich auf inhalative Glukokortikoide. Diese Controller müssen die Symptome beseitigen und ich muss mich sicher fühlen, dass kein neuer Anfall kommt. Für mich ist entscheidend zu wissen, dass ich mich auf die Wirkung verlassen kann, damit ich mich in keiner Weise eingeschränkt fühle. Die einfache und zuverlässige Anwendung des Inhalators ist natürlich auch wichtig, damit ich sicher sein kann, die richtige Medikamentendosis zu bekommen. Und ganz entscheidend: Starke Wirkung aber wenig Belastung für den Körper. Ich kann es mir nicht leisten, meine Gesundheit auf’s Spiel zu setzen.
Wir Sportlerinnen werden natürlich ärztlich betreut und regelmäßig durchgecheckt. Die regelmäßige Kontrolle der Lungenfunktion ist ganz wichtig, um auch kleinste Veränderungen wahrzunehmen. Da bin ich auch sehr genau, ich möchte nicht das Risiko eingehen, noch einmal etwas zu verschleppen, das hat meine Lunge schon einmal geschädigt.
Ja, aber das ist ein Trugschluss. Es ist einfach immer noch fest in den Köpfen vieler Betroffener, dass Sport und Asthma nicht zusammenpassen. Das Gegenteil ist aber der Fall: Asthma und Sport gehören zusammen. Um Leistungsfähigkeit und Ausdauer zu steigern, sind Bewegung und ein gutes Körpergefühl ganz wichtig. Ich rede jetzt nicht von Höchstleistungen, sondern von Sport in Maßen. Ausdauer ist für Lunge und Atmung ganz wichtig.
Sie sollten sich erst mal an eine Sportart rantasten, die ihnen Spaß macht und ihnen gut tut, das kann z.B. Walking sein. Man kann mit einem Intervalltraining anfangen und das immer weiter in Richtung Ausdauertraining ausbauen. Dabei nicht direkt übertreiben, sondern erst mal die eigenen Grenzen austesten. Es braucht keiner Angst vor Bewegung oder Belastung zu haben, im Gegenteil: Man kann den Sport nutzen, um spielerisch zu lernen, mit dem Asthma umzugehen. Richtige Atmung kann man im Sport schön üben und lernen, aktiv die Atmung zu unterstützen. So gelingt es auch leichter, die Angst vor Asthmaanfällen abzustellen.
Ich achte immer darauf, ausreichend zu trinken und ich spüle häufig den Mund aus. Regelmäßig Gymnastik und Massage sind auch ratsam, um die ganze Muskulatur des Atmungsapparates fit zu halten. Die Rückenmuskeln sollten schön locker und nicht blockiert sein. Dann fällt nämlich auch das Atmen leichter.
Olympia 2006, und bis dahin natürlich noch viele Siege. Ich versuche jeden Tag optimal zu nutzen. Mein Motto ist “Nie aufgeben”, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Da kann mich auch mein Asthma nicht bremsen!
Frau Friesinger, wir danken Ihnen für das Gespräch!